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Konflikt in der Karibik: Wie weit eskaliert Donald Trump?

28. Oktober 2025

Die USA haben derart viele und große Kriegsschiffe in die Karibik entsandt, dass Beobachter daran zweifeln, dass es ausschließlich um Drogenbekämpfung geht. Besonders Venezuela wird nervös. Was steckt dahinter?

Ein Angler blickt auf das US-Kriegsschiff USS Gravely
Die USS Gravely vor der Küste von Trinidad und Tobago - der Inselstaat und Nachbar Venezuelas kooperiert mit den USA bei deren MissionBild: Martin Bernetti/AFP/Getty Images

Der Flugzeugträger USS Gerald Ford ist mit 13 Milliarden US-Dollar Baukosten das teuerste Kriegsschiff der Welt. Der über 330 Meter lange Koloss und seine Begleitschiffe haben auf Geheiß von US-Präsident Donald Trump Kurs genommen auf das Karibische Meer. Dort soll der Flugzeugträger mit seinen Dutzenden Kampfflugzeugen und Hubschraubern an Bord die Schlagkraft der bereits in der Region stationierten Schiffe und Einheiten unterstützen.

Der Gegner, laut offiziellen Aussagen: international tätige Drogenkartelle, die ihre Schmuggelware mit Booten in Richtung USA transportieren. Trump bezeichnete die Kartelle kürzlich als den "IS der westlichen Hemisphäre". Seit August haben die USA in der Karibik dutzende Personen getötet, ohne Beweise für deren Verwicklung in Drogengeschäfte offenzulegen. Ende Oktober vermeldete Kriegsminister Pete Hegseth vier versenkte Schmugglerboote mit 14 Toten im Ostpazifik. Völkerrechtler zweifeln an der Legalität dieser Methode.

Der US-Kongress lässt Trump hingegen weitgehend freie Hand: Die Republikaner im Senat blockierten einen Gesetzentwurf der Demokraten, der eine legislative Mitbestimmung bei den Militärschlägen gegen Kartelle einforderte.

"Das ist ein bedeutender Aufmarsch", sagte Christopher Hernandez-Roy gegenüber der DW. Er beschäftigt sich bei der US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS) mit Geopolitik auf dem amerikanischen Doppelkontinent. "So etwas haben wir seit einer Generation nicht mehr gesehen - und als Anti-Drogen-Operation ist es größer als alles, was wir je gesehen haben."

Der Schluss liegt also nahe, dass die Armada es nicht allein auf Schmugglerboote abgesehen hat. Und so steigt südlich der Karibik die Nervosität.

Was hat Trump wirklich vor?

Besonders im Fokus steht das ölreiche Venezuela: Die USA üben seit langem scharfe Kritik an dessen Machthaber Nicolas Maduro und erkennen auch seine jüngste Amtseinführung im Januar mit Verweis auf Wahlfälschungen nicht an. Im August verdoppelte Trump das auf Maduro ausgesetzte Kopfgeld auf 50 Millionen Dollar - doppelt so hoch wie einst auf Osama Bin Laden. Nach Darstellung der USA steht Maduro an der Spitze eines Drogenkartells, in das auch Teile der venezolanischen Streitkräfte eingebunden sein sollen.

Die USA haben im 20. Jahrhundert mehrere Machtwechsel in Lateinamerika herbeigeführt; zuletzt in Panama 1989. Mitte Oktober genehmigte Trump eine verdeckte CIA-Operation in Venezuela. Und einige der Kriegsschiffe üben derzeit vor dem Inselstaat Trinidad und Tobago, also direkt vor der Haustür Venezuelas.

"Hier liegt zumindest die Vermutung nahe, dass es über die Drogenbekämpfung hinaus politische Gründe gibt für die Trump-Administration, diese militärische Drohkulisse aufzubauen", sagt Sascha Lohmann, Politikwissenschaftler bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), zur DW. Es sei deutlich, dass es über den sogenannten Anti-Drogen-Krieg hinausgehe. "Es ist aber auch gleichzeitig nicht besonders klar, inwiefern man hier auf einen offenen Regime-Change drängt."

Zumindest als Nebenprodukt könne Trump gut mit einer Absetzung Maduros leben, mutmaßt Lohmann. "Die größte Rolle spielen sicherlich die Ressourcen, sowohl die fossilen Ressourcen als auch andere Rohstoffe, die man bräuchte, um den Technologiewettbewerb weiter zu forcieren, gerade mit Blick auf China." Venezuela besitzt neben Öl auch große Vorkommen etwa an Gold, Eisen, Bauxit und Coltan. Mitte Oktober berichtete die "New York Times", Trump habe ein Angebot Maduros über bevorzugte Zugänge zu Bodenschätzen ausgeschlagen

Wie reagiert Lateinamerika?

