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Politik

Der Europarat schafft sich ab

Hofmann Max Kommentarbild
Max Hofmann
23. April 2018

Wenn einzelne Abgeordnete lieber illegal Geld und Geschenke entgegen nehmen, als Korruption zu bekämpfen, dann brauchen wir den Europarat nicht mehr, meint Max Hofmann.

Das Tagungsgebäude des Europarates in StraßburgBild: picture-alliance/dpa

Offiziell setzt sich der Europarat für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ein. Insofern ist vielen unklar, was Länder wie Russland und die Türkei dort eigentlich als Mitglieder verloren haben. Aber gut: Die meisten Kenner in Straßburg sagen, es bringe nichts, sie rauszuwerfen. Dann habe man nämlich überhaupt keinen Einfluss mehr auf die Herren Putin und Erdogan. So ähnlich waren auch die Überlegungen bei der Aufnahme der korrupten Kaukasusrepublik Aserbaidschan. Erstmal in den Europarat integrieren und dann europäische Werte in das neue Mitgliedsland exportieren. Aber von wegen.

Ein kurzer Einschub für alle, deren Arbeit nicht darin besteht, sich ständig Gedanken über die unterschiedlichen Aufgaben von Europäischem Rat, Rat der Europäischen Union und Europarat zu machen: letzterer hat nichts mit der Europäischen Union zu tun. Deshalb können dort auch Länder aufgenommen werden, die nicht Mitglied der EU sind. Sitz des Europarates ist im französischen Straßburg und der Rat kämpft für "Menschenrechte", "demokratische Grundsätze" und "rechtsstaatliche Grundprinzipien". Theoretisch zumindest.

Störende Berichte unter den Teppich gekehrt

Zurück zu unserem umtriebigen Mitgliedsland vom Kaspischen Meer: Aserbaidschan hat ganz offenbar seine eigenen Werte wesentlich erfolgreicher Richtung Westen exportiert als andersherum. Nun gut, Werte ist vielleicht ein bisschen hoch gegriffen, aber Teppiche, Luxusgüter und vor allem Geld waren es schon. Einige Abgeordnete der parlamentarischen Versammlung nahmen die Geschenke offenbar gerne an und kehrten im Gegenzug störende Berichte über Menschenrechte in Aserbaidschan unter besagte Teppiche. "Sehr wahrscheinlich" war das so, sagen drei unabhängige Experten in ihrem Abschlussbericht nun. Wieder einmal zeigt sich: Europa sieht sich moralisch gerne als Vorreiter. Ist es aber nicht unbedingt.

Max Hofmann, Leiter des DW-Studios in Brüssel

Anders ausgedrückt: Warum machen wir diesen ganzen Käse eigentlich mit? Jahrelang sitzen Politiker mit guten Gehältern in einer marginal wichtigen Institution. Was sie da treiben, ist den meisten Bürgern wurscht. Selbst objektiven Betrachtern ist nicht immer klar, ob das alles überhaupt einen Sinn hat. Zusätzlich versüßen sich genau diese Politiker, die sich eigentlich GEGEN Korruption einsetzen sollten, noch den Kontostand mit den illegalen Zuwendungen, die jetzt ans Tageslicht kommen. Und: Das ist kein Einzelfall, sondern davon waren offenbar gleich mehrere Mitglieder der parlamentarischen Versammlung des Europarats betroffen. Alle aus Ländern, die eigentlich sehr hohe Korruptions-Standards haben. Die CDU-Politikerin Karin Strenz aus Deutschland zum Beispiel.

Kein Platz für "Kaviar-Diplomatie"

Sollte man den Laden also dicht machen? Weil er ja ohnehin nichts bringt, den Steuerzahler nur Geld kostet und als Bereicherungsplattform korrupter europäischer Abgeordneter fungiert? Niemand in den europäischen Institutionen oder den Hauptstädten der EU sollte sich wundern, wenn jetzt solche Forderungen kommen. Ist ja auch was dran. Aber auch das Gegenargument stimmt: Es ist besser in solchen Foren miteinander zu sprechen und für bestimmte Werte einzutreten - die meisten Parlamentarier scheinen das ja noch zu tun. Das stimmt vor allem im Hinblick auf Russland, wo es friedenserhaltend sein kann, den Dialog aufrecht zu erhalten. Aber der Europarat ist nun angezählt. Wenn er nicht endgültig k.o. gehen will, dann muss sich schnell etwas ändern in Straßburg. Die Menschen, die dort arbeiten müssen für die offiziellen Werte ihrer Institution auch kämpfen. Für die bisherige "Kaviar-Diplomatie" darf es null Toleranz geben.

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