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Politik

Schulz hat Merkel noch lange nicht besiegt

26. März 2017

Martin Schulz hat die SPD in totale Euphorie versetzt. Wasser in Wein verwandeln kann er trotzdem nicht. Die Landtagswahl an der Saar holt die Sozialdemokraten in die Realität zurück, meint Sabine Kinkartz.

Bild: picture alliance/dpa/O. Hoslet

So schnell kann Ernüchterung einsetzen. Seit Wochen war die SPD trunken vor Glück. Der Bundesparteitag in Berlin am vergangenen Sonntag: Eine einzige Party. Euphorische Delegierte hoben ihren neuen Parteivorsitzenden mit 100 Prozent der Stimmen ins Amt. Nichts schien die Sozialdemokraten mehr aufhalten zu können. Vom "Schulz-Zug" war die Rede, der im Superwahljahr 2017 vom Saarland über Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ungebremst ins Kanzleramt fahren würde. Im Führerhaus: Die Lichtgestalt, der Heilsbringer Martin Schulz.

Die erste der drei Landtagswahlen hat dem Höhenflug erst einmal ein Ende gesetzt. Auf den ersten Blick muss das Ergebnis für die SPD ein Schock sein. In den Umfragen sah sie sich im Saarland auf Augenhöhe mit ihrem Koalitionspartner CDU. Tatsächlich aber trennen die Sozialdemokraten mehr als zehn Prozent von den Christdemokraten. Die haben es geschafft, mit ihrer populären Spitzenkandidatin, der Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, sogar noch Stimmen hinzu zu gewinnen. Willkommen in der Wirklichkeit, SPD!

Enttäuschung im Willy-Brandt-Haus

Das ist das Fatale an unkontrollierten Höhenflügen. Der Absturz ist schmerzhaft. Dabei hat sich die SPD, objektiv betrachtet, doch ganz wacker geschlagen. Im Januar lag sie mit rund 24 Prozent der Stimmen noch weit abgeschlagen in der Wählergunst zurück. Gemessen daran ist das Ergebnis der Landtagswahl ein Erfolg. Doch das kann die Genossen nicht trösten. In der Berliner SPD-Zentrale war die Enttäuschung am Abend mit den Händen zu greifen. Fassungslosigkeit spiegelte sich auf den Gesichtern derer, die da im Schatten der großen Willy-Brandt-Statue einem Sieg, oder zumindest einem Kopf-an-Kopf-Rennen  entgegen gefiebert hatten.

Sabine Kinkartz, DW-Korrespondentin im Hauptstadtstudio

Ganz anders die Stimmung in der Berliner CDU-Zentrale. Im Konrad-Adenauer-Haus brach sich zeitgleich große Erleichterung Bahn. Und Freude darüber, an der Saar weiterhin die Ministerpräsidentin stellen zu dürfen. Die Christdemokraten können jetzt erst einmal durchatmen. Wäre der SPD im Saarland ein Regierungswechsel geglückt, hätte das im Superwahljahr 2017 nicht nur den Siegeszug der Genossen weiter befeuert, sondern die CDU weiter in die Krise gestürzt.

Die CDU atmet auf

Angela Merkel ist angezählt. Mit ihrer ursprünglichen Flüchtlingspolitik hat sie sich angreifbar gemacht. Den Makel wird sie nicht los, was auch immer sie versucht. Der vermeintliche Siegeszug von Martin Schulz ließ es in der CDU in den vergangenen Wochen noch stärker rumoren. Warum blieb Merkel passiv, schaltete nicht in den Wahlkampfmodus und auf Angriff um?  Der unerwartet deutliche Sieg an der Saar verschafft Merkel nicht nur Luft, sondern dürfte sie auch in ihrem Kurs bestätigen.

Die CDU wird zudem auf allen Ebenen motiviert. Wähler lassen sich durchaus mobilisieren. Das dürfte den Wahlkampf in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen beleben. Allerdings sitzen in Kiel und Düsseldorf mit Torsten Albig und Hannelore Kraft zwei Sozialdemokraten im Regierungssessel, die in ihren Bundesländern mindestens genauso beliebt sind, wie ihre CDU-Kollegin im Saarland.

Für die SPD ist die Party vorbei

Amtsinhaber haben in Deutschland grundsätzlich einen großen Bonus. Die Bürger wählen sie nur ab, wenn sich eine sehr viel besser scheinende Alternative bietet. Dabei ist eine starke Persönlichkeit zwar hilfreich, am Ende zählen aber durchaus auch Inhalte. Das Gesamt-Paket muss stimmen.

Durchatmen sollte nach der Wahl im Saarland auch die SPD. Das würde ihr sicher helfen, zur Besinnung zu kommen. Euphorie ist eine tolle Sache. Sie beflügelt, stachelt zu Höchstleistungen an. Sie kann aber auch den Blick vernebeln. Es wird Zeit, dass die Genossen die rosarote Brille von der Nase nehmen. Die Party ist vorbei, jetzt fängt die Arbeit an.

Rot-Rot-Grün oder große Koalition?

Auf Bundesebene muss ein Programm geformt werden, das deutlich macht, wofür die SPD in Zukunft steht. Was sind ihre politischen Ziele, welche Alternativen bietet sie? Mit wem könnte sie ihre Inhalte umsetzen? Mit den Grünen? Mit der Linkspartei? Oder würde am Ende doch wieder alles auf eine Große Koalition hinauslaufen? Der Wähler will das wissen. Wenn es ein politisches Angebot gibt, das Interesse weckt, wenn es spannend zu werden verspricht, dann gehen auch wieder mehr Bürger zur Wahl. Der Demokratie kann das nur gut tun.

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