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Politik

Wikileaks aushalten

21. April 2017

Die Verhaftung von Julian Assange ist eine Priorität für die USA, sagt US-Justizminister Jeff Sessions. Matthias von Hein sieht im Umgang mit dem Wikileaks-Gründer einen Angriff auf die Pressefreiheit.

Bild: picture-alliance/AP Photo/F. Augstein

Wikileaks ist unbequem. Vor allem für Organisationen mit großer Macht, die gerne unter dem Radar der Öffentlichkeit ihren Geschäften nachgehen. So wie das US-Militär, die US-Geheimdienste, die US-Diplomatie, die US-Politik. Aber Demokratie lebt von diesen Unbequemlichkeiten. Denn sie funktioniert am besten, wenn die Wähler so viel Informationen haben wie möglich. Demokratien, demokratisch legitimierte Regierungen, müssen den kritischen Blick auf ihre Aktivitäten aushalten. Gerade dann, wenn dieser Blick sie nicht gut aussehen lässt.

Mit dem Strafrecht gegen Wikileaks? - ein gefährlicher Präzedenzfall

So wie im Video "Collateral Murder", mit dem Wikileaks im April 2010 schlagartig bekannt wurde. Das Video zeigt, wie beim Angriff eines US-Hubschraubers in Bagdad elf Menschen getötet werden, darunter zwei Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters. Oder wie bei der Veröffentlichung von mehr als 250.000 vertraulichen Dokumenten von US-Botschaften in aller Welt. Oder auch als Wikileaks publik machte, wie der US-Geheimdienst NSA Bundeskanzlerin Merkel ausspionierte. Wenn Wikileaks strafrechtlich verfolgt würde, wäre das ein gefährlicher Präzendenzfall, der die Tür aufstoßen würde auch für die Verfolgung weiterer Nachrichtenorganisationen. Die US-Regierung verfolgt dieses Ziel.

DW-Redakteur Matthias von Hein

Dabei kommt die Äußerung von US-Justizminister Jeff Sessions, die Inhaftierung von Wikileaks-Gründer Julian Assange habe für die USA Priorität, nicht überraschend. Schon in der vergangenen Woche widmete CIA-Chef Mike Pompeo seinen ersten öffentlichen Auftritt in seinem neuen Amt der vermeintlichen Gefahr durch Whistleblower. Pompeo verstieg sich dazu, Wikileaks als "nicht-staatlichen, feindlichen Geheimdienst" zu bezeichnen. In einer Rede zur nationalen Sicherheit vor dem Washingtoner Think-Tank Center for Strategic and International Studies sprach Pompeo Wikileaks den Schutz durch das Recht auf freie Meinungsäußerung ab. Und er schloss mit der unverhüllten Drohung: "Das hört jetzt auf!"

Es wundert nicht, dass der CIA-Chef ein sehr freundliches Bild seiner Agentur zeichnet, die doch nur Informationen über die Feinde Amerikas sammle. Es wundert auch nicht, dass die operativen Aktivitäten der CIA etwa zum Sturz ausländischer Regierungen mit keinem Wort erwähnt werden. Aber dass sich ausgerechnet der Direktor eines Geheimdienstes anmaßt, öffentlich die Grenzen der freien Meinungsäußerung zu definieren, muss aufhorchen lassen.

Die Hacker des CIA

Sollen sich nach Pompeos Vorstellung Medienunternehmen künftig auf die Verbreitung von Pressemitteilungen beschränken? Ist investigative Recherche und die Veröffentlichung unbequemer  Informationen jetzt gleichbedeutend mit "feindlicher Geheimdienstarbeit"? Was ist mit den anderen Medienunternehmen, die Wikileaks-Material veröffentlicht haben, wie der New-York Times, dem Guardian oder in Deutschland zum Beispiel dem Spiegel?

Wikileaks hatte sich gerade bei der CIA extrem unbeliebt gemacht. Vor allem mit der Veröffentlichung von  "Vault7". Darin legte Wikileaks nicht nur offen, dass die CIA eine eigene, geheime Hacker-Truppe unterhält - zum Teil im deutschen Frankfurt. Es wurde auch offenbar, wie die CIA Schwachstellen in Smart-Phones, Fernsehern und sonstigen Geräten nutzt, um sich Zugang zu diesen Geräten zu verschaffen.

Am peinlichsten für die Geheimdienstler aber war: Sie sind augenscheinlich nicht in der Lage, ihre eigenen Geheimnisse zu wahren. Der Werkzeugkasten zum Einbrechen in elektronische Geräte zirkulierte bereits in Hackerkreisen noch bevor er bei Wikileaks landete. Und das hat alle Nutzer dieser Geräte in Gefahr gebracht. Damit hatte dieser Leak definitiv hohen Nachrichtenwert. Und das ist das einzige, was bei der Beurteilung von Wikileaks eine Rolle spielen sollte: Sind die Informationen zutreffend und haben sie Nachrichtenwert? In dieser Hinsicht ist die Bilanz von Wikileaks bislang erstklassig.

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