Forscher wollen die fast ausgestorbene Nashorn-Art retten. Nun konnten sie zwei Embryonen entwickeln. Südliche Nashörner sollen die Babys als Leihmütter austragen.
Najin und Fatu, die letzten noch lebenden nördlichen Breitmaulnashörner haben ihre Eier gespendet. Bild: Getty Images/AFP/T. Karumba
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Rettung für Nashorn-Art?
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Seit Jahren arbeiten Zoologen, Biologen und Wildschützer aus Kenia, Italien, der Tschechischen Republik und Deutschland gemeinsam an demeinzigartigen Projekt: Sie wollen eine eigentlich schon ausgestorbene Art retten - das Nördliche Breitmaulnashorn.
Lediglich zwei Weibchen der Art, Najin und ihre Tochter Fatu, leben nochim Ol Peteja Schutzgebiet in Kenia. Allerdings gibt es keine Bullen mehr. Sudan, der Vater von Najin und Großvater von Fatu, war das letzte Männchen der bedrohten Art. Er starb im März 2018.
Letzte Überlebende sind nicht mehr gebärfähig
Eine Nachzucht mit den beiden noch lebenden Weibchen war bis zuletzt nicht möglich oder kam aus medizinischen Gründen nicht in Frage. Außerdem war der Bulle Sudan unfruchtbar gewesen.
Die Forscher haben die Hoffnung aber nicht aufgegeben, dass sich die Art doch noch retten lässt. Denn in den Kühlschränken der beteiligten Forschungsinstitute liegen noch Spermien von anderen Bullen, etwa von Saut und Suni. Saut war 2006 im Tschechischen Dvur Kralove gestorben und Suni 2014 im Kenianischen Reservat Ol Peteja.
Sudan, der letzte Bulle seiner Art, war im März 2018 gestorben. Bild: Reuters/B. Ratner
Hohes Risiko - große Chancen
"Wir operieren an Blutgefäßen, die nur sehr kleine Durchmesser haben", erinnert sich der IZW-Tierarzt Thomas Hildebrandt. "Und unsere Nadel hat ein Loch von zwei Millimeter. Wenn so ein großes Blutgefäß angeritzt oder durchstochen wird, dann verblutet das Tier. Wir als Wissenschaftler wollen natürlich dieser Tierart unbedingt helfen, damit sie nicht ausstirbt. Aber wir wollen die Tiere auch nicht umbringen," sagt der Mediziner.
Bis die Wissenschaftler den Versuch überhaupt wagen durften, war viel wissenschaftliche Vorarbeit und zudem auch Überzeugungsarbeit nötig. "Wir mussten das Vertrauen des Kenya Wildlife Service gewinnen," sagt Hildebrandt. "Wir mussten aber gleichzeitig nachweisen, dass unsere wissenschaftlichen Vorleistungen so sicher sind, dass das Risiko für die Patienten minimiert ist."
An der komplizierten Entnahme der Eizellen waren etwa zehn Spezialisten aus Europa beteiligt - ein sehr großes Team mit Fachleuten aus Italien und Deutschland nebst den Kollegen aus Kenia.
"Wir sind sehr erleichtert aus Kenia zurückgekommen, weil dieser hochkomplizierte Eingriff sehr erfolgreich funktioniert hat," freut sich der Tierarzt. "Beide Tiere haben sich sofort nach der Narkose wieder dem Fressen gewidmet, haben ihr Schlammbad genommen und die Pfleger, die ja vorher doch sehr spektakulär gebetet haben, dass alles gut geht, waren überaus glücklich."
Nashörner unter Personenschutz in Uganda
06:55
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Künstliche Befruchtung beim Nashorn viel komplizierter als beim Menschen
Doch die Entnahme der Eizellen war nur der Beginn eines langwierigen Verfahrens, mit keineswegs klarem Ausgang. Sieben der Eizellen konnten die Forscher erfolgreich in einem Speziallabor im italienischen Cremona zur Reife bringen und befruchten. Und dieses Verfahren ist bei Nashörnern alles andere als einfach.
"Beim Nashorn ist das Sperma noch viel, viel schlechter als bei den meisten Menschen," erklärt Zoologe Hildebrandt. Während beim Menschen weltweit schon etwa vier Millionen mal eine künstliche Befruchtung durchgeführt wurde, gibt es mit Nashörnern kaum Erfahrung.
Vor allem muss bei der Befruchtung von Nashorn-Eiern – anders als beim Menschen – technisch nachgeholfen werden: "Das ist ein ganz spezielles Verfahren, unsere italienischen Kollegen haben es entwickelt. Man kann mit einer scharfen Kanüle dort nicht anpacken, sondern braucht eine Art Mikrohammer, wie ein Presslufthammer. Das nennt man `Pizzo Drilling´," beschreibt der Forscher die Methode. "Das müssen wir beim Nashorn einsetzen, um letztendlich das Spermium und die Eizelle zusammenzubringen."
