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Politik

Trump oder Clinton - eine Wahl ohne Sieger

Ines Pohl Kommentarbild App
Ines Pohl
6. November 2016

Die USA haben sich in den vergangenen Monaten eine Wahlschlacht geliefert, bei der es am Ende nur Verlierer geben wird. Die Verantwortung dafür trägt das politische Establishment, nicht Donald Trump, meint Ines Pohl.

Bild: Reuters/R. Wilking

Die Welt zittert dem kommenden Dienstag entgegen. Denn dann wählen die Vereinigten Staaten ihren neuen Präsidenten. Und bis zum Schluss kann es sein, dass tatsächlich Donald Trump samt Frau Melania und anderen Mitgliedern seines Familienunternehmens ins Weiße Haus einzieht. Allein die schiere Möglichkeit ist verstörend. Wie konnte das passieren? Was ist los mit den Amis, dass sie womöglich einen Mann ohne jede politische Erfahrung in das immer noch weltweit mächtigste politische Amt wählen?

Obama hinterlässt riesige Aufgaben

Dabei sind die Aufgaben, die Präsident Obama seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger hinterlässt, riesig. Innenpolitisch wie außenpolitisch: Die Gesundheitsreform ist nicht vollendet, Bildungswesen und Infrastruktur sind in weiten Teilen des Landes in einem desaströsen Zustand. Syrien ist nur ein Beispiel, wie gefährlich ein Machtvakuum ist, das entsteht, wenn der Weltpolizist USA sich zurückzieht und niemand - außer Russland - bereit ist, die Leerstelle zu füllen. Und die USA auch von Europa nicht die militärische Unterstützung bekommen, auf die Obama seine neue Strategie der Zurückhaltung gebaut hatte.

Nun ist es immer noch wahrscheinlicher, dass Hillary Clinton am Ende gewinnt. Ihr Vorsprung mag schmelzen, aber es gibt ihn noch und dank des merkwürdigen Wahlsystems hat sie einen wichtigen Vorteil durch die sicheren Stimmen ihrer Wahlmänner.

Und doch steht unabhängig vom Ergebnis schon jetzt fest, dass es am Ende dieses unwürdigen Spektakels nur Verlierer geben wird. In den vergangenen Monaten haben sich die USA zu einem Land entwickelt, das von Verschwörungstheoretikern und Demagogen geprägt wird. Das hat viel mit Donald Trump zu tun. Diesem Mann, der vom politischen Geschäft überhaupt keine Ahnung hat. Aber die rhetorischen Fähigkeiten besitzt, Sorgen in Hass, Verlustängste in Fremdenfeindlichkeit und Unsicherheit in Allmachtsphantasien zu wandeln. Und dabei stets sich selbst als den einzigen möglichen Retter in Szene zu setzen. Das ist das klassische Erfolgsrezept des Demagogen.

Als Geschäftsmann nur am eigenen Profit interessiert

Entsprechend fokussieren weltweit viele Menschen ihre Frustration und Verzweiflung über den Zustand der Vereinigten Staaten auf Donald Trump, sehen in ihm den Schuldigen, dass dieses Land auf dem besten Weg ist, unregierbar zu werden.

Das aber ist nicht richtig. Zumindest nicht in einem politischen Sinne. Denn Trump ist bisher kein Politiker, der sich qua Definition für das Allgemeinwohl einzusetzen hat. Und sich schuldig macht, wenn er das nicht tut. Trump ist ein Geschäftsmann. Entsprechend hat er nur Interesse am eigenen Profit. So hat er seine Immobiliengeschäfte gemacht. Sich die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner ergattert. Und mit dieser Haltung zieht er am Ende vielleicht sogar ins Weiße Haus ein.

Ines Pohl ist DW-Korrespondentin in Washington

Brutales Zwei-Klassen-System

Sind also die Amerikanerinnen und Amerikaner selbst schuld, weil sie zu leicht verführbar sind, zu blöde, um Donald Trumps eigentlichen Interessen zu durchschauen? Auch das ist falsch. Wer in den vergangenen Monaten versucht hat, mit offenen Ohren durch die Staaten zu reisen, konnte vielen Trump-Unterstützern zuhören, die gute Gründe für ihre Wahl haben. Wer die berauschenden Metropolen verlässt, erlebt viel Elend in diesem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Trifft auf Menschen, die in heruntergekommenen Armutsvierteln leben. Alte und Kranke, die um ihr tägliches Auskommen bangen. Kinder, die von Geburt an kaum eine Chance haben in diesem brutalen Zwei-Klassen-System.

Und damit nicht genug. Die Veröffentlichungen der gehackten E-Mail-Konten der vergangenen Wochen belegen ja genau das, womit Donald Trump seit Monaten so erfolgreich für sich, den Außenseiter, geworben hat. Sie zeigen, wie korrupt die demokratische Partei ist, wie eng verwoben mit den Clintons, die es mit all ihrer Macht geschafft haben, einen Kandidaten zu verhindern, der für eine wirkliche demokratischen Erneuerung gestanden hätte.

Entkoppelung von der Basis

In diesem Schicksalsjahr rächt sich die arrogante Selbstbezogenheit des politischen Establishments. Die Republikaner haben sich in ihrer Blockadepolitik so gefallen, dass es ihnen schlicht egal war, ob dringende Entscheidungen getroffen werden konnten oder nicht. In ihrer Entkoppelung von der Basis haben sie Donald Trump viel zu lange nicht ernst genommen und mussten schließlich einen Kandidaten nominieren, der die Partei möglicherweise spaltet. Denn auch wenn Donald Trump am Ende verlieren mag, seine Millionen Anhänger werden nicht mehr verschwinden. Sie werden jeden Versuch torpedieren, mit einer Clinton-Regierung politisch sinnvolle Kompromisse zu schließen - außerhalb der Partei, aber auch innerhalb der politischen Gremien. Und es ist keine republikanische Führungsfigur in Sicht, die stark genug ist, die Enttäuschung und Wut zu kanalisieren. Es ist eine völlig offene Frage, wie die Republikaner politisch handlungsfähig bleiben wollen.

Entsprechend wird Hillary Clinton bei einem Sieg trotz allem politischen Talent und all ihrer Erfahrung kaum Gestaltungsmöglichkeiten haben. Auch, weil sie, anders als lange gehofft, in beiden Parlamentsammern nicht die Mehrheiten gewinnen wird, um wirklich regieren zu können. All das ist ein Desaster. Für die Menschen hier in den USA. Aber auch für den Rest der Welt, die ein Amerika braucht, das funktioniert.

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