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Kongos Flüchtlingslager und der Kampf gegen Mpox

Zanem Nety Zaidi | Silja Fröhlich
27. August 2024

Die Mpox-Epidemie breitet sich in Subsahara-Afrika aus und trifft vor allem die Flüchtlingslager der DR Kongo. NGOs und die Regierung fordern die Lieferung von Impfstoff und appellieren an die internationale Solidarität.

DR Kongo | Mpox Fälle in Süd-Kivu: Eine Person zeigt Pocken-ähnliche Pusteln auf Armen und Händen
Zu einer Mpox-Infektion gehören Pocken-ähnliche Pusteln auf der Haut Bild: Ruth Alonga/DW

In der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) ist der Kampf gegen die Infektionskrankheit Mpox in vollem Gange. Wie dringend Hilfe gebraucht wird, ist im Munigi-Gesundheitszentrum im Gebiet Nyiragongo in der Provinz Nord-Kivu deutlich spürbar: In den Zelten arbeitet das medizinische Personal unermüdlich, um bestätigte Fälle zu behandeln und die Ausbreitung der Krankheit zu stoppen.

Seit Mitte Juni sind im Munigi Health Center im Osten der DR Kongo mehr als 280 Mpox-Verdachtsfälle registriert worden. 75 Prozent davon sind Kinder unter zehn Jahren. Insgesamt haben die Behörden allein in Nord-Kivu mehr als 500 nachgewiesene Mpox-Fälle gemeldet.

Nyota Aziza ist einer der vielen Patienten, die in Munigi behandelt werden. "Ich hatte Fieber und starke Kopfschmerzen", erzählt sie der DW. "Meine Verwandten haben gesagt, das seien die Pocken. Sie haben mich hierher ins Krankenhaus gebracht und die Ärzte kümmern sich um alles."

Kinder sind besonders gefährdet

Zur Behandlung werden die Patienten ins Nyiragongo General Hospital eingewiesen. Dort hat die Organisation Medair ein Zentrum eingerichtet, in dem sie sich vorrangig um die Schwächsten kümmert. Laut Medair-Krankenschwester Tresor Basubi ist die Situation besorgniserregend.

"Jeden Tag bekommen wir neun Patienten mit denselben Mpox-Symptomen", sagt Basubi. "Im Moment gibt es keine spezifische Behandlung. Die Behandlung richtet sich nach den Symptomen, die der Patient zeigt." Die Erkrankung verursacht unter anderem Fieber, Muskelschmerzen und Pocken-ähnliche Pusteln auf der Haut. 

Ngashi Ngongo, Leiter des Africa Center for Disease Control and Prevention (Africa CDC) in Kinshasa, erklärt im Interview mit der DW, dass Nichtregierungsorganisationen und afrikanische Regierungen die Bevölkerung mobilisieren, um das Virus zu bekämpfen. In der DR Kongo hätten sich beispielsweise Interessenvertreter und mit dem Finanzminister und dem Premierminister getroffen. "Diese Regierung ist wirklich aufgewacht."

Neue Mpox-Variante in Afrika: WHO ruft weltweite Notlage aus

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Der Mpox-Ausbruch hat die DR Kongo am stärksten getroffen: Nach Angaben des Africa CDC wurden in dem zentralafrikanischen Land bisher mindestens 17.342 Verdachtsfälle und 3167 durch Labortests bestätigte Fälle registriert. Das Virus hat bereits 582 Todesopfer gefordert.

Hygiene als Herausforderung

Besonders schnell breitet sich die Krankheit in den Lagern für Binnenvertriebene in der DR Kongo aus. Im Osten der DR Kongo leben rund 750.000 Menschen, die vor dem Konflikt zwischen Regierung und Rebellen in der Region geflohen sind. Hier ist Aufklärung besonders wichtig. 

"Wir sensibilisieren die Menschen für Mpox und haben ihnen erklärt, wie sie sich schützen können und warum es sich um eine sehr gefährliche Krankheit handelt", so Furaha Bineyo, eine Vertriebene, gegenüber der DW. "Die Krankheit wird durch Körperkontakt übertragen, deshalb muss man sehr auf die Hygiene achten und sich jedes Mal die Hände waschen."

Tatsächlich sind einige Fachleute optimistisch, dass die Epidemie unter Kontrolle gebracht wird. Pierre Olivier Ngadjole, Gesundheitsberater von Medair, betont, dass die Heilungsrate hoch sei. Weil sie mit den Menschen im Gespräch seien, kämen sie frühzeitig: "Wir haben eine geschätzte Heilungsrate von über 90 Prozent, ohne dass wir bisher Todesfälle hatten."

In Süd-Kivu wurden mehr als 800 Mpox-Fälle gemeldet - viele Kinder sind betroffenBild: Ruth Alonga/DW

Besonders gefährdet seien Kinder, erklärt Ngashi Ngongo vom Africa CDC. "Die Ansteckungsrate bei Kindern ist so hoch, weil ihre Körperkontakte so intensiv sind." Gleichzeitig müssten sich ihr Immunsystem und ihre Abwehrkräfte erst noch entwickeln. Knapp 40 Prozent der Kinder in der DR Kongo seien zudem chronisch mangelernährt. Ngongo ist äußerst besorgt darüber, dass Schulen wieder geöffnet werden - dadurch könnte die Infektionsrate unter Kindern drastisch ansteigen.