Der Tag des Artenschutzes erinnert an das 1973 unterzeichnete Washingtoner Artenschutzübereinkommen. 44 Jahre später sieht es für viele afrikanische Tierarten düster aus. Doch es gibt auch Lichtblicke.
Bild: DW/C. Stäcker
Der König der Tiere macht sich rar
"Seit den 1970er-Jahren hat sich Afrikas Löwen-Population halbiert", mahnt Kaddu Kiwe Sebunya, Vorsitzender der African Wildlife Foundation (AWF) im DW-Interview. Ihre Jagdreviere werden durch die Landwirtschaft immer stärker beschnitten, ihre Beutetiere verdrängt. Die Löwen reißen deshalb immer häufiger Ziegen und Rinder - und werden nicht selten selbst von den Dorfbewohnern getötet.
Bild: DW/C. Stäcker
Kein Wasser, kein Futter
Die extreme Dürre in weiten Teilen Afrikas entzieht nicht nur Millionen von Menschen, sondern auch vielen Wildtieren die Lebensgrundlagen. Die Verwaltung des südafrikanischen Krüger-Nationalparks sah sich im vergangenen Jahr gezwungen, rund 350 Nilpferde und Büffel zu schießen, weil sie sonst verhungert wären.
Bild: Getty Images/AFP/R. Schmidt
Leere Meere
Wegen illegaler Fischerei und Überfischung durch internationale und nationale Fischerei-Unternehmen seien vor West- und Zentralafrika mindestens 37 Fischarten vom Aussterben bedroht, warnt die Weltnaturschutzorganisation IUCN. Das trifft vor allem die lokale Bevölkerung: 400 Millionen Menschen sind laut IUCN auf Fisch als Nahrungsmittel oder zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts angewiesen.
Bild: Getty Images/AFP/S. Kambou
Aus dem Regenwald auf den Teller
In Ländern wie Kamerun, Angola, Sierra Leone oder der Demokratischen Republik Kongo ist das Fleisch von Wildtieren wie Affen oder Reptilien eine Delikatesse. Doch mit der wachsenden Bevölkerung wächst auch der Hunger nach "Bushmeat". Vielerorts wirkt der Regenwald bereits wie leergefegt - trotz Wilderei-Verboten.
Bild: picture-alliance/AP Photo/S. van Zuydam
Teurer als Gold
105 Tonnen Elfenbein und 1,35 Tonnen Nashorn verbrannte die kenianische Regierung im vergangenen Jahr öffentlichkeitswirksam. Die Botschaft: Afrika toleriert den illegalen Handel nicht. Dennoch steigt die weltweite Nachfrage, vor allem aus Asien. Elfenbein gilt als Statussymbol; Nashorn werden medizinische Wunderwirkungen nachgesagt. Ein Kilo Nashornpulver kostet in China mehr als ein Kilo Gold.
Bild: Getty Images/AFP/C. de Souza
Afrika ohne Elefanten?
Nashörner stehen bereits auf der Roten Liste der gefährdeten Arten - die afrikanischen Elefanten könnten sich bald dazugesellen: Ihre Zahl ging in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 60 Prozent zurück. "Ein Afrika ohne Elefanten und Nashörner ist unvorstellbar", sagt Sebunya vom AWF. Unter anderem würde der Tourismus-Sektor erheblich leiden.
Bild: picture alliance/blickwinkel/P. Espeel
Giraffen träumen von Blätterbäumen…
Vor 20 Jahren gab es im Niger nur noch knapp 50 Westafrikanische Giraffen. Inzwischen sind es rund zehnmal so viele. Regierung und Naturschützer hätten die lokale Bevölkerung in den Giraffen-Schutz mit einbezogen, sagt Giraffen-Forscher Julian Fennessy. So hätten die Menschen zum Beispiel Feuerholz erhalten, um nicht die Bäume fällen zu müssen, von denen sich die Giraffen ernähren.
Bild: picture-alliance/robertharding/Godong
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Dabei muss das Spermium auch noch besonders aktiviert werden. Auch das funktioniert nicht immer, aber für einige Erfolge reichte es aus. "Aus diesen sieben Eizellen entstanden vier Embryonen. Und aus diesen vier Embryonen entstanden glücklicherweise zwei Blastozysten. Das Endergebnis: Neues Leben, neue Hoffnung für diese Art."
Südliche Breitmaulnashörner als Leihmütter
Blastozysten sind lebensfähige Frühstadien von Embryonen. Diese sollen nun Südlichen Breitmaulnashorn-Kühen in die Gebärmutter eingesetzt werden. So könnten dann Südliche Breitmaulnashörner zu Leihmüttern für Nördliche Nashornbabys werden.
