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Politik

Trumps verbrannte Erde und die Folgen für Berlin

Soric Miodrag Kommentarbild App
Miodrag Soric
17. Oktober 2016

Je näher der amerikanische Wahltermin rückt, desto schriller werden die Töne, vor allem die von Donald Trump. Deutschland sollte sich bereits auf die absehbare Wahlsiegerin einstellen, meint Miodrag Soric.

Bild: Reuters/D. Becker

Hillary Clinton liegt in allen Umfragen vorn, auch in den umkämpften Bundesstaaten. Schon jetzt legt sich der republikanische Kandidat eine Erklärung für sein schlechtes Abschneiden zurecht: Er spricht von einer "Verschwörung" des Establishments - Demokraten und Republikaner gleichermaßen -, der Banken und Hollywood. Das ist natürlich Unfug. Leider glauben es dennoch viele Trump-Anhänger. Sie blickten mit Geringschätzung auf Washington. In Zukunft könnte es sogar Verachtung sein.

Der Kampf ums Weiße Haus im Wahljahr 2016 hinterlässt einen politischen Scherbenhaufen - soviel ist jetzt schon sicher. Trump hat die Fäkalsprache salonfähig gemacht. Für ihn sind politische Gegner Feinde. Vorbei die Zeiten, in denen die Kandidaten zwar über den richtigen Kurs stritten, sich aber in der Öffentlichkeit mit Respekt behandelten. Trump hinterlässt verbrannte Erde; nicht versehentlich, sondern gewollt.

Das Regieren wird schwierig 

Wenn Hillary Clinton ins Weiße Haus einzieht, wird ihr ein Teil der Bevölkerung weiterhin misstrauen. Das schwächt ihre künftige Stellung als Regierungschefin. Wie will sie die gespaltene Gesellschaft wieder miteinander versöhnen? Wie die Blockade im Kongress überwinden, Kompromisse herbeiführen bei politischen Entscheidungen? Das alles scheint - zumindest aus heutiger Sicht - schwierig.

Miodrag Soric leitet das DW-Studio in Washington

All das lässt Ungutes ahnen für die Zukunft. Um in der Außen- und Sicherheitspolitik gestalten zu können, muss der amerikanische Präsident in der Heimat über Rückhalt verfügen. Falls nicht, ist er auf starke Partner im Ausland angewiesen.

Bislang war in Europa Großbritannien die erste Wahl. Doch nach dem Brexit und der Drohung der Schotten, das Vereinigte Königreich zu verlassen, hat London an außenpolitischem Gewicht verloren. Ähnliches gilt für Frankreich, dessen Wirtschaft seit Jahren schwach ist. Eine Präsidentin Clinton dürfte kaum auf Populisten wie Viktor Orbán oder Jaroslaw Kaczynski zugehen - zu sehr erinnern diese an Donald Trump.

Neue Achse Berlin-Washington möglich

Bleibt also allein Bundeskanzlerin Merkel, mit der die US-Presse Hillary Clinton ständig vergleicht. So unterschiedlich beide Frauen sind - sie haben vieles gemein: Sie setzen sich durch in einer von Männern dominierten Politikwelt, sind pragmatisch, überzeugte Transatlantikerinnen, protestantisch-fleißig, detailversessen. Beide wissen, was sie aneinander haben. Merkel und Clinton kennen sich schon lange.

1989 und 1990 hat US-Präsident George Bush senior dem damaligen Kanzler Helmut Kohl mehrfach eine Partnerschaft in der Führung des Westens angeboten ("partners in leadership"). Der Alt-Kanzler verwarf dieses Angebot: Er wollte kein Misstrauen wecken bei den europäischen Nachbarn. Inzwischen ist über ein Vierteljahrhundert vergangen. Deutschland wird sich seiner Verantwortung in außen- und sicherheitspolitischen Fragen auf Dauer kaum verweigern können - die neue Präsidentin Clinton wird zügig auf Berlin zugehen.

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