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Sommerloch lässt grüßen

Sabine Faber23. Juli 2014

Politiker in Deutschland fordern, die Vergabe der Fußball-WM in vier Jahren an Rußland zu überdenken. Die Aussichten dafür sind zwar gering, aber ein Ziel haben sie damit jetzt schon erreicht, meint Sabine Faber.

Putin vor Schriftzug "Games for the world" (Foto: AP)
Bild: PHILIPPE DESMAZES/AFP/Getty Images

Es ist heiß in Deutschland, zumindest leiden viele Deutsche bei den in diesem Land nur gelegentlich erreichten Temperaturen. Es ist halt Sommer. Die Abgeordneten des Bundestags sind im Urlaub. Solche Zeiten werden in den Medien Sommerloch genannt. Die Chance von Politikern, mit unsinnigen Themen oder wenig aussichtsreichen Forderungen große Aufmerksamkeit zu erlangen, ist in dieser Zeit groß. Dazu passt perfekt die Aufforderung an die FIFA, die Fußball-WM 2018 den Russen angesichts der Ukraine-Krise und der mangelnden Hilfsbereitschaft bei der Aufklärung des MH17-Absturzes wieder zu entziehen.

Imageschaden bleibt kalkulierbar

Ich sehe - ehrlich gesagt - Russland noch nicht zittern. Die WM wird in vier Jahren stattfinden, kaum ein Fußballstadion ist bereits gebaut - eine spätere Nutzung ist in vielen Städten, ähnlich wie in Brasilien, sowieso ungewiss. Viel Geld wäre also noch nicht verbrannt. Außerdem ist die Begeisterung für Fußball in dem Land deutlich geringer als beispielsweise für Eishockey oder andere Wintersportarten. Mit der Ausrichtung der Winterspiele in Sotschi konnte Präsident Putin daher sein Image genug aufpolieren. Aber wie mir ein Rußlandkenner sagte, bereitet die Vorstellung, dass bei einer WM die Fans aus aller Welt - und damit auch Schwule und Schwarze - ins Land kommen, manchen Teilen der Bevölkerung eher Unbehagen als Freude. Die sieht sich derzeit, angefeuert durch die russische Propaganda, sowieso umzingelt von Feinden. Der Imageschaden wäre zwar international vorhanden, im Land selbst bliebe er überschaubar.

DW-Redakteurin Sabine FaberBild: DW

Die Geschichte zeigt es

Die Erfolgsaussichten für die Forderung der deutschen Politiker sind ohnehin verschwindend gering. Der Weltfußballverband FIFA hat noch nie eine bereits vergebene Weltmeisterschaft wieder entzogen. Zwar gab und gibt es immer wieder Diskussionen, wie zum Beispiel 1978 bei der WM in Argentinien, wo zwei Jahre zuvor eine Militärdiktatur durch einen Putsch an die Macht gekommen war. Oder auch aktuell zu Katar wegen der dortigen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Stadienbauten. Ein Entzug der WM 2022 dort durch die FIFA scheint eher unwahrscheinlich.

Nur ein Zeichen

Blieben noch Boykotte durch die nationalen Fußball- oder Sportverbände. Von Olympischen Spielen kennen wir das: 1980 blieben 64 Nationen, darunter Deutschland und die USA, den Wettkämpfen fern, aus Protest gegen den russischen Einmarsch in Afghanistan. Abgesehen von dem symbolischen Zeichen, das die Sportler ohne Zweifel setzten, machte es aber keinen nachhaltigen Eindruck auf die russische Regierung. Und würde ein solches Zeichen in vier Jahren noch wirken? Die Weltordnung könnte sich längst wieder verändert haben - und dann?

Die Diskussion um Wirtschaftssanktionen gegen Russland sind richtig und wichtig, da sie Moskau tatsächlich empfindlich und nachhaltig treffen würden. Die Debatte um die Fußball-WM ist dagegen überflüssig. Sie ist eben ein klassisches Sommerloch-Thema und dient lediglich der Aufmerksamkeit für die Politiker.