Das alles muss jetzt aber ziemlich schnell gehen. Denn die Zoologen stehen unter einem starken Zeitdruck, der von der Biologie vorgegeben wird. Der Grund: Die beiden noch lebenden Südlichen Nashorn-Kühe sind selbst schon etwas älter. "Und wir wollen unbedingt, dass das geborene Nördliche Breitmaulnashorn noch mit den beiden letzten seiner Art zusammen aufwächst," sagt Hildebrandt. "Das ist eine große Herausforderung, weil eine Schwangerschaft beim Nashorn 16 Monate dauert. Die erste Geburt sollte in den nächsten drei Jahren stattfinden. Es ist sehr ambitioniert."
Denn die Nashorn-Babys sollen unbedingt noch von ihren Artgenossen eine Sozialisation mitbekommen, damit vielleicht doch noch eine gesunde Population der bereits ausgestorbenen Art entstehen kann.
Rote Liste: Einigen Arten geht es besser, anderen schlechter
Immer mehr Pflanzen und Tiere drohen auszusterben. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) behält sie im Auge und veröffentlicht seit über 50 Jahren die Rote Liste bedrohter Tierarten. Manchmal gibt es sogar positive Meldungen.
Bild: picture-alliance/ZUMAPRESS/VW Pics
Pflanzen- und Tierwelt im Blick
Von der IUCN werden für die Rote Liste rund 97.000 Pflanzen- und Tierarten – von insgesamt etwa 1,7 Millionen bisher beschriebenen Arten – unter
die Lupe genommen. Fast 27.000 von ihnen gelten als bedroht. Das sind
10.000 mehr als noch vor knapp zehn Jahren. Doch beginnen wir lieber mit erfreulicheren Nachrichten, wie der von diesem Berggorilla.
Bild: Reisedoktor/Wikipedia
Ein Glück!
Der Bestand der Berggorillas hat sich deutlich vergrößert. Laut IUCN ist die Zahl der Tiere in den vergangenen zehn Jahren von etwa 680 auf mehr als 1000 gestiegen. Das liegt nicht zuletzt an den Maßnahmen gegen Wilderer, was wiederum zeigt: Schutzgebiete wirken.
Bild: picture-alliance/dpa/WWF
Wale können au(s)fatmen
Auch die Finnwale gelten nicht mehr als "gefährdet", sondern sind nun als "verletzlich" aufgeführt. Die Zahl habe sich seit den 1970ern auf rund 100.000 Exemplare ungefähr verdoppelt, so die IUCN. Auch die Situation der Grauwale, die bisher als "vom Aussterben bedroht" galten, habe sich verbessert. Auch hier zeigen Maßnahmen, wie die Verbote des kommerziellen Walfangs, Wirkung.
Bild: picture-alliance/ZUMAPRESS/VW Pics
Gedämpfte Euphorie
Zugleich warnten die Experten aber auch vor Problemen durch Überfischung. So seien 13 Prozent der Zackenbarsch-Arten weltweit und neun Prozent der rund 450
Fischarten im ostafrikanischen Malawisee vom Aussterben bedroht. "Der Artenrückgang beeinflusst den Preis von Fisch weltweit erheblich und reduziert die Lebensmittelsicherheit für Millionen Menschen", so die IUCN.
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An der Schwelle zum Aussterben
Die Population der Mexikanischen Gopherschildkröte, der größten nordamerikanischen Schildkrötenart, ist nach neuesten Zahlen in den letzten 30 Jahren um über 64 Prozent zurückgegangen. Damit gilt sie nicht mehr als "verletzlich", sondern als "stark gefährdet". Ein Grund hierfür: Der Lebensraum der Schildkröte schrumpft.
Bild: picture alliance /Wildlife
Konsum über Konservation
Eine besorgniserregende Entwicklung sehen die IUCN-Experten auch beim Adlerholzbaum. Die vermehrte Nachfrage in China nach Bau- und Möbelholz führe zu Raubbau in Afrika. Inzwischen stehen alle Arten des Adlerholzbaumes auf der Roten Liste. Teile des Baumes werden auch in der Parfüm- und Duftindustrie gebraucht, was das Holz zu einem der teuersten der Welt macht.
Bild: picture-alliance/imageBROKER/K.-W. Friedrich
Gestank hilft nicht
Die gigantische Titanwurz ist für ihre große Blüte und für ihren Gestank berüchtigt. Sie wurde erstmals als "gefährdet" eingestuft. In den letzten 150 Jahren ist ihr Bestand um 50 Prozent zurückgegangen. Primär, weil ihr Lebensraum auf Sumatra und Indonesien aufgrund von Palmölplantagen schwindet. Damit steht sie symbolisch für viele Pflanzen und Tiere, die auf der Roten Liste der IUCN stehen.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Gollnow
Die Letzten ihrer Art
Einige weitere Beispiele für gefährdete Tiere sind der Große Panda, dessen Bestand weltweit auf 1000 bis 2000 Exemplare geschätzt wird, oder das Sumatra-Nashorn, mit einer Population von rund 200 Tieren. Insgesamt sind 25 Prozent der Säugetiere, die IUCN und ihre Partner untersucht haben, bedroht. Die Rote Liste wird seit 1963 veröffentlicht und fasst die Aufzeichnungen vieler Staaten zusammen.