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Kommentar: Soll er doch gehen

DW Kommentarbild Sarah Wiertz
Sarah Wiertz
18. Dezember 2016

Vom Hoffnungsträger zum Sündenbock: Julian Draxler wird den VfL Wolfsburg im Winter vermutlich vorzeitig verlassen. Ein Spieler mit großem Talent, aber ohne entsprechende Tugenden, meint DW-Redakteurin Sarah Wiertz.

Bild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Diesmal gab es nur vereinzelt Pfiffe. Bei seinem vermutlich letzten Heimspiel für den VfL Wolfsburg stand Julian Draxler wieder in der Startelf, zeigte seit langem erstmals wieder eine engagierte Leistung. Vor 16 Monaten als großer Hoffnungsträger zum VfL gekommen, wird Julian Draxler nun als Sündenbock in der Winterpause den Verein vermutlich verlassen. Wie konnte es so weit kommen?

Rund 35 Millionen hatte der VW-Klub für das junge Talent im Sommer 2015 gezahlt - Vereinsrekord. Er sollte den Platz einnehmen von Kevin de Bruyne, der in Wolfsburg zum Weltklasse-Spielmacher herangereift war. Der Belgier führte trotz seines jungen Alters die Mannschaft und prägte fast jede Partie entscheidend mit.

Unprofessionell und charakterlos

Hohe Erwartungen lasteten also auf seinem Nachfolger, damals mit 21 Jahren nicht nur Nationalspieler, sondern bereits Weltmeister. Draxler wurden ihnen nie gerecht. Nach fünf Toren und fünf Vorlagen in seiner Debütsaison hat der offensive Mittelfeldspieler in dieser Spielzeit gerade mal eine Vorlage vorzuweisen. "Ich habe Schwierigkeiten, auf dem Platz zu performen", kommentierte er seine Leistung.

Schwankende Leistungen, das steht einem jungen Talent durchaus zu. Aber gleichzeitig seinen unbedingten Wechselwillen durch ein Zeitungsinterview zu forcieren, wie Draxler das im Sommer via "Bild"-Zeitung nach der Europameisterschaft machte, ist unprofessionell und spricht nicht für seinen Charakter. 

Verantwortungslos

Wegen des Geldes und um in der Champions League zu spielen, wechselte Draxler im Sommer 2015 zum damaligen Vizemeister und DFB-Pokalsieger. Jetzt, wo die Wölfe, auch aufgrund seiner schlechten Leistungen, nicht mal in der Europa League auflaufen und im Tabellenkeller dümpeln, will er weg. Sich durchbeißen, Verantwortung übernehmen oder sich an Verträge halten? Gehört offensichtlich nicht zu seinen Tugenden.

DW-Redakteurin Sarah Wiertz

Das nehmen ihm die Wölfe-Fans übel und pfiffen ihn bei seiner Einwechslung im Heimspiel gegen Hertha BSC vor zwei Wochen gnadenlos aus. Dann strich ihn der Trainer beim Auswärtsspiel bei Bayern München wegen schlechter Trainingsleistungen aus dem Kader. Mittlerweile hat der Klub seine Haltung geändert, will Draxler nicht mehr um jeden Preis halten. "Wer nicht hier sein will, soll gehen. Es hätte schon im Sommer passieren sollen", sagte Teamkollege Mario Gomez jetzt am Samstag auf die allgemeine Frage zur Situation des Klubs und kann damit nur einen meinen: Draxler.

Dem Verein und sich geschadet

Mit seinem lustlosen Gekicke, seinen egozentrischen Eitelkeiten und den ständigen Andeutungen, Wolfsburg sei für ihn nur eine kurze Durchgangsstation, hat er seinem Verein und letztlich auch sich selbst, sehr geschadet. Anstatt dies mit verstärktem Einsatzwillen wieder gut zu machen, will er so schnell wie möglich zu einem der ganz großen Vereine. Dank seines Status als deutscher Nationalspieler sind Paris St. Germain, der FC Arsenal  und andere Klubs interessiert - allerdings sind sie nur bereit, weniger als die Hälfte der mit der Ausstiegsklausel festgelegten Summe von 75 Millionen Euro zu zahlen.

Soll er doch gehen. Womöglich wird er mit einem dieser Vereine Meisterschaftstitel gewinnen, vielleicht sogar die Champions-League. Er hat ja unzweifelbar Talent. Aber das allein - und das wird Draxler hoffentlich noch lernen - reicht nicht. Einer der Großen - mit Persönlichkeit und Vorbildcharakter - wird er andernfalls nie werden.

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Sarah Wiertz Teamleiterin Sport Online