1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Trump taucht (ein bisschen) ab

Soric Miodrag Kommentarbild App
Miodrag Soric
7. März 2017

Bei der Unterzeichnung seines neuen Einreisedekrets scheute der US-Präsident diesmal das Licht der Öffentlichkeit. Führung sieht anders aus, meint Miodrag Soric.

Bild: picture-alliance/CNP/A. Harrer

US-Präsident Trump würde kaum zugeben, dass er beim ersten Anlauf einen Fehler gemacht habe. Jetzt, beim zweiten Versuch, schickt er seine Minister vor die Presse. Sie - und nicht der Präsident - verkünden die neuen Einreisebeschränkungen für Flüchtlinge in die USA. Journalisten dürfen den Ministern keine Fragen stellen. Bloß kein Risiko eingehen! Vom Präsidenten bekommt die US-Öffentlichkeit nur ein Foto, wie er den Erlass unterschreibt. Trump taucht ab.

Und das bei dem Thema, das ihm so sehr am Herzen liegt, wie er bei seinen Wahlkampfauftritten im vergangenen Jahr immer wieder sagte. Und wofür ihn viele Amerikaner gewählt haben: die Außengrenzen zu sichern, weniger Flüchtlinge ins Land zu lassen.

Ungewöhnliche Scheu

Die neue, für Trump ungewöhnliche Scheu vor Kameras und Mikrofonen hat ihren Grund: Am Wochenende sorgte er mit harschen Beschuldigungen gegen seinen Vorgänger für einen Schwall von Schlagzeilen. Angeblich habe Barack Obama veranlasst, Trumps Wahlkampfzentrale abzuhören. Hinweise oder Beweise für seine Behauptungen blieb Trump schuldig. Die von ihm so verhasste Presse hält es für einen durchsichtigen Versuch, von anderen Problemen seiner Administration abzulenken. Ganz von der Hand zu weisen ist diese Vermutung nicht. Der Beginn seiner Präsidentschaft ist eine Aneinanderreihung von Skandalen und Skandälchen. Kein einziges Gesetz hat er trotz republikanischer Mehrheit durch den Kongress gebracht.

DW-Korrespondent in Washington: Miodrag Soric

Gut möglich, dass nach den jüngsten Eklats Trumps Berater ihrem Präsidenten eine gewisse Abstinenz bei Twitter oder TV-Auftritten verordnet haben. Lange wird sie ohnehin nicht halten.

Bei der neuen Version von Trumps Einreisedekret haben die US-Behörden mehr Zeit sich darauf einzustellen. Beim letzten Mal verursachte der Präsident ein Chaos an Grenzkontrollen an den Flughäfen. Weiterhin werden sich US-Gerichte mit der Rechtmäßigkeit des Einreisestopps beschäftigen. Wie immer sie urteilen mögen: Diese Administration wird an ihrer restriktiven Einreisepolitik festhalten.

Fast etwas Symbolisches

Washington kehrt dem Rest der Welt den Rücken zu. Ausgerechnet jenes Land, das mit seinen völkerrechtwidrigen Interventionen mit verantwortlich ist für die Flüchtlingskrise, schottet sich ab. Trump versteckt sich hinter den Mauern des Weißen Hauses. Das hat fast etwas Symbolisches. Führung sieht anders aus.

Ob Bundeskanzlerin Merkel, die in gut einer Woche in Washington sein wird, die Flüchtlingskrise ansprechen wird? Wenn überhaupt, dann eher vorsichtig. Sie ahnt: Donald Trump wird seine isolationistische Politik kaum ändern. America first - Amerika zuerst, lautet dessen Credo. Die Kanzlerin hat dies - wie die anderen Europäer auch -  zu respektieren. Doch kann die EU daraus auch lernen. Wenn die USA so eisern ihre Interessen vertreten, sollten es die Europäer erst Recht tun.

Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen