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Politik

Trump auf Verkaufstour

6. Juli 2017

Vor dem G20-Gipfel in Hamburg hat US-Präsident Donald Trump Warschau besucht. Die Rede, die er dort gehalten hat, wirft jedoch neue Fragen auf, meint Rosalia Romaniec. Was meint er wirklich ernst?

Bild: Reuters/C. Barria

Bevor Donald Trump in Hamburg auf die Staaten trifft, die der frühere US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld 2003 "das alte Europa" nannte, hat er Station in Warschau gemacht. Man könnte diese Visite auch als Seitenhieb deuten, den Trump der Hamburger Runde vorab verpasste: Poland first!

"Amerika liebt Polen!" rief er in Warschau den Massen zu und lobte die Gastgeber als vorbildliche Kämpfernation mit den gleichen Werten wie die USA: Freiheit, Familie und Gott. Trump trat auf vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Aufstandes, die 1944 märtyrerhaft gegen die deutsche Besatzung kämpften - ein symbolischer Ort, an dem ihm die Menschenmassen wie Chöre zujubelten.

Doch hinter Trumps Worten steckt mehr: Denn auffällig häufig betonte er das Heldenhafte der polnischen Nation und stellte es in den Kontext der Weltlage heute. Trump thematisierte die Bedrohung durch den islamistischen Terror, ebenso wie die Gefahr Nordkorea und unterstrich im Gegenzug die Wertegemeinschaft mit den Gastgebern. Das klang an einigen Stellen fast schon so, als zähle er im Falle eines neuen Konflikts fest auf polnische Helden.

Bündnistreue ja, mehr Truppen nein

Trump kam gut an in Warschau. Zumal er sich endlich klar zur Beistandspflicht im Rahmen der NATO bekannte. Zwar wählte er nicht so deutliche Worte, wie sein Vorgänger Obama bei seinem Besuch in der polnischen Hauptstadt vor drei Jahren. Doch entscheidend ist die Aussage, dass die USA fest zu Artikel 5 des NATO-Vertrages stünden. Beim anschließenden Trump-typischen Hinweis auf die zu geringen Verteidigungsausgaben der meisten Europäer muss sich Polen nicht angesprochen fühlen - es steckt genug Geld in sein Militär.

Rosalia Romaniec leitet die Redaktionen für OstmitteleuropaBild: DW

Worauf man in Warschau jedoch vergeblich wartete, war die Aussicht auf noch mehr amerikanische NATO-Verbände, welche die Ost-Grenze Polens schützen sollen. Zu den bereits fest zugesagten 5000 Soldaten, sah man in manch polnischen Träumen noch deutlich mehr US-Truppen vom Rhein an die Weichsel ziehen. Trumps Aussage musste sie daher enttäuschen. Doch der US-Präsident machte nach dem Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Duda klar: Darüber haben wir nicht gesprochen!

Stattdessen sprach man über Geschäfte. Polen verkündete schon am frühen Morgen, dass es Patriot-Raketen kaufen wolle und eventuell noch mehr Flüssiggas aus den USA. Trump seinerseits verkaufte diese Deals als "mehr Sicherheit und Freiheit für ein Land, das nie wieder die Geisel eines Energielieferanten" sein solle.

Öl ins Feuer?

Damit schickte Trump auch eine Botschaft an Moskau: Dort sieht man die Gaslieferungen aus den USA nach Osteuropa, ebenso wie das Patriot-Raketen-System in polnischen Händen als klare Provokation. Und als wäre das nicht schon genug, kündigte Trump ausgerechnet in Polen noch Schritte gegen das "destabilisierende Verhalten" Russlands an. Damit hat Trump nicht nur klare geopolitische Kante gezeigt, sondern nicht zuletzt auch ein Zeichen in seine Heimat gesandt - dort, wo man ihm immer noch zu enge Verbindungen mit Russland vorwirft.

Dass genau dieses Thema für Trump wichtig war, spürte man bei seinem Auftritt vor der Presse: Es grenzte fast an Unhöflichkeit, wie viel Zeit und sichtbare Aufregung er für seine Anfeindungen in Richtung CNN und andere US-Medien aufbrachte, während er den polnischen Medien eher knappe Antworten auf wichtige Fragen gab.

Die gemeinsame Pressekonferenz förderte aber noch etwas zu Tage: das beunruhigende Demokratie-Verständnis dieser beiden Präsidenten vor allem beim Thema Pressefreiheit. Trump und Duda übten beide heftige Medienschelte - jeder gegenüber den regierungskritischen Medien seines eigenen Landes. Staatsmännern mit Format wäre ein solcher Auftritt peinlich. Doch diesen Präsidenten mit ihrem ohnehin schon angeschlagenen Ruf  macht es offenbar nichts aus, wenn sie einen Grundwert der demokratischen Verfassung mit einem Lächeln im Gesicht in Frage stellen.

Trump geht gestärkt nach Hamburg

Für Trump ging das Kalkül dieser Reise auf - seine Reise in den Osten Europas war aus seiner Perspektive ein Erfolg: Selbstzufrieden, bejubelt und mit neuen Handelsverträgen in der Tasche flog er weiter nach Hamburg. Auch die polnische Führung kann trotz der Einschränkungen eine gute Bilanz ziehen, denn sie hat Anerkennung von der NATO-Vormacht USA erhalten und konnte so einen eigenen Akzent als wichtiges Land in Europa setzen. Auch dass es Warschau gelang, Trump zum Gipfeltreffen der "Drei-Meere-Initiative" (Ostsee, Schwarzes Meer und Adria) mit zehn Staats- und Regierungschefs aus Ost- und Südosteuropa zu locken, stärkt Polens Führungsrolle unter den östlichen EU-Mitgliedern.

Doch was bleibt konkret? Spätestens morgen wird allen klar, dass Donald Trump nicht nur als guter Onkel mit einem Sack voller Geschenke in Warschau war - sondern als harter Geschäftsmann. Er lobte zwar und sprach viel von Zusammenarbeit und Perspektiven. Doch wirklich konkret wurde er nur, wenn es um Bares ging - beim amerikanischen Flüssiggas und den Rüstungsgütern. Ein Tweet aus Polen brachte auf den Punkt, wie man Trumps zentrale Botschaft auch verstehen kann: "Amerika liebt Polen! Ihr seid wunderbar und toll! Aber kauft unser Gas und Waffen. Die sind super!"

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