Grenzkontrollen sind keine Gesundheitskontrollen

Auch in anderen Ländern der Region verbreitet sich Mpox. In den vergangenen Tagen wurden in Kongo-Brazaville 21 neue Mpox-Fälle registriert, seit Anfang des Jahres waren es 158. Burundi bestätigt 171 Fälle, Kenia zwei und das benachbarte Uganda insgesamt vier Fälle. Gabun hat seinen ersten Mpox-Fall registriert.

Das Virus reist relativ ungehindert. An den Grenzen gibt es keine Gesundheitskontrollen. Der Arzt Hemedi Tresor sorgt sich: "Es gibt keine sanitären Einrichtungen an unseren Flughäfen und Grenzen. Und wir wissen, mit welcher Geschwindigkeit sich die Krankheit verbreiten kann."

Gesundheitsbeamte sensibilisieren kongolesische Gemeinden für MpoxBild: Augustin Mudiayi/MSF/AP/dpa/picture alliance

Der ugandische Lkw-Fahrer Aman Lukondo erzählt der DW, Reisende aus Ländern wie Ruanda, BurundiTansania, und Uganda würden an den Grenzen zur DR Kongo nicht über den Mpox-Ausbruch informiert. "Ich komme aus Uganda, und ich habe niemanden gesehen, der mir gesagt hat, ich solle Vorsichtsmaßnahmen treffen."

Samuel Roger Kamba, kongolesischer Minister für öffentliche Gesundheit, wiegelt ab. "Wie sehen keinen Grund, uns über Flugzeuge oder andere Dinge zu sorgen. Denn vergangenes Jahr gab es einen internationalen WHO-Alarm, aber kein Flugverbot. Dieses Jahr ist es dasselbe." Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat jüngst eine sogenannte gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite ausgerufen, weil sich eine neue Mpox-Virusvariante ausbreitet. 

Mpox-Impfstoffe für Nigeria

Dabei gibt es eine Schutzimpfung gegen die Krankheit, die früher auch als Affenpocken bekannt war. Die ersten 10.000 Impfdosen sollen diese Woche in Afrika eintreffen. Sie werden von dem dänischen Biotech-Unternehmen Bavarian Nordic hergestellt und von den Vereinigten Staaten gespendet. Sie sind jedoch nicht für die DR Kongo, sondern für Nigeria bestimmt. Die Lieferung ist das Ergebnis jahrelanger Gespräche zwischen den beiden Regierungen, so eine Quelle, die in den Prozess involviert war und sich nur anonym äußern wollte.

In Nigeria gab es in diesem Jahr 786 Verdachtsfälle, aber keine Todesfälle. Die US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) hat nach eigenen Angaben ebenfalls 50.000 Dosen für die DR Kongo gespendet, doch steht das Ankunftsdatum noch nicht fest. Deutschland hat angekündigt, ebenfalls 100.000 Impfdosen gegen Mpox an betroffene Länder vor allem in Afrika zu spenden.

Mehrere Regierungsvertreter und Wissenschaftler haben die schleppenden Lieferung von Impfstoffen kritisiert. Die WHO brauchte bis August, um das Verfahren einzuleiten, das erforderlich ist, um armen Ländern über internationale Agenturen einen einfachen Zugang zu großen Mengen an Impfstoffen zu ermöglichen. Dies zwang afrikanische Regierungen und das Africa CDC, reiche Länder um Impfstoffspenden zu bitten.

Um die Mpox-Epidemie zu bekämpfen, werden dringend Impfstoffe benötigtBild: REUTERS

Keines der betroffenen Länder besitze Impfstoffe, sagt Ngashi Ngongo vom Africa CDC. "Wir brauchen internationale Partner, um diesen Ländern zu helfen. Eine einzige Dosis kostet die europäischen Länder 200 Euro. Für die meisten afrikanischen Länder wird es schwierig sein, sich die Impfstoffe zu leisten."

Die DR Kongo habe drei Millionen Impfstoffdosen angefordert, aber sie könne das Geld dafür nicht aufbringen. Darum habe die Regierung mit der EU-Behörde Health Emergency Preparedness and Response Authority (HERA) ausgehandelt, dass sie die Impfstoffe für etwa 140 Euro pro Dosis kaufen können. 

Ngongo kämpft um internationale Solidarität. Eine Lehre aus der COVID-19-Pandemie ist jedoch, dass solche Hilfe aus dem Ausland schnell verpuffen kann, wenn die Geber meinen, sie sollten den Impfstoff zum Schutz ihrer eigenen Bevölkerung behalten.

Ruth Alonga in Goma, Jean Noel Ba-Mweze in Kinshasa und Tomi Oladipo haben zu diesem Artikel beigetragen.

Silja Fröhlich Redakteurin, Reporterin und Moderatorin
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