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KonflikteIsrael

Konflikt zwischen Israel und Hamas: Wer könnte vermitteln?

Cathrin Schaer
13. Oktober 2023

Die USA, die EU und China haben ihre Hilfe angeboten, einen Weg aus der eskalierenden Gewalt in Nahost zu finden. Doch auch die Länder in der Region sind gefordert - aus humanitären und diplomatischen Gründen.

Kinder stehen auf den Trümmern eines Gebäudes im Vordergrund fliegt ein weiße Taube auf.
Noch ist unklar, wie der militärische Konflikt zwischen Israel und der palästinensischen Hamas gelöst werden kannBild: Ibraheem Abu Mustafa/REUTERS

Mehr als 1300 Todesopfer hat Israel bereits zu beklagen, seit die militant-islamistische Hamas am vergangenen Wochenende ihren brutalen Terrorangriff auf das Land startete. Damit ist der jahrzehntelange Konflikt in der Region erneut eskaliert.

Die israelische Luftwaffe spricht von 6000 Bomben, die sie über dem Gazastreifen abgeworfen hat - einem Gebiet, das rund 40 Kilometer lang und im Durchschnitt weniger als zehn Kilometer breit ist und zu den am dichtesten besiedelten Flecken der Erde zählt. Diesen massiven Luftangriffen sind bereits etwa 1800 Menschen zum Opfer gefallen. Um die etwa 100 Geiseln zu befreien, die die Hamas im Gazastreifen gefangen hält, hat Israel zudem eine Blockade des Gebiets mit rund 2,2 Millionen Einwohnern verhängt.

Bei dem Terrorangriff der Hamas auf Israel wurden bisher mehr 1300 Israelis getötetBild: RONEN ZVULUN/REUTERS

Vom Libanon aus feuerte zudem die ebenfalls militant-islamistische Hisbollah Raketen auf israelisches Gebiet ab, um die Hamas zu unterstützen. Beide Organisationen - palästinensische Hamas und die libanesische Hisbollah-Miliz - werden von den USA, Deutschland, Israel und vielen weiteren - auch einigen arabischen - Ländern als terroristische Vereinigungen eingestuft. Beide werden unter anderem vom Iran unterstützt.

Müssen Länder in der Region die Führung im Nahost-Krieg übernehmen?

Die internationale Gemeinschaft versucht, in dem Konflikt zu vermitteln. Mehrere Länder haben bereits angeboten, bei der Rückführung der Geiseln nach Israel mitzuwirken, einen humanitären Korridor für die unter Beschuss stehende palästinensische Zivilbevölkerung einzurichten und auch einen möglichen Waffenstillstand auszuhandeln.

Die Vereinigten Staaten, europäische Länder, Russland und China haben sich alle bereit erklärt, zu helfen. Doch Sanam Vakil, Direktorin des Nahost-Nordafrika-Programms der britischen Denkfabrik Chatham House, ist der Überzeugung, dass die Länder in der Region selbst die Führungsrolle übernehmen müssen: "Auch wenn die USA, China und andere internationale Akteure weiterhin eine wichtige Rolle spielen mögen, sollten es die Länder [in der Region] sein, die die Führung übernehmen", schreibt sie diese Woche in einem Kommentar.

Hamas – die Organisation hinter den Angriffen auf Israel

01:54

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Im März gelang China der diplomatische Coup, die Erzfeinde Saudi-Arabien und Iran an einen Tisch zu bringen. Und auch jetzt haben die Chinesen ihre Bereitschaft signalisiert, vermittelnd einzugreifen. Sie wissen jedoch, dass sie hierfür mit Ägypten zusammenarbeiten müssen. Aufgrund ihrer engen Verbindungen mit Israel sind auch die USA ein unverzichtbarer Partner in Verhandlungen, doch um den Kontakt mit der Hamas herzustellen, sind andere Akteure erforderlich.

