Die gute Nachricht aus Rom: Die Regierungskrise, die Zeitungen in Italien "die verrückteste aller Zeiten" genannt haben, ist kurz davor, beendet zu werden. Sozialdemokraten und die populistischen Fünf Sterne haben sich zusammengerauft, um Neuwahlen und damit die mögliche Machtübernahme durch den rechtsradikalen Lega-Chef Matteo Salvini zu verhindern. Mit dem Scheitern der bisherigen Populisten-Koalition in Italien ist der Beweis erbracht, dass solche nur auf Stammtisch-Parolen und absurden Versprechen fußenden Bündnisse nicht regieren können. Die populistische Strömung in Europa hat einen schweren Schlag bekommen. In Ungarn und Polen regieren rechte Populisten allerdings noch. In Griechenland hat sich eine linkspopulistische Partei vier Jahre an der Macht gehalten, wurde erst vor kurzem abgewählt. In Österreich ist die rechte Regierung an der Unverfrorenheit der Populisten gescheitert.
Bewegung entzaubert
Die populistische Bewegung der Fünf Sterne, die als "Anti-Partei" der Wutbürger angetreten war, hat sich nach nicht einmal eineinhalb Jahren an der Macht ins Establishment eingereiht. Die Koalition mit den Sozialdemokraten holt die Fünf Sterne auf den Boden der Tatsachen einer parlamentarischen Demokratie. Fünf-Sterne-Vorsitzender Luigi Di Maio geht diese Koalition nicht aus Überzeugung ein, sondern um die eigene Haut und das Überleben seiner chaotischen Truppe zu sichern. Di Maio hätte sich bei Neuwahlen nach den Regeln seiner Partei nicht mehr um ein Mandat bewerben können. Bei einem Urnengang würden die Sterne auf den dritten Platz in der Wählergunst zurückfallen. Im Moment sind sie im Parlament noch die stärkste Kraft. Im Pokern um die Macht und beim Schachern um die Posten ist Luigi Di Maio auch nicht mehr anders oder besser als die anderen Parteichefs. Willkommen im Klub. Gespannt darf man sein, ob die Basis der Bewegung diese Wende weg vom Populismus mitmachen wird. Eine Abstimmung im Internet der Sterne ist eine Hürde, die die neue Koalition in den kommenden Tagen noch nehmen muss.
Salvini kann abwarten
Die schlechte Nachricht aus Rom: Matteo Salvini, der mit harter Flüchtlingspolitik und rechten radikalen Sprüchen, die Herzen der meisten Wählerinnen und Wähler laut Umfragen erreicht, ist vorerst geschlagen, aber er ist nicht besiegt. Der rechtsradikale "Capitano" wollte zwar schnell Neuwahlen und hatte nicht damit gerechnet, dass es eine linke Koalition geben würde, aber er hat Zeit. Die meisten politischen Beobachter in Italien gehen davon aus, dass das Zweckbündnis aus Fünf Sternen und Sozialdemokraten, die übrigens in sich auch zerstritten sind, nicht lange halten wird. Vielleicht ein halbes, höchstens ein Jahr. Und dann wären Wahlen wohl unausweichlich. So lange kann Salvini in die totale Opposition gehen und das machen, was er so gut kann: Wahlkampf betreiben. In den Umfragen liegt er nach wie vor vorne.
Atempause für die EU und Seenotretter?
Kurzfristig zumindest kann Europa aufatmen: Mit der neuen Regierung sollte es möglich sein, eine vernünftigere Finanzpolitik mit Italien zu vereinbaren. Die EU kann darauf hinwirken, dass der neue Innenminister italienische Häfen wieder für auf See gerettete Migranten öffnet und einem Verteilmechanismus auf andere EU-Staaten zustimmt. Salvini hatte bisher gemauert, weil er die aufgebauschte "Migrationskrise" als Wahlkampfschlager brauchte, um sich als starker Führer zu gerieren. Die neue Koalition in Rom dürfte insgesamt etwas europafreundlicher werden, allerdings ist der mutmaßlich im Amt verbleibende parteilose Premierminister Giuseppe Conte nicht gerade ein EU-Freund. Vielleicht lernt er in seiner zweiten Amtszeit dazu.