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Politik

Kompromiss bei Palmöl-Streit mit Südostasien

Hans Spross
20. Juni 2018

Die neuen EU-Ziele über erneuerbare Energien beinhalten auch die Verbannung von Palmöl aus Biokraftstoff - vollständig allerdings erst 2030. Malaysia und Indonesien sind erleichtert, aber Umweltschützer schäumen.

Palmölplantage
Bild: picture-alliance/dpa

Bei der jüngsten Entscheidung der EU über den verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien wurde auch eine Einigung über das heikle Thema Palmöl im Biosprit erzielt. Heikel ist das Thema deshalb, weil es die Beziehungen und Handelsgespräche zwischen der EU einerseits und den Hauptexportländern Malaysia und Indonesien andererseits belastet. Denn die Umweltschutzlobby und die meisten EU-Parlamentarier wollen den Palmölanteil im sogenannten Biosprit möglichst schnell reduzieren, was für die genannten Länder kurzfristig Exporteinbußen bedeuten würde. Das Europäische Parlament hatte im Januar dafür gestimmt, bis Ende 2020 Palmöl ganz aus dem Transportsektor zu verbannen, was bei den Hauptexportländern die Alarmglocken schrillen ließ. 

Dagegen lässt die vergangene Woche erzielte Einigung zwischen EU-Parlamentariern, Mitgliedsstaaten und EU-Kommission ("Trilog") dem volkswirtschaftlich wichtigen Palmölsektor in Indonesien und Malaysia längere Zeit zur Umstellung. Palmöl im Biosprit soll zwar nicht mehr auf die Klimaziele der EU angerechnet werden. Aber gänzlich soll Palmöl erst 2030 aus dem Treibstoff an europäischen Tankstellen verschwunden sein, der Anteil soll auf dem Niveau von 2019 eingefroren werden und dann von 2023 an schrittweise reduziert werden.

Die Ölpalme ist konkurrenzlos als pflanzlicher Fettlieferant

Rücksicht auf Handelspartner Indonesien und Malaysia

"Dies ist ein bemerkenswerter Durchbruch", sagte der an den Verhandlungen beteiligte niederländische EU-Abgeordnete Bas Eickhout von der Fraktion der Grünen. Es gehe darum, die Nachfrage nach Palmöl als Kraftstoff zu beenden, auch wenn solches Palmöl in der EU reguliert ist, das heißt aus zertifizierten nachhaltig wirtschaftenden Plantagen stammen muss. "Ob zertifiziert oder nicht, der Einsatz von Palmöl ist aus Sicht des Klimaschutzes schlechter als der Einsatz von fossilen Brennstoffen", so Eickhout gegenüber der DW.

Angesprochen auf die Kritik von Umweltschützern,  dass die jetzt erzielte Einigung zu wenig beziehungsweise gar nichts für den Schutz des Regenwaldes tue, sagte Eickhout, dass auch er sich einen schnelleren Abschied vom Palmöl im Biosprit gewünscht hätte. Die jetzige Regelung sei gegen den Widerstand der EU-Kommission vereinbart worden, und auch die EU-Mitgliedsstaaten wären gegen einen strikten Zeitplan für ein Ende der Palmöl-Beimischung im Treibstoff gewesen. Diese Widerstände habe es laut Eickhout  "definitiv" wegen der Freihandelsgespräche mit Malaysia und Indonesien gegeben. Das Wort Palmöl kommt übrigens laut Eickhout im Text nicht vor, auch um Handelsregeln nicht zu verletzen. Vielmehr würden "solche Nahrungs- und Futtermittelpflanzen nicht mehr zu erneuerbaren Energien gezählt, die in großem Maße kohlenstoffreiche Böden (Humus) verdrängen. Und das sind eben die Ölpalmen."

Ganz anders sieht das Vincent Guérend, EU-Botschafter in Indonesien. Wie bereits nach der Abstimmung im EU-Parlament Anfang des Jahres versuchte er auch nach der jetzigen Brüsseler Einigung Besorgnisse in Indonesien über mögliche Einschränkungen seiner Palmölexporte in die EU zu zerstreuen. Man schaue sich alle Biokraftstoffe gleichermaßen an, die EU gehe auch bei ihren verschärften Zielen zum Anteil Erneuerbarer Energien nicht speziell gegen Palmöl vor, wird Guérend von der indonesischen Nachrichtenagentur Antara zitiert. Sein an das indonesische Publikum gerichtete Fazit: Der EU-Markt bleibt für Palmöl (aus Indonesien) weit offen.

Noch immer geht wertvoller Boden für Palmölpflanzungen verlorenBild: Imago/Mint Images

Exportländer beruhigt, Umweltschützer wütend

Während Umweltschützer wie diejenigen von der Organisation "Rettet den Regenwald" die Vereinbarung als völlig unzureichend verdammen, gibt es bislang keine wahrnehmbaren Reaktionen aus den Exportländern Indonesien und Malaysia, oder allenfalls erleichterte. So heißt es in einer Pressemitteilung des Malaysian Palm Oil Council (MPOC): "Die Debatte über Palmöl in der EU hat 18 Monate gedauert. Die jetzt getroffene Entscheidung, Palmöl als Biokraftstoff nicht schon 2021 zu verbieten, ist sehr zu begrüßen und kommt zur rechten Zeit." Auch Dato Aliasak, der Vorsitzende des Kleinbauernverbandes (NASH), der noch im Januar der EU "Agrar-Apartheid" vorgeworfen hatte, zeigte sich zufrieden mit der jetzigen Regelung: "Malaysias Kleinbauern sind froh, dass die EU den Plan eines Palmöl-Verbots zurückgezogen hat. Wir warten noch auf das Kleingedruckte der neuen Direktive, aber wir sind vorsichtig optimistisch." (Ein generelles Palmöl-Verbot hat die EU übrigens nie erwogen, aber in den Exportländern ist das teilweise so angekommen.)

Ähnlich äußerte sich der stellvertretende Regierungschef des malaysischen Bundesstaates Sarawak (Teil der Insel Borneo), James Jemut Masing: "Sollte ein Verbot von Palmöl im Biokraftstoff  in Kraft gesetzt werden, müssen wir andere Märkte finden", wird Masing von "Borneo Post online" zitiert. Das wird offensichtlich nicht als großes Problem angesichts der wachsenden Nachfrage in den Hauptimportländern Indien und China gesehen. So heißt es in der "Borneo Post", dass Sarawak einen "Masterplan" entwickle, um auf zwei Millionen seiner insgesamt 12,5 Millionen Hektar Bodenfläche Ölpalmen anzupflanzen. 

Agrarentwicklungsexperten vermuten mit Blick auf Indonesien, dass die Frist 2030 bis zur Beendigung von Palmöl im Biokraftstoff auch mit der natürlichen Rotationsperiode der Palmöl-Plantagen zu tun haben könnte. Denn etwa 2005 begann in Indonesien der Ausbau der Palmölproduktion wegen der rasant steigenden Nutzung für Biosprit in der EU. Nun sind 25 Jahre in etwa auch die kommerzielle Lebensdauer einer Ölpalme. Die damals angelegten Plantagen hätten mit dem Ende der EU-Förderung ihre Schuldigkeit getan. Möglicherweise ist die somit erzielte Investitionssicherheit ein Grund für die Ruhe in Indonesien nach der EU-Entscheidung, die einen Kompromiss zwischen Handels- und Umweltschutzinteressen darstellt - aus Sicht der Umweltschützer allerdings einen faulen.

Mitarbeit: Brenda Haas

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