Die Motivation sollte vorhanden sein, so Vakil: "Im ganzen Nahen Osten geht die Sorge um, dass die Region in einen größeren Krieg verwickelt wird." Palästinenser in anderen Teilen Israels, im benachbarten Jordanien und Ägypten, Libanon und sogar Iran könnten dort hineingezogen werden, befürchtet die Expertin. "Auch die arabischen Golfstaaten machen sich Sorgen, dass die innere Sicherheit in ihren Ländern gefährdet sein könnte."

Ägypten sträubt sich gegen Flüchtende aus Gaza

Israels Nachbarland Ägypten ist in jedem Falle betroffen, denn es kontrolliert den einzigen Grenzübergang des Gazastreifens außerhalb Israels. Die Weltgesundheitsorganisation, die Vereinten Nationen und das Rote Kreuz stehen bereit, die Einrichtung eines humanitären Korridors in das abgeriegelte Gebiet zu unterstützen. Auch der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi betonte diese Woche, humanitäre Hilfe müsse in den Gazastreifen hineingelassen werden. Dafür sei der Grenzübergang Rafah auch offen, teilte das ägyptische Außenministerium mit. Doch Israel hat die palästinensische Seite im Laufe der Woche mehrfach bombardiert.

Auch Rafah, wo sich der einzige Grenzübergang nach Ägypten befindet, geriet unter israelischen BeschussBild: SAID KHATIB/AFP/Getty Images

Über den Grenzübergang könnten freilich auch Menschen den Gazastreifen verlassen. Doch das will Ägypten offenbar nicht zulassen. Bereits 2008, als Israel den Gazastreifen zum ersten Mal abriegelte, flohen palästinensische Zivilisten nach Ägypten: "Ägypten möchte den Grenzübergang für humanitäre Hilfe, Lebensmittel und Medikamente öffnen, doch Instabilität und eine Ausweitung des Konflikts führen zu mehr Leid und mehr Flüchtlingen", sagte der Außenminister des Landes diese Woche. Diese Haltung geht Hand in Hand mit der Position, die Ägypten in diesem Konflikt schon immer eingenommen hat: Palästinenser und Israelis müssen ihre Probleme untereinander lösen, ohne dass die Palästinenser vertrieben und dazu gezwungen werden, ihre Häuser aufzugeben.

Präsident Al-Sisi betrachtet die Hamas zudem als Sicherheitsrisiko, denn nach seiner Meinung steht sie seinem wichtigsten politischen Rivalen, den Muslimbrüdern, zu nahe. Andere Länder in der Region, beispielsweise Katar, pflegen hingegen engere Kontakte zur Hamas.

Das alles kann sich jedoch noch ändern, wenn sich die Situation weiter verschlechtern sollte und tausende verzweifelte Palästinenser versuchen, die Grenze nach Ägypten zu überqueren. Den Krankenhäusern im Gazastreifen geht eigenen Angaben zufolge der Strom aus, bald werden sie nicht mehr in der Lage sein, Verletzte zu operieren. Israelische Bomben haben ganze Viertel in Schutt und Asche gelegt und fast eine halbe Million Menschen musste ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Die israelische Armee hat 1,1 Millionen Menschen im Norden des Gazastreifens aufgefordert, sich in den Süden zu begeben - also in Richtung Ägyptens und des Grenzübergangs Rafah.

Verschlechtert sich die Lage weiter, heißt es in der unabhängigen ägyptischen Online-Zeitung Mada Masr, wird Ägypten möglicherweise gezwungen sein, weitere palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen.

Jordanien als humanitärer Helfer 

Jordanien zählte zu den ersten Ländern, die ein Flugzeug mit Hilfsgütern für Gaza nach Ägypten schickten, und sicherte den Vereinten Nationen für den Einsatz in Gaza vier Millionen Euro zu. Das Land grenzt ebenfalls an Israel und hat sich im Laufe der Geschichte schon häufiger als Gesprächspartner angeboten. 1994 wurde der jordanischen Königsfamilie im Rahmen des jordanisch-israelischen Friedensvertrags die Rolle der Hüterin einiger der heiligsten muslimischen und christlichen Stätten zugestanden. Doch mit der Hamas pflegt Jordanien Analysten zufolge keine guten Beziehungen.

