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Traue niemandem - wirklich niemandem!

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Tobias Oelmaier
3. April 2016

Die Doping-Enthüllungen eines ARD-Teams über die Machenschaften eines Londoner Arztes machen jeglichen Anti-Doping-Kampf unglaubwürdig, kommentiert DW-Sportredakteur Tobias Oelmaier.

Bild: picture-alliance/dpa/F.Gentsch

Jetzt auch noch England. Sportnation. Mutterland des Fußballs. Wiege des Amateurismus. Lässt sich ein Profi in der Premier League fallen, wird er ausgebuht. Sie wollen ehrlichen Sport. Und jetzt diese Enthüllungen des Teams um ARD-Reporter Hajo Seppelt. Ein Londoner Arzt, der freimütig gegenüber einem Lockvogel gesteht, 150 Stars gedopt zu haben. Fußballer, Radsportler, Boxer, Tennisstars. Athleten aus der ersten Reihe.

Aus Russland oder China ist man diese Meldungen ja gewöhnt. Auch aus Kenia. Da erwartet man nichts anderes. Aber aus England? Waren es nicht die Funktionäre von der Insel, die sich in der FIFA-Krise mutig gegen das Blatter-Regime positioniert hatten? Ist nicht gerade die nationale Anti-Doping-Agentur Großbritanniens von der Weltagentur damit beauftragt worden, die Tests in Russland zu überwachen?

Und jetzt steht diese UKAD selbst am Pranger. Denn angeblich wurde sie bereits vor einiger Zeit vom Informanten der Journalisten, einem überführten und offenbar geläuterten Doper, über die Machenschaften des dubiosen Gynäkologen Mark Bonar informiert - untermauert durch Beweise. Doch passiert ist nichts. Die lapidare Antwort Anfang 2015: Es gebe keine Grundlagen für Ermittlungen gegen den Arzt.

Bei diesem Licht betrachtet, legt sich auch ein Schatten auf den Medaillenglanz britischer Sportler bei den Olympischen Spielen von London 2012. Mit 29 Goldmedaillen stürmten die Gastgeber auf Rang drei der Nationenwertung. Wo man doch 2000 und 2004 nur auf Platz zehn rumgedümpelt war. Erst nach dem Zuschlag für London ging es bergauf. Erklärt wurde das mit dem Heimvorteil. Und damit, dass man schließlich viel in die Spiele und in den Leistungsaufbau der Sportler investiert habe. In was eigentlich? In Sportstätten? In Trainer? In Sportmaterial? In die Ausbildung der Athleten? Oder auch in pharmazeutische Unterstützung?

DW-Sportredakteur Tobias Oelmaier

Und jetzt steht Rio vor der Tür. Doch wem soll man jetzt noch glauben? Erst im Dezember hatte Thomas Bach, der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, wieder "Null Toleranz" im Bezug auf Doper angekündigt. Dafür benötige der Sport die Unterstützung der Regierungen, die auf die nationalen Anti-Doping-Agenturen einwirken und ihre Möglichkeiten ausschöpfen müssten. Wie soll das funktionieren? Wo soll das funktionieren? Wenn nicht in einem Land wie England.

Bach sagte kürzlich auch, der olympische Sport sei der einzige Bereich des menschlichen Lebens, in dem das gleiche Recht für alle auf der gesamten Welt gilt. Die ARD-Enthüllungen aus London machen mit voller Härte deutlich: Es hält sich nur keiner daran. Und die Täter werden auch noch gedeckt - von denen, die sie eigentlich überführen sollen.

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