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Starker Putin räumt Altlasten weg

Ingo Mannteufel20. Dezember 2013

Putin hat den früheren Yukos-Chef Chodorkowski begnadigt. Die Milde von Russlands Präsident ist aber kein Zeichen von Schwäche. Putin fühlt sich stark wie nie, meint Ingo Mannteufel.

Ingo Mannteufel, Leiter der Russischen Redaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Ingo Mannteufel, Leiter der Russischen Redaktion der Deutschen WelleBild: DW

Einen Tag nach der plötzlichen Ankündigung am Rande seiner vierstündigen Pressekonferenz hat Russlands Präsident Wladimir Putin es wahrgemacht: Er hat den früheren Yukos-Chef Michail Chodorkowski begnadigt. Damit hat Putin neben der Amnestie für die Pussy Riot-Aktivistinnen und die Greenpeace-Besatzung der Arctic Sunrise innerhalb weniger Tage einige zentrale Kritikpunkte an seiner Regierungsführung der letzten Jahre entkräftet.

Insbesondere im Westen waren die Inhaftierung von Michail Chodorkowski, den Pussy Riot-Aktivistinnen und der Greenpeace-Besatzung der Arctic Sunrise heftig kritisiert worden. Sie waren Symbole einer politisch gesteuerten Willkürjustiz in Russland und damit auch große Hindernisse für eine Verbesserung der Zusammenarbeit mit Russland.

Faktor Sotschi

Den Westen wohlmeinend zu stimmen ist sicherlich auch vor dem Hintergrund der bevorstehenden Olympischen Winterspiele in Sotschi im Februar 2014 zu sehen: Präsident Putin möchte das globale Image Russlands steigern und das Land von seiner besten Seite zeigen. Dabei stehen diese seit Jahren von westlichen Politikern gerügten Inhaftierungen politischer Gegner und Kritiker im Weg.

Doch wäre es falsch zu glauben, dass westlicher Druck oder gar Schwäche Putin dazu gezwungen habe, Milde gegenüber Chodorkowski, Pussy Riot oder der Arctic Sunrise-Besatzung zu zeigen. Das Hauptmotiv ist ein anderes: Wladimir Putin sieht sich in diesem Jahr national und international auf dem Höhepunkt seiner Macht und deswegen räumt er aus einer Position der Stärke politische Altlasten weg.

Höhepunkt der Macht

Snowden, Syrien und die Ukraine: Das sind aus Putins Sicht seine großen außenpolitischen Erfolge im Jahr 2013. Und auch innenpolitisch ist seine Macht unbestrittener denn je: Er hat nicht nur weiterhin den Staats- und Machtapparat, die wichtigsten Wirtschaftsakteure und die Medien fest im Griff. Vielmehr hat er mit seiner national-konservativen Gesellschaftsideologie ein politisches Programm gefunden, das bei einer deutlichen Mehrheit in der russischen Gesellschaft auf Zustimmung trifft. Sie sichert ihm auch in ideeller Hinsicht eine stabile Basis für seine Macht, selbst wenn die sozialen Wohltaten des Staates im Zuge einer wirtschaftlichen Stagnation in Russland knapper werden sollten.

Mehr noch: Die Positionierung Russlands als Hort konservativer und traditioneller Werte wirkt sogar international als russische Softpower. Denn nachdem der Westen jahrelang Russland und Putin an europäische Werte erinnert hat, hat Putin mit seiner erzkonservativen Auslegung traditionell christlicher Werte den Spieß umgedreht. Danach habe der Westen zum Beispiel mit seiner Liberalität und Toleranz für sexuelle Minderheiten christlich-europäische Werte verraten. Putin ist es damit erstmals seit dem Ende der kommunistischen Sowjetunion gelungen, eine spezifisch russische politische Ideologie zu entwickeln, die nach innen und gleichermaßen nach außen wirkt.

Vor diesem Hintergrund entfernt Putin mit der Amnestie und Begnadigung früherer politischer Gegner und Akteure nicht mehr benötigte Relikte der Vergangenheit. Die Betroffenen wären ohnehin bald freigekommen: Chodorkowski beispielweise im August 2014. Pussy-Riot-Aktivistin Tolokonnikova sogar schon im März 2014. Wenn dies nun dank Amnestie und Begnadigung einige Monate früher passiert, will Putin als Milde zeigender Präsident weitere Pluspunkte in diesem für ihn so erfolgreichen Jahr 2013 verbuchen. Ein Politikwechsel in Richtung mehr Rechtsstaat sind diese Entscheidungen aber nicht.

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