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Politik

Welche Union? - Die Afrikanische Union ist gespalten wie nie

Kommentarbild Ludger Schadomsky
Ludger Schadomsky
31. Januar 2017

Zwar hat die AU einen neuen Kommissionspräsidenten gefunden und die Wiederaufnahme Marokkos beschlossen. Das kann jedoch nicht verdecken, dass der Staatenbund in einer tiefen Krise steckt, meint Ludger Schadomsky.

Der bisherige Außenminister des Tschad, Moussa Faki, ist neuer Kommissionspräsident der Afrikanischen UnionBild: picture-alliance/Anadolu Agency/M. Wondimu Hailu

Nun darf Marokko also wieder mitmachen. 33 Jahre nachdem das Königreich aus Protest gegen die Anerkennung der von Rabat beanspruchten ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara durch die Afrikanische Union ausgetreten war, ist man zurück in der kontinentalen Interessenvertretung mit Sitz in Äthiopien.

Das erscheint zunächst einmal als gute Nachricht: Marokko ist ein politisches Schwergewicht, vor allem aber ist es als sechststärkste Wirtschaftsmacht auf dem Kontinent vergleichsweise wohlhabend. Nicht wenige der Staatschefs in Addis Abeba hatten deshalb vor allem die Schatztruhen von König Mohammed VI. im Auge, als sie am Montag mit "Yes" oder "Oui" stimmten. Denn seitdem der Libyer Gaddafi die AU nicht mehr subventioniert, ist diese finanziell noch klammer - 70 Prozent des Budgets stammen von externen Gebern.

Union? Von wegen.

Doch die Causa Marokko birgt erheblichen Sprengstoff: Nicht nur die Befreiungsbewegung Polisario, die für die Unabhängigkeit der Westsahara streitet, hatte vehement gegen die Rückkehr Marokkos argumentiert. Sie hatte dabei die Unterstützung anglophoner Schwergewichte wie Nigeria, Kenia und Südafrika, vor allem aber von Marokkos Nachbar Algerien, das innerhalb der AU eine große Rolle spielt. Die frankophonen Länder unter den 53 Mitgliedsländern wiederum standen bei der Abstimmung mehrheitlich auf der Seite Rabats.

Warum das ein Problem ist? Weil die AU so nach den anhaltenden Lagerkämpfen um einen Austritt aus dem Internationalen Strafgerichtshof noch tiefer gespalten ist: zwischen Marokko-Unterstützern und Saharawisten, zwischen Frankophonen und Anglophonen, zwischen Nord, Süd, Ost und West. Marokko wird, das haben die politischen Manöver der vergangenen Jahre gezeigt, allen Beteuerungen zum Trotz nichts unversucht lassen, auf den Ausschluss der Westsahara aus der AU zu drängen - mit negativen Folgen für deren Bündniskraft.

Reformen - jetzt!

Umso wichtiger war in Addis Abeba ein Tagesordnungspunkt, der über Marokko und die anstehende Wahl eines neuen Kommissionsvorsitzenden kaum beachtet wurde: die Reformbemühungen, denen sich die AU - zehn Jahre nach dem jüngsten gescheiterten Anlauf - nun mit neuer Verve verschrieben hat. 

Man muss den autoritär regierenden ruandischen Präsidenten Paul Kagame nicht mögen. Aber das Reformpaket, das er im Auftrag der Union geschnürt hat, enthält einige gute Ideen, nicht zuletzt zur Finanzierung, aber auch zur strukturellen Reform des weitgehend ineffektiven Gremiums. Und die ist dringend geboten: So ist der oder die Kommissionsvorsitzende der Union weitgehend machtlos, da alle wichtigen Entscheidungen von der Runde der Staats- und Regierungschefs getroffen werden. Dazu gehört die Bestallung der wichtigen Kommissare, zum Beispiel für das zentrale Portfolio "Frieden und Sicherheit". Man stelle sich vor, ein Staatschef müsse mit einem Kabinett regieren, zu dessen Zusammenstellung er keine Befugnis hat. Vor allem aber überlappen sich die Kompetenzen der regionalen Wirtschaftsblöcke und der zentralen Organe der AU - das Ergebnis ist Stillstand oder Chaos oder beides.

Kernfrage Finanzierung

Mindestens ebenso wichtig ist der Eigenfinanzierungs-Mechanismus, der 1,2 Milliarden US-Dollar im Jahr generieren und damit 100 Prozent des Regelhaushalts und immerhin ein Viertel der Kosten für Friedenseinsätze der Union abdecken soll. Wie immer bei der AU klaffen Vision und Realität derzeit noch weit auseinander: Bislang tragen erst fünf von 53 Ländern den neuen Mechanismus mit.

Insofern interessiert die Wahl des Tschaders Moussa Faki zum neuen AU-Vorsitzenden nur am Rande und vor allem deshalb, weil nun Frankophone sowohl die AU-Präsidentschaft innehaben als auch der Kommission vorsitzen - und der Kampf gegen den Terrorismus unter dem bisherigen tschadischen Außenminister wohl intensiviert wird. 

"Auf uns kommen turbulente Zeiten zu, die unsere Einheit und Solidarität auf eine große Probe stellen", sagte die scheidende Kommissionspräsidentin Dlamini-Zuma in Addis Abeba. Sie meinte die von US-Präsident Trump verhängten Einreiseverbote und deren Auswirkungen auf Afrika. Ihre Worte hätten jedoch auch auf die Lage der Afrikanischen Union passen können, die sich in diesen Tagen so wenig einheitlich zeigt. 

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