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Politik

Warnschuss gegen Assad und Putin

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp
8. April 2017

Der US-Angriff auf die syrische Luftbasis war riskant. Er birgt aber auch Hoffnung, meint Kersten Knipp. Denn Assad und Putin dürften begreifen, dass sie in Syrien nicht nach Belieben schalten und walten können.

Bild: Colourbox

Dem ersten Angriff ist bisher kein zweiter gefolgt. Wie wird Trump mit Blick auf Syrien weiter vorgehen? Der sonst so twitter-freudige US-Präsident, hält sich ungewohnt bedeckt. Vielleicht ist das Kalkül. Vielleicht aber weiß er selbst nicht, welche Anweisungen er seinen Generälen geben soll.

Denn das militärische Eingreifen der USA ist riskant: Schon hat Russland ein Kriegsschiff, die "Admiral Grigorowitsch", ins Mittelmeer entsandt. Eines dürfte aber auch klar sein: Die Attacke auf die Luftbasis war ein Warnschuss. Das Regime von Baschar al-Assad, vor allem aber wohl der Kreml dürften verstanden haben, dass sie ab sofort wieder mit den USA rechnen müssen.

Seit Barack Obama 2013 sein Wort, auf das Überschreiten der durch den Giftgaseinsatz markierten "Roten Linie" reagieren zu wollen, nicht wahr gemacht hat, konnte Wladimir Putin in Syrien nach Belieben schalten und walten. Um Russland wieder als internationale politisch-militärische Großmacht zu präsentieren, hat er sich dort an die Seite eines Herrschers gestellt, der jeden aus dem Weg räumt, der sich ihm in den Weg stellt. Dabei scheut Assad nicht, seine Gewalt durch den Hinweis zu legitimieren, er kämpfe gegen den Terrorismus. Im Namen dieser Politik hat er Tausende unschuldige Menschen durch Fassbomben, Artilleriegeschütze, Lenkraketen und nun ganz offenbar auch Chemiewaffen ermorden lassen.

Missbräuchlicher Kampf gegen den Terror

Dass dieses Morden im Namen der Terrorbekämpfung geführt wird, ist hochgradig zynisch. Gewiss: Tausende verhaltensgestörter Mörder setzen im Namen einer Religion nicht nur in Syrien schlimmste Gewaltphantasien um. Sie sind in der ganzen Region aktiv und längst auch in Europa. Wozu sie fähig sind, hat sich aller Wahrscheinlichkeit nach zuletzt am Freitag dieser Woche in Stockholm gezeigt.

Der Kampf gegen diese Mörderbanden ist absolut nötig, auch militärisch. Doch Assad und Putin an seiner Seite beschränken sich nicht auf den Kampf gegen Dschihadisten allein. Einen Unterschied zwischen Terroristen und gewöhnlichen Oppositionellen wollen sie nicht machen. Das ist der Moment, in dem der Kampf gegen den Terror in puren Zynismus umschlägt. Sich auf ihn zu berufen, ist zudem ein infames Argument. Denn was sollte man gegen den Kampf gegen den Terror grundsätzlich sagen?

Vor allem dies: In seiner aus aller ethischen Ordnung gefallenen Maßlosigkeit entspringt dieser Kampf dem nüchternen Kalkül der Assad-Regierung. Assad wusste, was er tat, als er zu Beginn der Aufstände die schlimmsten dschihadistischen Menschenfeinde aus seinen Kerkern entließ. Gesponsert von wohlhabenden, durch Petrodollar reich gewordenen Gönnern, verliehen sie dem Aufstand jene hässliche Fratze, die er bis heute eben auch zeigt.

Das Kalkül ist einfach: Assad präsentiert sich als Kämpfer gegen jene Geister, die sie zuvor aus der Flasche gelassen hatten. Darauf versucht er seine politische Legitimität zu gründen. Man darf es ihm nicht durchgehen lassen.

Ziel: Gewöhnung an Massaker und Gewalt

Denkbar, und das vermuten auch einige arabische Kommentatoren, ist zudem, dass die ruchlosen Angriffe noch einen weiteren Sinn haben: Die maßlose Brutalität soll die Weltgemeinschaft dazu erziehen, sich an Massaker zu gewöhnen und sie als normal zu empfinden. Die Logik liegt auf der Hand: Einmal akzeptiert, können Schlächter weltweit ungestört gegen ihre Bevölkerung vorgehen. So verstanden, wäre Syrien eine Bühne der Schlachtrituale der Zukunft.

Befeuert Trump die Eskalation des Syrienkonflikts? Vielleicht. Jedenfalls ein bisschen. Aber die wesentlichen Gewaltenergien werden aus Moskau und Damaskus in diesen Krieg geleitet. Darum hat es sein Gutes, dass Trump - aus welchen Gründen auch immer - ein Signal Richtung Syrien gesandt hat. Es ist zu hoffen, dass das Eindruck macht, auch aufgrund der Flüchtlingsbewegungen: In einem Kriegsgebiet kann niemand leben.

Eine kühne Hoffnung: Vielleicht ist all dies auch Donald Trump durch den Kopf gegangen. Nur dass es zu lang war, um es in einen Tweet zu packen.


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Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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