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Kommunen gegen Geldleistungen

15. August 2015

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert eine härtere Flüchtlingspolitik, vor allem gegenüber Asylbewerbern vom Balkan. Es müsse geprüft werden, ob "das deutsche System zu viele Anreize bietet".

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (M.) lässt in Deggendorf eine neue "Bearbeitungsstraße" der Bundespolizei zur Erfassung von Flüchtlingen erklären (Foto: dpa)
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (M.) lässt sich im bayerischen Deggendorf eine neue "Bearbeitungsstraße" der Bundespolizei zur Erfassung von Flüchtlingen erklärenBild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

Der Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), die Geldleistungen für Asylbewerber zu überprüfen, hat die Unterstützung der Kommunen. Der Städte- und Gemeindebund verlangt in einem Forderungskatalog, aus dem die "Passauer Neue Presse" zitiert, genau dies: "Es sollte geprüft werden, ob das deutsche System zu viele Anreize bietet (z.B. Taschengeld, Ausreisevergütung)." Mittlerweile werde für 2015 mit 600.000 Asylanträgen in Deutschland gerechnet. "Vor diesem Hintergrund brauchen wir eine Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik in organisatorischer, personeller und finanzieller Hinsicht."

Der CDU-Vizevorsitzende Armin Laschet äußerte sich differenzierter. Zwar sagt er der "Nordwest-Zeitung" aus Oldenburg: "Wer nur relativ kurz in Deutschland ist, könnte durchaus auch mit Sachleistungen versorgt werden." Für die meisten Flüchtlinge sei Geld aber "nicht der entscheidende Grund", sich auf den Weg nach Deutschland zu machen. "Ich kann vor Schnellschüssen nur warnen: Das Bundesverfassungsgericht hat uns aufgegeben, das Existenzminium von Flüchtlingen sicherzustellen." Entscheidend sei, dass die Asylverfahren schneller würden.

"Das Taschengeld genauer anschauen"

De Maizière hatte - offensichtlich mit Blick auf das Bundesverfassungsgericht - gesagt, Deutschland könne die Leistungen für Asylbewerber nicht beliebig reduzieren. "Aber wir können mehr Sachleistungen machen, wir können uns das Taschengeld genauer anschauen."

Im Innenministerium gibt es nun Überlegungen, die gesetzlich vorgeschriebene Höchstdauer für den Aufenthalt in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu verlängern - und damit auch den Zeitraum, in dem Asylbewerber vorrangig Sachleistungen bekommen.

Bundesinnenminister Thomas de MaizièreBild: picture-alliance/epa/J. Warnand

Mit seinen Ideen zog de Maizière heftige Kritik auf sich. Der Deutsche Kinderschutzbund etwa warnte vor derartigen Schritten. "Um die Integration von Flüchtlingskindern zu fördern, müssen sie und ihre Familien die Chance haben, mit dem vorhandenen Geld ihr eigenes Leben zu gestalten", sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Wenn das Geld gekürzt und mehr auf Sachleistungen gesetzt werde, bedeutete dies einen Rückschritt.

Annelie Buntenbach aus dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) legte dem Minister zur Last, er gieße "Wasser auf die Mühlen von Rechtspopulisten und Rechtsextremen". Der Paritätische Wohlfahrtsverband warf de Maizière "gefährliche Stimmungsmache" vor und forderte einen Ausbau der Hilfen für Flüchtlinge.

"An der Menschwürde sparen"

Die Linke-Innenpolitikerin Ulla Jelpke mahnte: "Am Taschengeld zu sparen, heißt, an der Menschenwürde zu sparen." Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der "Rheinischen Post", es sei "eine Lebenslüge, dass sich die Zahl der Flüchtlinge über die Höhe der Leistungen regulieren ließe". Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, wies den Vorstoß ebenfalls zurück. "Ich halte es nicht für richtig, Menschen in einer Art und Weise zu drangsalieren, in der Hoffnung, dass sie dann erst gar nicht mehr den Weg nach Deutschland suchen."

Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), bezeichnete es als "ärgerlich", dass de Maizière der Öffentlichkeit den Eindruck vermittele, Asylsuchenden werde das Geld zur Deckung ihrer persönlichen Bedürfnisse "Monate im Voraus" ausbezahlt, und sie "verfügten damit über beträchtliche Geldsummen". Sie warf de Maizière vor, "Scheinlösungen" zu propagieren. Nötig seien schnellere Asylverfahren.

143 Euro im Monat

Welche Leistungen bedürftige Flüchtlinge erhalten, ist im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. In einer Erstaufnahmeeinrichtung wird der Grundbedarf des täglichen Lebens wie Ernährung, Unterkunft, Kleidung und Gesundheitspflege durch Sachleistungen gedeckt. Hinzu kommt ein Taschengeld für persönliche Bedürfnisse wie Fahrtkosten und Kommunikation. Seine Höhe unterscheidet sich je nach Alter und Familienstand, bei einem allein stehenden Asylbewerber beträgt es derzeit 143 Euro im Monat. Nach Ablauf der Erstaufnahme wird der Grundbedarf vorrangig durch Geldzahlungen gedeckt. Dabei erhalten Alleinstehende 216 Euro im Monat, zusammen mit dem Taschengeld ergibt dies 359 Euro.

stu/ml (afp, dpa, epd, rtr)

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