Schon vor dem Jubiläumsjahr 2019 setzt sich die weltweite Ausstellungsreihe "bauhaus imaginista" mit der Wirkung der einflussreichen deutschen Kunstschule auseinander. An diesem Mittwoch eröffnet die Schau in Moskau.
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Die Moskauer "bauhaus imaginista"-Ausstellung im Garage Museum of Contemporary Art geht am Beispiel von Leben und Werk ehemaliger Bauhaus-Lehrerinnen und Lehrer sowie Studierenden in Moskau den komplexen Zusammenhängen zwischen dem Bauhaus und der Sowjetunion nach.
Sie widmet sich insbesondere einer Reihe von Graduierten und Studierenden, die 1930 dem zweiten Direktor des Bauhauses, dem Architekten Hannes Meyer, in die Sowjetunion folgten: dem Architekten Philipp Tolziner, der schließlich sein ganzes Leben in Moskau verbringen sollte, dem Architekten und Stadtplaner Konrad Püschel, und der Architektin Lotte Stam-Beese, die erste Frau, die in der Bauabteilung des Dessauer Bauhauses studierte.
Nach Umsetzung ihrer Ideen in der westrussischen Stadt Orsk ging Lotte Stam-Beese 1935 aus der Sowjetunion in die Niederlande, wo sie wegen ihrer Pläne zum Wiederaufbau Rotterdams nach dem Zweiten Weltkrieg berühmt wurde.
Kommunistische Ideen und sozialistische Ideale
Über Fotografien, Briefe, Collagen, Seiten aus Sammelbüchern, Diagramme, Manifeste, Architekturzeichnungen und Stadtpläne erforscht die Ausstellung das Verhältnis, das die Architektinnen und Architekten zum Bauhaus Dessau, zur Sowjetunion und zu kommunistischen und sozialistischen Idealen hatten.
Die Moskauer Ausstellung folgt im Kapitel "bauhaus imaginista: Moving Away" der Ausstellung in Hangzhou in China. Beide Ausstellungen haben untersucht, wie universale Gestaltungsprinzipien des Bauhauses in unterschiedlichen kulturellen und politischen Kontexten entwickelt, angepasst, erweitert oder erneuert wurden.
Bauhaus: die Welt neu erfinden
Das Bauhaus wollte das Verhältnis von Bildung, Kunst und Gesellschaft neu bestimmen. Diesen Ansatz, der sich in Walter Gropius’ Manifest von 1919 wiederfindet, teilte das Bauhaus mit anderen Bewegungen im 20. Jahrhundert, etwa in Japan und Russland.
Diese internationalen Zusammenhänge stehen im Fokus des Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramms "bauhaus imaginista", das anlässlich des 100. Gründungsjubiläums des Bauhauses von der Bauhaus Kooperation Berlin Dessau Weimar, dem Goethe-Institut und dem Haus der Kulturen der Welt in Berlin (HKW) mit Partnern in acht Ländern
realisiert wird. Kuratoren sind Marion von Osten und Grant Watson.
Dabei werden 2018 vier unabhängig voneinander entwickelte Ausstellungen in China, Japan, Russland und Brasilien gezeigt, die durch diskursorientierte Veranstaltungen in Marokko, den USA, Nigeria und Indien ergänzt werden. Von März bis Juni 2019 wird eine große Abschlussausstellung von "bauhaus imaginista" im Haus der Kulturen der Welt gezeigt. Die Moskauer Schau läuft bis 30. November 2018.
jhi/bb (www.bauhaus-imaginista.org)
Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten
Das große Bauhaus-Jubiläum steht bevor: 2019 feiert die deutsche Kunstschule ihren 100. Geburtstag. Doch was macht den Stil so besonders? Wir fassen zusammen, wie und warum das Bauhaus die Welt erobert hat.
Bild: picture alliance/dpa/J. Wolf
Das Bauhaus startete als Kunstschule
Walter Gropius wurde 1919 Direktor des neugegründeten Staatlichen Bauhauses, das aus einer Fusion der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst und der Kunstgewerbeschule Weimar entstand. Zwar kam Gropius als Architekt an die Kunst- und Designschule, trotzdem entstand dort erst 1927 eine eigene Architekturabteilung.
