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Politik

Stark. Enttäuschend.

12. Februar 2020

Der Papst will eine andere Kirche. Eine Kirche, die sich für Ökologie und die Ärmsten einsetzt. Aber jene Reformen, die man in Europa und Nordamerika erwartet, will Franziskus nicht, meint Christoph Strack.

Bild: AFP/T. Fabi

Ein starker Text. Und eine starke Enttäuschung. Mit seinem Schreiben "Querida Amazonia" (Geliebtes Amazonien) zur Amazonas-Synode räumt Papst Franziskus alle Hoffnungen auf begrenzte Öffnungen angesichts seelsorgerischer Notsituationen ab. So warnt er in Zeiten, in denen männliche Klerikalisierung die Kirche dominiert, vor einer "Klerikalisierung von Frauen", geht auf Distanz zu einer Weihe von Diakoninnen und plädiert für "andere spezifisch weibliche Dienste und Chancen". Und auch die Möglichkeit, für die Amazonasregion in engen Grenzen verheiratete Männer als Priester zuzulassen (was dogmatisch kein Problem wäre), nimmt er nicht auf und appelliert an die Kirche anderer Länder, Priester als Missionare zu schicken.

All das ist nicht nur ernüchternd für viele Frauen, für Befürworterinnen und Befürworter von kirchlichen Reformen in Europa oder den USA. Es lässt auch entsprechende Anregungen der Amazonas-Synode vom Oktober 2019 unerwidert, auf die sich die damals in Rom beteiligten Bischöfe jeweils mit deutlicher Zwei-Drittel-Mehrheit Verständigt hatten.

Die Kirche soll für die Ärmsten kämpfen

Und trotzdem ein starker Text? Ja, in jenen Passagen, in denen Franziskus die "ökologische Krise" im Amazonasraum thematisiert, den "Schrei der Erde" aufgreift und Kirche zur "Option für die Ärmsten" auffordert. Da stellt Franziskus sich und die Kirche an die Seite der indigenen Völker am Amazonas, beklagt Verbrechen und kolonisatorische Interessen, Raubbau an Holz, Gefährdung weiterer natürlicher Ressourcen. Ähnlich deutlich äußerte er sich wiederholt, sprachen auch seine Vorgänger, noch deutlicher die Synode 2019 über die Lage am Amazonas: über Ausbeutung, Versklavung und Menschenrechtsverletzungen. Der Papst nimmt Kirche weltweit in die Pflicht, dagegen aufzustehen.

Christoph Strack ist DW-KirchenexperteBild: DW/B. Geilert

Aber für all jene, die Hoffnung auf begrenzte Veränderung kirchlicher Lehre und Praxis hegten, ist das Papstschreiben enttäuschend. Sicher, hier und da formulieren Theologen jetzt Worte des Trostes, erklären, dass bei Reformfragen Türen nicht zugeschlagen seien, dass Franziskus die "moralische Autorität" des Synoden-Schlussdokuments vom Oktober stärke und wärmstens dessen Lektüre und Umsetzung empfehle.

Alles schön und gut. Aber Bischofssynode und nun auch der Papst behandeln heikle Themen so wie heiße Kartoffeln, die man im Aufschnappen schon wieder hochwirft. Den theologisch seit Jahrzehnten etablierten Begriff "viri probati" für jene älteren verheirateten Männer, die man doch zum Priester weihen könne, nennen beide nicht, sondern reden drumherum. Auch der Begriff "Diakonin" fällt noch nicht einmal. Ganz nach dem Motto: Gehen sie weiter, hier ist doch nichts passiert! Stattdessen erzählt Franziskus bestätigend davon, dass es am Amazonas gemeindliche Gruppen gebe, die - dank engagierter Frauen - "manchmal jahrzehntelang" existiert hätten, ohne dass ein Priester vorbeigekommen sei. Jahrzehnte.

Warum bewegt sich die Kirche nicht?

Franziskus, er gibt sich durchaus beeindruckend als dieser so andere Papst. Von Beginn an mit Erwartungen bedacht, die er wie der nette Pfarrer aus dem Dorf gerne pflegt - verbindlich wie unverbindlich. Jesuitisch klug. Und gemeinhin klingt da dieser Begriff „jesuitisch" im Deutschen nicht nach Lob. Aber dem Papst, der aus der Ferne kam, bleibt auch nach knapp sieben Jahren die Entscheidungsverantwortung oder -zuständigkeit fremd. Der Umarmer, der Ermutiger, der Seelsorger, der Tröster, der weiche Mann - viele Rollen sind ihm näher als die des Verantwortlichen für die Entwicklung der Lehre.

"Die Kirche ist 200 Jahre lang stehen geblieben. Warum bewegt sie sich nicht? Haben wir Angst?", klagte Franziskus vor Weihnachten. Demnächst sind es dann 201 Jahre.

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