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Politik

Stürzt die Denkmäler!

Deutschland Berlin | DW Journalistin | Wafaa Albadry
Wafaa Albadry
21. Juni 2020

Die Black Lives Matter-Bewegung hat einen längst überfälligen Prozess angestoßen. Geschichte vergeht nie - aber Statuen für Sklavenhändler und Kolonialherren sind ein Hindernis für Versöhnung, meint Waafa Albadry.

In Bristol landete das Denkmal für Edward Colston, der durch Sklavenhandel reich wurde, im HafenbeckenBild: picture-alliance/empics/B. Birchall

Als ich die Bilder sah, wie Demonstranten die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston in Bristol niederrissen, wusste ich sofort: Das wird nicht das letzte Denkmal sein, dass dieser Welle zum Opfer fällt.

Die Szene erinnerte mich an 2015, als Studenten der Universität Kapstadt in einen ähnlichen Wutausbruch das Denkmal des Imperialisten Cecil Rhodes zerstörten. Seitdem wurden bei Protesten an Südafrikas Universitäten eine ganze Reihe anderer Statuen aus der Kolonialzeit beschmiert oder beschädigt. In Oxford, seiner britischen Heimat, haben jetzt Tausende friedlich für die Entfernung des dortigen Cecil-Rhodes-Denkmals demonstriert.

Vertreter von Werten ihrer Zeit?

Es gibt Menschen, die betrachten es als bildungsfeindlich, irgendein Denkmal zu entfernen. Sie argumentieren, dass diese Personen ja lediglich die Werte ihrer Zeit vertreten hätten.

DW-Redakteurin Wafaa AlbadryBild: S. Overdhal

Aber was ist eigentlich mit den Werten unserer Zeit? Wie stark bestimmt die Vergangenheit unsere Gegenwart? In einer Zeit, in der Schwarze auf der ganzen Welt immer noch leiden, sind diese Statuen - wie auch die nach Rassisten benannten Straßen - mehr als nur Denkmäler: Sie beweisen den Rassisten, dass diejenigen, die Verachtung für andere zeigten, als Stein- oder Bronzefiguren verewigt werden. Schwarze Menschen werden durch sie ständig an die schrecklichen Dinge erinnert, die Rassisten getan haben. Für mich als schwarze Frau ist die Entfernung dieser Symbole des Rassismus zwingend notwendig und hätte schon vor langer Zeit passieren müssen.

Anfang Juni twitterte die amerikanische Archäologin Sarah Parack ihren "heißen Tipp", wie man einen Obelisken zu Fall bringt, und löste damit eine Flut von Kritik aus. Einige warfen ihr vor, die Vernichtung von Geschichte zu fördern. Andere kritisierten, sie lege die gleiche Zerstörungswut an den Tag wie der sogenannte "Islamische Staat".

Doch die Forderung nach dem Abbau dieser Denkmäler des Rassismus ist natürlich nicht das gleiche wie die Zerstörung von Denkmälern durch den IS, der so Angst verbreiten und Menschen terrorisieren wollte. Im Gegenteil - die Demonstranten fordern lediglich, auf die Zurschaustellung von Symbolen der Unterdrückung zu verzichten.

Denn auch der Sturz von Denkmälern aus der Kolonialzeit löscht diese Geschichte nicht aus. Vielmehr ist es ein politischer Protest gegen das feierliche Andenken an eine gemeinsame Geschichte und Gegenwart, während eine Seite noch immer unter den Folgen eben dieser Geschichte leidet.

Geschichte hat immer mindestens zwei Seiten

Diejenigen, die behaupten, das Entfernen von Statuen sei das Auslöschen von Geschichte, übersehen die Tatsache, dass Geschichte stets ein gemeinsames Schicksal ist. Es gibt immer mindestens zwei Seiten - oder sogar noch mehr.

Nehmen Sie die Mohrenstraße an meinem Wohnort Berlin. Eine schwarze Freundin von mir fährt jeden Tag mit der U-Bahn durch die Station "Mohrenstraße". "Mohr" ist das älteste deutsche Wort für Schwarze und hat eine eindeutig negative Konnotation. In der Vergangenheit wurde es gewöhnlich für schwarze Bedienstete verwendet. Meine Freundin sagt, sie fühle sich dadurch beleidigt. Sie fragt: "Warum gibt es diese Namen noch?"

Der U-Bahnhof Mohrenstraße liegt mitten im Stadtzentrum von BerlinBild: Imago/S. Steinach

Der Rassismus ist keineswegs Geschichte. Die Wunde ist weiterhin offen; sie ist nie verheilt. Und sie wird nie verheilen, so lange Parks und Universitäten mit den Statuen von Sklavenhändlern und Kolonialisten geschmückt werden. Erst recht dann, wenn wir längst wissen, in welch schreckliche Dinge diese Personen verwickelt waren.

Rassismus prägt unser Leben

Solange Rassismus unsere Gefühle, unsere Chancen und unser Leben prägt, können solche Figuren niemals Geschichte sein. Ihre Denkmäler zu entfernen, kann jedoch helfen, Rassismus abzubauen. Menschen, die dafür kämpfen, solche Symbole einer rassistischen Vergangenheit zu schützen, verhindern, dass die Zukunft besser wird.

Die sichtbaren Denkmäler für Rassisten, die Epoche der Sklaverei oder der Kolonialzeit sind ein Hindernis für Versöhnung. Denn sie verankern die Vorherrschaft der Weißen im öffentlichen Raum. Ob Denkmäler der Kolonialzeit fallen oder Straßennamen geändert werden müssen, ist nicht allein eine Frage des Geschichtsverständnisses. Beides sind entscheidende Schritte, um anhaltendes Unrecht zu beenden und eine entkolonialisierte Zukunft zu erreichen.

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