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Es wollte Handwerker und Künstler einen
Im Bauhaus-Manifest von 1919 schrieb Gropius: "Bilden wir also eine neue Zunft der Handwerker ohne die klassentrennende Anmaßung, die eine hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern errichten wollte!" Beeinflusst vom Modernismus, der britischen Arts-and-Crafts-Bewegung und dem Konstruktivismus, warb er für die Idee, dass Design der Gemeinschaft dienen solle.
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Es legte größten Wert auf Funktionalität
Das fundamentale Prinzip der Bauhaus-Bewegung war: "Die Form folgt der Funktion". Gebäude oder Objekte sollten entsprechend ihrer Funktion mittels einfacher, aber eleganter geometrischer Formen gestaltet werden. Beispielhaft für dieses Konzept ist das von Josef Hartwig designete Schachspiel, dessen stilisierte Figuren die möglichen Schachzüge und die Rangordnung erkennen lassen sollen.
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Es wollte ein "Gesamtkunstwerk" schaffen
Durch den interdisziplinären Ansatz der Kunstschule debattierten Professoren und Studierende der bildenden Künste, des Grafikdesigns, der Architektur sowie des Produkt- und Möbeldesigns gemeinsam darüber, wie Menschen in einer modernen Welt leben. Damit entwickelten sie das romantische Konzept des "Gesamtkunstwerks" weiter.
Bild: picture-alliance/dpa
Es beschäftigte berühmte Professoren
An der Bauhaus-Schule unterrichteten einige bedeutende Künstler. Dieses Foto von 1926 zeigt von links nach rechts Josef Albers, Hinnerk Scheper, Georg Muche, Laszlo Moholy-Nagy, Herbert Bayer, Joost Schmidt, Walter Gropius, Marcel Breuer, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Lyonel Feininger, Gunta Stölzl und Oskar Schlemmer.
Bild: picture-alliance/akg-images
Bauhaus-Künstler schmissen legendäre Partys
Obwohl das Bauhaus für seinen minimalistischen Stil bekannt ist, investierten Studierende und Professoren überraschend viel Zeit in den Entwurf von surrealen Party-Kostümen, wie Farkas Molnar in seinem Essay "Life at the Bauhaus" (1925) beschrieb. Aus den improvisierten Feiern entwickelten sich später Großproduktionen, wie das "Triadische Ballett" von Oscar Schlemmer.
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Nazis erzwangen die Schließung der Schule
Politische Spannungen führten mehrmals zur Schließung der Kunstschule. 1925 zog sie von Weimar nach Dessau. Als die Nazis in der Stadt die Kontrolle übernahmen, musste die Schule 1932 abermals schließen. Die Wiedereröffnung in Berlin war von kurzer Dauer. Das Nazi-Regime beschuldigte die Institution, "entartete Kunst" zu schaffen. Im April 1933 wurde der Schulbetrieb endgültig eingestellt.
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Das Bauhaus lebte im Ausland fort
Die ehemaligen Mitarbeiter der Kunstschule ließen sich nicht davon abhalten, die idealistischen Konzepte des Bauhauses aus dem Exil heraus weiter zu verbreiten. Jüdische Architekten waren beispielsweise an der Gestaltung der Weißen Stadt in Tel Aviv beteiligt, die aus rund 4000 Gebäuden im Bauhaus-Stil besteht und seit 2003 zum Weltkulturerbe gehört.
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Das Bauhaus beeinflusst Designer bis heute
Moderne, erschwingliche, modulare Möbel - die meisten denken da heute sicherlich an Ikea. Doch das Konzept wurde nicht in Schweden geboren, sondern ist von den klassischen Arbeiten der Bauhaus-Designer inspiriert. Das Bild zeigt den legendären "Freischwinger" und weitere Möbel, die Marcel Breuer und Ludwig Mies van der Rohe gestaltet haben.
Bild: picture-alliance/ dpa
Das Bauhaus wird 100
Das Bauhaus feiert 2019 seinen 100. Geburtstag mit zahlreichen Sonderausstellungen und drei neuen Museen in den Städten, in denen die Kunstschule einst ihren Standort hatte: in Weimar, Dessau und Berlin (im Bild das Berliner Bauhaus-Archiv). Jubiläumsausstellungen werden Designklassiker präsentieren sowie bisher nie gezeigte Schätze, die am Bauhaus entstanden sind.