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Wendepunkt

Alexander Kudascheff23. September 2014

US-Präsident Barack Obama hat lange gezögert mit dem Befehl, die Terroristen des "Islamischen Staates" auch in Syrien anzugreifen. Diese Entscheidung ist in mehrfacher Hinsicht ein Wendepunkt, meint Alexander Kudascheff.

F-22 Kampfjet/ Raptor
Bild: picture alliance/ Everett Collection

Die USA machen ernst - und schlagen entschieden und entschlossen gegen IS zu. In Syrien, dort wo der "Islamische Staat" seinen Hauptstützpunkt hat - in Rakka und Umgebung. Und sie schlagen nicht alleine zu: Sie schlagen mit arabischen Alliierten zu! Darunter auch Saudi-Arabien, das im Verdacht steht, die Mördermiliz IS mit gefördert, unterstützt und finanziert zu haben. Das zeigt: Die USA ziehen nicht alleine in den Krieg gegen die islamistischen Fundamentalisten in Syrien und im Irak. Sie suchen ein größeres Bündnis, auch wenn sie bisher kein UN-Mandat erlangen konnten. Und die traditionellen Bündnispartner Washingtons - Großbritannien und Frankreich - stehen prinzipiell bereit, ebenfalls loszuschlagen.

Profitiert Assad vom Kampf gegen IS?

Es ist ein Wendepunkt für den Nahen Osten. Denn obwohl der syrische Machthaber Bashar al Assad nicht einmal gefragt wurde, ob man in seinem vom Bürgerkrieg verwüsteten und aufgeteilten Land zuschlagen darf und kann, kann es sein, dass Assad am meisten vom Krieg gegen IS profitiert. Assad war bisher der Paria im Nahen Osten, ein Autokrat und Machthaber, der für rund 200.000 Tote und Millionen Flüchtlinge verantwortlich ist. Aber im Kampf, im Krieg gegen die islamistische Miliz kann Assad plötzlich zum strategischen und taktischen Partner werden. Die Wahl zwischen IS und Assad ist wahrlich politisch unappetitlich, aber im Zweifel wird die Allianz Assad bevorzugen.

Der mit Luftangriffen beginnende Krieg gegen IS ist auch ein Wendepunkt für den amerikanischen Präsidenten Obama. Der Friedensnobelpreisträger wollte, dass die USA keine Kriege mehr führen. Aus dem Irak zog er die amerikanischen Truppen zurück, in Afghanistan hat der Rückzug begonnen und ist Ende nächsten Jahres abgeschlossen. Die USA unter Obama waren eine Großmacht auf dem Rückzug, manche sprachen sogar von einer Renaissance des Isolationismus. Jetzt sind sie wieder militärisch im Nahen Osten aktiv. Zur Zeit, so heißt es, nur aus der Luft und nicht auf dem Boden. Doch wie lange kann man diese Haltung durchhalten, wenn alle militärgeschichtliche Erfahrung zeigt, dass Kriege auf dem Boden gewonnen werden? Mit hohen Verlusten - natürlich.

DW-Chefredakteur Alexander KudascheffBild: DW/M. Müller

Der Kampf gegen IS muss auch in Europa geführt werden

Und es ist ein Wendepunkt in der politischen Entschlossenheit, IS nicht nur zu bekämpfen oder einzudämmen, sondern sie zu vernichten. Die medial inszenierte unglaubliche Brutalität der Islamisten, ihr Wunsch, den Nahen Osten kulturell zu zerstören, seine tausendjährige Vielfalt zu beenden, wird nicht hingenommen. Dieser Krieg gegen die frühmittelalterlichen Glaubenskrieger ist wirklich ein Krieg gegen den Terrorismus. Gegen den Islamismus. Der Kampf gegen die Faszination eines ursprünglich verstandenen Islams aber fängt jetzt erst an. Nicht nur im Nahen Osten, sondern auch in Europa und in Deutschland, wo Tausende junger Männer bereit sind, in den Tod für Allah zu ziehen.

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