Während der Eröffnung der neuen Sitzungsperiode des jordanischen Parlaments sagte König Abdullah II. Anfang der Woche, einen Frieden in Nahost könne es nur "auf Grundlage einer Zwei-Staaten-Lösung" geben. Es müsste also zwei unabhängige benachbarte Staaten, Israel und Palästina, geben. Doch obwohl viele Politiker dies als mögliche Lösung handeln, sind sich die meisten Expertinnen und Experten einig, dass eine Zwei-Staaten-Lösung schon seit Jahren nicht mehr umsetzbar ist.

Die Beziehungen zwischen Jordanien und den USA sind jedoch gut und der jordanische König betonte, dass er mit dem US-Außenminister Antony Blinken bei dessen Besuch diese Woche sprechen werde. Außerdem hat er mit Staats- und Regierungschefs anderer europäischer und arabischer Länder gesprochen.

Verhandelt Katar in der Geiselfrage?

Engere Beziehungen zur Hamas pflegt in der Region zum Beispiel Katar. Die militante islamistische Organisation unterhält in dem kleinen Golf-Staat mit den großen Öl- und Gasreserven ein Büro. Mehrere hochrangige Hamas-Vertreter leben in der Hauptstadt Doha. Zwischen dem politischen Büro, das die Politik bestimmt, und ihrem militärischen Personal bewahrt die Organisation eine gewisse Trennung.

Ismail Hanija, Chef des politischen Arms der Hamas (2. v.l.,ohne Mundschutz), pendelt zwischen Katar und der Türkei. Hier trifft er den marokkanischen Premier Saadeddine Othmani (v.r.)Bild: AA/Stringer/picture alliance

Seit 2020 pendelt Ismail Hanija, der in Gaza geborene politische Führer der Gruppe, zwischen Katar und der Türkei. Den ägyptischen Grenzübergang darf er nicht mehr passieren. Fast eine Woche nach dem terroristischen Angriff auf Israel berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, Katar versuche sowohl einen Waffenstillstand auszuhandeln als auch einen Austausch von Geiseln der Gewalt der Hamas gegen 36 palästinensische Frauen und Kinder in israelischen Gefängnissen.

Katar hat schon früher zwischen Hamas und Israel vermittelt und geholfen, Gespräche zwischen dem Iran, einem der wichtigsten Unterstützer der Hamas, und den USA zu organisieren. Einer von der Nachrichtenagentur Reuters zitierten Quelle zufolge sind die USA an den aktuellen Gesprächen beteiligt, bei denen sich Fortschritte abzeichneten. Eine israelische Quelle widersprach dem jedoch: Es gebe keine Verhandlungen.

Die Verbindungen der Türkei zur Hamas

Die Türkei ist NATO-Mitglied und hat sich schon oft für die palästinensische Sache eingesetzt. Sie gestattet es der Hamas, Büros im Land zu unterhalten, und hat in der jüngsten Vergangenheit hochrangige Vertreter palästinensischer Organisationen zu Gesprächen nach Istanbul eingeladen. Anders als die USA und seine Bündnispartner in Europa betrachtet Erdogan Hamas nicht als terroristische Organisation. Auch die türkische Regierung hat in dieser Woche bereits angeboten, zwischen Hamas und Israel zu vermitteln.

Das Verhältnis zwischen Israel und der Türkei war seit 2010 angespannt. Damals hatten Spezialkräfte der Israelis zehn türkische Besatzungsmitglieder eines Schiffskonvois getötet, mit dem nach Auffassung Israels illegal Hilfsgüter über den Meeresweg nach Gaza gebracht werden sollten. Erst kürzlich hatten sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder entspannt, 2022 kam es zur sogenannten Normalisierung.

Diese verbesserten Beziehungen hielten den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan jedoch nicht davon ab, die Bombardierung des Gazastreifens durch Israel als "Massaker" zu verurteilen. Auch die USA kritisierte er dafür, Kriegsschiffe in die Region zu verlegen.

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

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