Kongo: Mit der Kirche aus der Sackgasse?
8. November 2017Für Kritiker klingt es wie Hohn: Erst im Dezember 2018 soll ein Nachfolger für Präsident Kabila gewählt werden. Dabei war dessen Mandat bereits im Dezember 2016 abgelaufen. Am Sonntag gab die Wahlkommission den neuen Wahltermin bekannt - und erntet viel Widerspruch. Von einem "frei erfundenen Wahlkalender", schrieb der Oppositionspolitiker Moise Katumbi auf Twitter.Ziel der Regierung sei es offenbar, "die Unsicherheit und die Not der Menschen zu verlängern". Eigentlich hatten Regierung und Opposition im Dezember 2016 vereinbart, dass die Wahlen bis Ende dieses Jahres stattfinden sollten.
Auch Augustin Kabuya, Sprecher der wichtigsten Oppositionspartei UDPS, ist verärgert. Corneille Nangaa, der Leiter der Wahlkommission CENI, habe mit der Festlegung des Wahltermins nichts anderes getan, als Präsident Kabila das Wort zu reden. Damit wolle er seine eigene Macht sichern. Die UDPS fordert daher den Rücktritt Nangaas. "Er hat sich bereits unglaubwürdig gemacht", meint Kabuya im DW-Interview. "Erst sagt er, dass es vor 2019 keine Wahlen geben kann, und jetzt spricht er von Wahlen Ende 2018. Mit ihm wird es keine fairen Wahlen geben." Außerdem besteht die Opposition darauf, dass Kabila Ende 2017 zurücktritt. So sieht es auch das Silvesterabkommen vor.
Kirche zwischen den Stühlen
Die Fronten sind abgesteckt - Kompromisse scheinen schwierig. Die katholische Bischofskonferenz im Kongo (CENCO) will helfen. Sie hat bereits das Silvesterabkommen vom Dezember 2016 ausgehandelt. Vom neuen Wahltermin waren die Bischöfe überrascht. Doch das Silvesterabkommen sei damit nicht hinfällig, sagte CENCO-Generalsekretär Donatien Nshole im Gespräch mit der Deutschen Welle: "Das Abkommen hatte Wahlen Ende 2017 vorgesehen. Es gab jedoch die Option, die Frist im Notfall zu verlängern. Wir haben unsere Meinung dazu gesagt. Wir gingen davon aus, dass es bis Juni 2018 Wahlen geben kann." Das Wesentliche sei aber, dass beide Seiten guten Willens sein müssten, um das Land zu retten, sagte Nshole. Die Bischofskonferenz werde sich bei allen Parteien darum bemühen.
Es ist eine enorme Aufgabe - sogar für die weithin angesehene katholische Kirche. Mehrmals schon steckten die Verhandlungen in der Sackgasse. Im März hatte die CENCO schon als Vermittler zwischen Regierung und Opposition hingeschmissen. In der turbulenten Geschichte des Landes hatten die Bischöfe immer wieder klar für die Sache der Bevölkerung Partei ergriffen. Dabei habe sie sich oft deutlich als Opposition gegenüber dem Präsidenten geriert, sagt Gesine Ames, Kongo-Expertin vom Ökumenischen Netz Zentralafrika. "Mit dem Silvesterabkommen vom vergangenen Jahr hat sie es aber geschafft, der hohen Gewaltbereitschaft auf beiden Seiten Einhalt zu gebieten, und damit eine, wenn auch brodelnde, Ruhe zu erreichen", sagte Ames der DW.
Geschlossenheit bleibt fernes Ziel
Doch diese Ruhe ist immer aufs Neue gefährdet. Vergangene Woche kam es zu Gewalt, als die Polizei eine Anti-Kabila Demo in der Stadt Goma im Osten des Landes auflöste. Nach UN-Angaben starben dabei vier Menschen. "Gewalt erzeugt immer wieder Gegengewalt", sagt Ames, "und im Kongo gibt es so viel unaufgeklärte Gewalt, dass sich diese Spirale fortsetzen wird. Gleichzeitig agiere die Regierung immer repressiver." Sie verweist auf einen Gesetzesentwurf, der die Freiheiten von Nichtregierungsorganisationen massiv einschränken würde: "Das ist ein sehr gefährliches Gesetz, das NGOs in der Zivilgesellschaft zu störenden Elementen deklassiert."
Der Zeitplan für die Wahlen - in Ames' Augen eine Provokation - und Kabilas Schweigen, ob er trotz Verbots für eine dritte Amtszeit antreten wird - dürften neues Öl ins Feuer gießen. Die Jugendorganisation LUCHA hat bereits zu neuen Protesten aufgerufen. Ab dem 28. November will sie den Kongo lahmzulegen: Straßen, Flughäfen und Verwaltungsgebäude sollten blockiert werden, bis Kabila abdanke. In einer solchen Situation müsse alles daran gesetzt werden, die Gewalt im Zaum zu halten. Eine gemeinsame Position aller Kirchen im Land sei überfällig, sagt Ames. Die Regierung müsse ihrerseits ihre Bereitschaft zum Wechsel signalisieren - durch mehr Transparenz und eine Reform der Wahlkommission.
Mitarbeit: Blaise Dariustone, Kate Hairsine