Maduro selbst warf den USA "eine feindselige Provokation gegen Venezuela und eine ernsthafte Bedrohung für den Frieden in der Karibik" vor. Er stellte sich als Garant des Friedens dar, sprach an anderer Stelle aber auch von den "nicht weniger als 5000" Kurzstreckenraketen, über die seine Armee verfüge. Maduro ordnete zudem Übungen zur Abwehr einer Invasion an der Küste an.

Venezuelas Streitkräfte halten derzeit Übungen ab - hier in der Hauptstadt CaracasBild: Ivan McGregor/Anadolu/picture alliance

Seit kurzem ebenfalls auf den US-Sanktionslisten steht Gustavo Petro, Präsident des Nachbarlands Kolumbien. Ihm werfen die USA die Zusammenarbeit mit Drogenkartellen vor. 

"Ich bezweifle, dass die lateinamerikanischen Länder einheitlich reagieren werden", meint jedoch Marcela Donadio, Exekutivsekretärin des Lateinamerikanischen Sicherheits- und Verteidigungsnetzwerks (RESDAL). "Die Region ist nicht nur gespalten, sondern hat in jedem Land auch mit vielen internen Problemen zu kämpfen."

Brasilien etwa steuert gerade vorsichtig auf eine Einigung mit den USA über ein neues Zollabkommen zu. Trump hatte rund um die erstinstanzliche Verurteilung des Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro wegen eines versuchten Staatsstreichs massiv gegen die brasilianische Justiz gewettert und hohe Strafzölle verhängt.

Venezuelas Staatschef Nicolas Maduro bei einer militärischen Veranstaltung neben Verteidigungsminister Vladimir PadrinoBild: Marcelo Garcia/Venezuelan Presidency/AFP

Donadio sagte der DW, sie hoffe in der derzeitigen Krise auf eine gemeinsame Vermittlungsinitiative starker Länder wie Chile, Mexiko und Brasilien. "Denn die internen Folgen einer Intervention in Venezuela wären gravierend: Eine von einem externen Akteur eingesetzte Regierung ist nicht die beste politische Lösung, selbst wenn die Opposition den Friedensnobelpreis erhalten hätte," sagte Donadio. Gemeint ist Oppositionsführerin María Corina Machado, die ihren Preis laut eigener Aussage dem venezolanischen Volk widmen will - und Donald Trump. Besonders in Außenminister Marco Rubio hat Machado einen mächtigen Fürsprecher in der US-Regierung.

In den Krieg ziehen - und "Friedens-Präsident" bleiben?

Trump wünscht sich bekanntermaßen selbst den Friedensnobelpreis. Zudem ist der Slogan "keine endlosen Kriege mehr" eng mit seiner MAGA-Bewegung verflochten. Kann der selbsternannte "Friedens-Präsident" Trump einen derartigen Militäreinsatz überhaupt politisch rechtfertigen?

Während Trump sich dem Frieden verschreibt, schwört der inzwischen als Kriegsminister titulierte Pete Hegseth (links) die US-Militärführung auf Kriegsvorbereitungen einBild: Evan Vucci/AP Photo/picture alliance

SWP-Politikwissenschaftler Sascha Lohmann verweist darauf, dass der Trump-nahe Aktivist Charlie Kirk sich kurz vor seiner Ermordung im September durchaus positiv über den damals beginnenden Aufmarsch in der Karibik geäußert hatte. "Das heißt, auch hier ist es gar nicht so klar, ob die Basis das wirklich ablehnt", sagt Lohmann, "zumindest, wenn es nicht dazu führt, dass man mit Bodentruppen oder sonstigen militärischen Eingreifen sich dort in irgendeiner Weise verheddert."

Denn in Trumps Lager gebe es durchaus Unterstützung für ein außenpolitisches Konzept, das als Neuauflage der Monroe-Doktrin von 1823 gilt. James Monroe, der fünfte Präsident der USA erklärte damals gegenüber den europäischen Kolonialmächten seinen Hegemonialanspruch auf die westliche Hemisphäre, also insbesondere auf den amerikanischen Doppelkontinent, die Karibik sowie Grönland. Letzteres sah sich in diesem Jahr bereits verbalen Eroberungsdrohungen Trumps ausgesetzt. In der zunehmend multipolaren Welt sehen Teile von Donald Trumps Anhängerschaft "Monroe 2.0" bzw. "Donroe" als zeitgemäß außenpolitisches Konzept für die USA.

Aus Sascha Lohmanns Sicht beschreibt "Donroe" einen neuen Umgang mit den Nachbarn der USA: "Hier geht es nicht mehr darum, ausländische Einflüsse aus der westlichen Hemisphäre fernzuhalten, sondern fast schon im imperialen Gestus den Einfluss der Vereinigten Staaten in der westlichen Hemisphäre, insbesondere in Latein- und Südamerika, zu vergrößern, gewogene politische Führer zu belohnen, andere, die sich auflehnen und Kritik zeigen, zu bestrafen."

Target Venezuela: Drug war or US power grab?

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Mitarbeit: Victoria Dannemann (DW Spanisch), Lisa Hänel / Grzegorz Szymanowski / Annekatrin Utke (MappedOut)