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Kommt die Torlinientechnik?

3. Dezember 2014

An diesem Donnerstag stimmen die Vereine der 1. Liga erneut über die Einführung der Torlinientechnik in der Fußball-Bundesliga ab. Der Ausgang ist offen, bisher steht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit noch nicht.

Deutschland Fußball Torlinientechnologie GoalControl-4D wird im Aachener Stadion "Tivoli" getestet (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Es wird ganz eng - mit großer Wahrscheinlichkeit sogar enger als bei den meisten Entscheidungen über Tor oder kein Tor: Die Einführung der Torlinientechnik in der Fußball-Bundesliga wird zur Zitterpartie und droht erneut zu scheitern. Obwohl die Befürworter kräftig die Werbetrommel für das Hilfsmittel rühren, steht die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit bei den Clubs kurz vor der entscheidenden Versammlung am Donnerstag nicht. Einige Clubverantwortliche gehen bereits von einem erneuten Votum gegen die Technik aus. "Ich rechne nicht mit einem anderen Abstimmungsergebnis, weil keine neuen Argumente dazugekommen sind", sagte Manager Christian Heidel vom FSV Mainz 05. Damit liegt Heidel, der die Einführung befürwortet, im Tenor der Umfrage des Sportinformationsdienstes (SID) bei den Clubs.

Demnach werden nur zehn Vereine sicher für die Neuerung votieren, nötig sind aber zwölf Stimmen. Da sich fünf Clubs klar gegen die Technologie ausgesprochen haben, wird es in Frankfurt auf die drei Vereine ankommen, die bei der Umfrage ihr Kreuzchen bei "noch nicht entschieden/keine Angabe im Vorfeld" gemacht haben. Ob zwei davon für die Einführung stimmen werden, ist fraglich. Bei der zurückliegenden Versammlung im März wurde die Zweidrittel-Mehrheit deutlich verfehlt, allerdings auch, weil damals die Zweitligaclubs mit abstimmten und sich meist aus Kostengründen gegen den Einsatz der Technik entschieden.

GoalControl, Hawk-Eye oder GoalRef

Welches Technik-Modell im Fall der Fälle zum Einsatz kommen soll, ist ebenfalls noch offen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hatte die Technik für die Bundesliga Ende September offiziell ausgeschrieben. Drei Systeme stehen zur Auswahl. Das GoalControl-System aus Würselen, das bei der WM 2014 in Brasilien seinen Härtest bestanden hat, basiert auf sieben Hochgeschwindigkeitskameras pro Tor, die am Stadiondach installiert sind. Der Spielball wird kontinuierlich verfolgt und in drei Dimensionen erfasst, sobald der Ball in Tornähe ist.

Dirk Broichhausen, Entwickler von "GoalControl"Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Recht ähnlich zu GoalControl ist das britische Hawk-Eye-System, das aus dem Tennis bekannt ist und bereits in der englischen Premier League zum Einsatz kommt. Es basiert ebenfalls auf der Verwendung von sieben Hochgeschwindigkeitskameras pro Tor, die die exakte Position des Balls auch dann berechnen können, wenn nur ein kleiner Teil zu sehen ist. Außerdem gibt es das am Fraunhofer-Institut entwickelte GoalRef-System. Es basiert auf einem Magnetfeld im Tor, das über spezielle Spulen im Spielball registriert wird. Diese bauen, sobald sie sich im Tormagnetfeld befinden, durch Induktion ein eigenes Feld auf, so dass im Tor eine Magnetfeldänderung registriert wird. Bei allen drei Systemen erfolgt ein Signal an die Armbanduhr des Schiedsrichters, wenn der ball die Linie in vollem Umfang überquert hat. Am Ende will der Ligavorstand den Vereinen eines der drei Modelle zur Abstimmung vorlegen.

Schiedsrichter als Erfüllungsgehilfe der Technik?

Auslöser der Debatte über die Einführung der Torlinientechnik war das Phantomtor des Leverkuseners Stefan Kießling am 18. Oktober 2013 beim Auswärtsspiel in Hoffenheim. Nach wochenlangem Theater war die Diskussion um die Technik nach der Ablehnung der Einführung im März allerdings zunächst beendet. Der nicht anerkannte Treffer des Dortmunders Mats Hummels im DFB-Pokalfinale zwischen den Bayern und dem BVB (2:0 n.V.) brachte neuen Schwung in das Thema. Dass die Technologie bei der WM-Endrunde ihren Härtetest bestanden hat, macht den Befürwortern Hoffnung.

Der Ball am Außennetz und trotzdem drin - Kießlings Phantomtor gegen Hoffenheim sorgte für DiskussionenBild: Getty Images

"Wir dürfen uns den Neuerungen nicht verschließen", sagte Alexander Rosen, Sportdirektor von 1899 Hoffenheim, dem SID: "Die Technik verändert nicht den Charakter unseres Sports, sondern regelt im Sinn aller Beteiligten einfach und schnell die elementare Entscheidung über Tor und kein Tor." Dabei wird es nach Ansicht von Jörg Schmadtke aber nicht bleiben. "Wenn man die Tür öffnet, wird es irgendwann Techniken für Abseits und das Seitenaus geben. Der Schiedsrichter ist dann nur noch Erfüllungsgehilfe der Technik", sagte der Sportchef des 1. FC Köln, der trotz dieser Bedenken für die Einführung stimmen will. Falls sich die Vereine für die Technik entscheiden, will sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) anschließen. Dann soll das Hilfsmittel, das von den Schiedsrichtern seit langer Zeit gewünscht wird, ab den Viertelfinals im Pokal zum Einsatz kommen.

Die DFL sieht sich für eine Einführung gerüstet. "Wenn ich Club-Verantwortlicher wäre, würde ich wahrscheinlich dafür stimmen", sagte DFL-Boss Christian Seifert. Die Fußballwelt habe sich ein wenig gewundert, "warum gerade Deutschland die neue Technik bisher nicht eingeführt hat".

asz/ck (sid)

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