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Asien nach dem Atomtest

Matthias von Hein9. Oktober 2006

Nordkorea hat seine Drohung wahr gemacht und einen atomaren Sprengkopf unterirdisch gezündet. Damit bringt Nordkorea das Sicherheitsgefüge in Nordostasien komplett durcheinander, meint Matthias von Hein.

Diesmal blieb es nicht bei der Drohung. Seit Montagmorgen (9.10.2006) weiß die Welt, dass Nordkorea tatsächlich Atomwaffen besitzt. Die internationale Staatengemeinschaft steht vor einem Scherbenhaufen. Der südkoreanische Außenminister Ban Ki Moon wird seine neue Aufgabe als UN-Generalsekretär mit einer schweren Hypothek antreten. Das ohnehin geschwächte Regime zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen steht vor dem völligen Aus.

Kranke Sechser-Gespräche

In besonderer Weise düpiert sind die an den Sechs-Parteien-Gesprächen beteiligten Staaten - allen voran China: China hatte beträchtliches diplomatisches Gewicht in die Waagschale geworfen, wollte sich als verantwortungsvolles Mitglied der Staatengemeinschaft profilieren. Aber alle Warnungen aus Peking haben den kleinen Bruder in Pjöngjang von seinem verhängnisvollen Schritt nicht abhalten können.

Die Sechser-Gespräche krankten von Beginn an am fundamentalen Interessenswiderspruch innerhalb der Teilnehmer. Für die USA und Japan ist ein nuklear bewaffnetes Nordkorea inakzeptabel. Die USA hatten Nordkorea auf der Achse des Bösen verortet und streben einen Regimewechsel an. Für China wie auch für Südkorea aber ist ein nukleares Nordkorea nur das zweitschlimmste Ergebnis. Mehr als alles andere fürchten sie den Zusammenbruch des stalinistischen Terrorstaates - mit Flüchtlingsströmen und unkalkulierbaren Unsicherheiten. Deshalb hat China harte UN-Resolution stets sabotiert und Sanktionen eine Absage erteilt.

Peking sucht die Nähe zu Pjöngjang

Dabei hat China mehr Einfluss auf Nordkorea als jeder andere Staat - auch wenn die Pekinger Führung dies nicht gerne laut sagt. Im Frühjahr 2003 genügte eine Unterbrechung der chinesischen Energiezufuhren an Nordkorea für drei Tage, um Nordkorea an den Verhandlungstisch zurückzuholen. Damals war freilich noch die alte Führung unter Präsident Jiang Zemin im Amt. Ebenso wie dessen Ministerpräsident Zhu Rongji machte der keinen Hehl aus seiner Verachtung für den "geliebten Führer" und dessen von Hungersnöten geschüttelten Militärstaat.

Chinas jetziger Präsident Hu Jintao hingegen sucht die Nähe zu Pjöngjang. Besucher aus dem Nordkorea werden mit höchsten protokollarischen Ehren empfangen. Der Strom an Hilfslieferungen fließt ungehindert und ohne für Pjöngjang lästige Bedingungen. Vielleicht hat Peking Pjöngjangs Ambitionen in der Hoffnung geduldet, auf diese Weise die US-Streitkräfte im pazifischen Raum zu binden.

Nichtweiterverbreitung jetzt oberstes Ziel

Das Ergebnis des nordkoreanischen Nukleartests aber dürfte kaum in Pekings Interesse liegen: ein nukleares Wettrüsten in Nordostasien. In Japan werden die Stimmen lauter, die vom Bau einer eigenen Bombe sprechen. Auch Südkorea verfügt über ausreichend Technologie, um Nuklearwaffen herzustellen. Und trotz aller markigen Worte aus den USA, man werde ein Nordkorea mit Atomwaffen nicht dulden: Es gibt keine militärische Option, Pjöngjang die Atomwaffe aus der Hand zu schlagen.

Man kann nur hoffen, dass in Washingtoner Schubladen Alternativpläne für diesen Fall liegen. Denn auch wenn man vielleicht akzeptieren muss, dass Nordkorea die ultimative Waffe besitzt: Es gibt genug zu tun. Vor allem gilt es zu verhindern, dass sie an andere weitergegeben wird.

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