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Politik

Trostpflaster für Poroschenko

10. April 2018

Der ukrainische Präsident sieht die geplante deutsch-russische Ostsee-Pipeline als Bedrohung für sein Land. Bei seinem Berlin-Besuch kam ihm die Bundeskanzlerin entgegen - aber nur rhetorisch, meint Christian F. Trippe.

Bild: Imago/Christian Thiel

Der ukrainische Präsident gilt in Berliner Regierungskreisen als schwieriger Gast - und das nicht nur wegen des Streits um das Pipeline-Projekt "Nord Stream 2". Dabei hat auch Poroschenko durchaus Gründe, an seinen europäischen Partnern leise zu zweifeln. Deutschland hat sich monatelang mit der Bildung einer Regierung gequält, viele Themen blieben in dieser Zeit liegen, auch die Ukraine. Bundeskanzlerin Angela Merkel verfügt zwar immer noch über den Nimbus einer ebenso erfahrenen wie prinzipienfesten Staatenlenkerin, aber ihr schleichender Machtverfall daheim wird bei Freund und Feind sehr wohl registriert.

In Frankreich regiert mit Emmanuel Macron ein Präsident, der klare politische Linien gegenüber Russland zieht, der aber nicht zu erkennen gibt, ob ihm die Lösung des Konfliktes in der Ukraine wirklich am Herzen liegt. Und: Deutschland und Frankreich sind die beiden Staaten, die in der EU hinter der  umstrittenen Pipeline stehen. "Nord Stream 2" würde die Ukraine als Transitland überflüssig machen und es damit finanziell wie geopolitisch schwächen. 

Verzweifeln an der Ukraine

Im politischen Berlin wiederum verzweifeln viele an der Ukraine. Die Reformen scheinen stecken geblieben, auf halber Reformstrecke dümpelt das Gemeinwesen vor sich hin. Poroschenko, der selber zu den politisch aktiven Superreichen gehört - den sogenannten Oligarchen - zeigt kaum Neigung, das Land aus dem Würgegriff der Klientelwirtschaft zu befreien. Nicht umsonst sprach die Bundeskanzlerin als erstes von den Reformen in der Ukraine, als sie mit dem ukrainischen Präsidenten in Berlin vor die Presse trat. Erst dann kam sie auf den Krieg im Donbass zu sprechen. 

Christian F. Trippe war Korrespondent in KiewBild: DW/B. Geilert

Dort kommt die Idee, UN-Blauhelme in das Kriegsgebiet zu schicken, nicht vom Fleck. Russland will zwar solche Friedensstifter, aber nur entlang der Demarkationslinie und lediglich als Bewachung für die dortigen OSZE-Mitarbeiter. Die Ukraine hingegen fordert, dass die Blauhelme auch das Grenzgebiet im Osten sichern sollen, um den Separatisten ihren Nachschub aus Russland abzuschneiden. Berlin sieht das genauso und steht zumindest hier fest an der Seite Kiews. Im Osten leider nichts Neues. 

Die ukrainischen Wahlen vor vier Jahren hatte Poroschenko gewonnen, weil er versprach, das Blutvergießen im Osten des Landes zu beenden. Das ist ihm nicht gelungen. Schlimmer noch: Auch aus Kiew kommen keinerlei politische Impulse, den Friedensprozess voran zu bringen. Nun deutet alles darauf hin, dass Poroschenko sich im kommenden Wahlkampf als der große Europäer darstellen wird. Er wird seinen Bürgern versprechen, das Land in die westlichen Strukturen zu führen, in das Militärbündnis NATO und in die Europäische Union. Beides ist in absehbarer Zeit und abschätzbaren Zeiträumen ziemlich illusorisch, aber das schert einen Präsidenten nicht, der seine Wiederwahl im März 2019 gefährdet sieht.

Merkels Zugeständnis nur wenig wert

Vor diesen Karren lässt die Bundeskanzlerin sich nicht spannen. Das Zugeständnis, das sie ihrem Gast aus Kiew beim Pipeline-Projekt "Nord Stream 2" gemacht hat, ist bei genauerem Hinsehen auch nicht allzu viel wert. Denn wer hätte jemals bezweifelt, dass der Gastransfer für die Ukraine von strategischer Bedeutung ist? Und dass die Ukraine in irgendeiner Form energiepolitisch kompensiert werden muss, hat sich selbst unter den glühendsten Verfechtern dieses deutsch-russischen Projektes herumgesprochen. Gleichwohl bietet die Zusicherung der Bundeskanzlerin einigen Spielraum zur Auslegung. Petro Poroschenko wird ihn zu nutzen wissen und in die Worte Angela Merkels hineinlegen, was er hören will und im Wahlkampf gebrauchen kann.

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