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Politik

Lange Liste, wenig Chance auf Wandel

Martina Schwikowski
19. September 2018

Die Demokratische Republik Kongo soll im Dezember einen neuen Präsidenten wählen. Die Opposition hat laut Experten nur mit einem gemeinsamen Kandidaten eine Chance. Doch auf der Liste stehen viel mehr Namen.

Kongo Protest gegen Joseph Kabila in Kinshasa
"Weg mit Kabila" fordern Demonstranten in Kongos Hauptstadt Kinshasa (Archivbild). Wer kommt danach?Bild: Getty Images/AFP/J. Kannah

21 Kandidaten stehen auf der endgültigen Kandidatenliste, die die kongolesische Wahlkommission vergangene Woche veröffentlicht hat. Die Aufstellung scheint nicht sehr vielversprechend für einen Neuanfang in dem von Krieg zerrütteten Kongo: Zu stark ist der Einfluss des Noch-Präsidenten Joseph Kabila. Der hatte zwar im August auf seine dritte - nicht verfassungsmäßige - Kandidatur verzichtet, aber er schickt stattdessen seinen früheren Innenminister Emmanuel Ramazani Shadary ins Rennen. Shadary ist Kabila treu ergeben und besitzt selbst keine starke Basis innerhalb der Regierungspartei, sagen Experten.

Wenig Hoffnung auf Wandel

"Shadary ist ganz klar der Wunschkandidat von Joseph Kabila - er hat ihn nominiert. Er ist loyal gegenüber der Präsidentenfamilie. Sollte er das Amt übernehmen, wird es einen Kabila-freundlichen Kurs geben", sagte Gesine Ames vom Ökumenischen Netz Zentralafrika in einem Interview mit der DW. "Das lässt wenig Hoffnung, dass es zu einem Wandel kommt, der von der Bevölkerung aufgrund der politischen und humanitären Situation dringend gewünscht wird", fügt die Kongo-Expertin hinzu.

Präsident Josef Kabila tritt bei den Wahlen im Dezember nicht mehr anBild: Getty Images/AFP/T. Nicolon

Der 57 Jahre alte Ex-Innenminister zeige laut Ames nicht die besten Ergebnisse in Umfragen. Er stamme nur "aus der dritten Reihe" der Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie (PPRD). 2017 belegte ihn die Europäische Union mit Sanktionen - wegen Menschenrechtsverbrechen in der Region Kasai, die er als ehemaliger Innenminister zu verantworten habe. "Er trägt also eine große Last und ist nicht sehr bekannt im Land. Trotzdem könnte er den ersten Wahlgang knapp gewinnen", sagt Ames. Einen zweiten Durchgang gibt es nicht mehr: Seit der Änderung des Wahlgesetzes reicht eine einfache Mehrheit für den Sieg. "Ich finde, die Bedingungen sind schon von Anfang an schlecht für eine demokratische  Wahl. Sie hat sich immer mehr zur Farce entwickelt", so Ames.

Starke Kandidaten ausgeschlossen

Angesichts dieser Ausgangslage hat es die Opposition nicht leicht. Zumal ihre beiden Hauptkandidaten Jean-Pierre Bemba und Moise Katumbi gar nicht auf der Liste stehen.

Die kongolesische Wahlkommission hatte den Antritt von Kongos früherem Vizepräsidenten Bemba für unzulässig erklärt. Der ehemalige Milizenführer war wegen Kriegsverbrechen von dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Zwar hob das Gericht den Schuldspruch im Juni in einem Berufungsverfahren wegen Verfahrensfehler überraschend auf. Doch in einem anderen Verfahren wurde er wegen Zeugenbestechung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Der prominente Regierungskritiker Moise Katumbi wurde daran gehindert, aus dem Exil in die Demokratische Republik Kongo einzureisen und seine Kandidatur einzureichen. Die beiden Politiker, die Shadary am gefährlichsten werden könnten, stehen somit gar nicht auf dem Wahlzettel.

Felix Tshisekedi ist einer der beiden bekanntesten Oppositionskandidaten, die bei der Wahl antreten werden Bild: Getty Images/AFP/N. Maeterlinck

Somit rücken der frühere Parlamentspräsident Vital Kamerhe und Felix Tshisekedi, Sohn des im vergangenen Jahr verstorbenen Politikers Etienne Tshisekedi, weiter ins Rampenlicht. "Jeder dieser Kandidaten hat ein gewisses Maß an Unterstützung, aber ihre  Lager haben nicht so ein schweres Gewicht wie die der ausgeschlossenen Kandidaten", sagt Ames.

Opposition ohne Basis

Der 59 Jahre alte Ökonom Kamerhe ist Vorsitzender der Union für die Kongolesische Nation (UNC) und stammt aus der Provinz Kivu. Er sei politisch umstritten und es fehle ihm an finanziellen Möglichkeiten, um eine große Wahlkampagne zu organisieren, sagt Kongo-Expertin Ames. Im Wahlkampf 2006 arbeitete er für Kabila und hatte vor allem Anteil daran, dass dieser in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu  viele Stimmen erlangte. Danach war er Parlamentspräsident und gab dieses Amt schließlich im März 2009 auf Druck von Kabila auf, nachdem Kamerhe sich öffentlich kritisch über diesen geäußert hatte. Im Dezember 2010 trat Kamerhe aus der Kabila-Partei PPRD aus und gründete die UNC.

Felix Tshisekedi übernahm im vergangenen Jahr die Nachfolge seines Vaters, des langjährigen Vorsitzenden der Union für Demokratie und sozialen Fortschritt (UDPS). Das führte im Kongo bereits zu Unruhen, denn es gab auch andere Anwärter auf den Posten. "Er hat wenig politische Erfahrung und ist im Kongo nicht gut vernetzt. Es fehlt einfach die Basis", sagt Ames. Tshisekedi hat Marketing in Brüssel studiert und sitzt seit 2011 im Parlament. 

Gemeinsamer Kandidat?

Ben Shepherd, Mitarbeiter der britischen Denkfabrik Chatham House, sieht für die Opposition im Kongo nicht viele Möglichkeiten bei der Wahl: "Sie hat nur eine realistische Chance, wenn sie sich auf einen Kandidaten einigt. Denn in der kongolesischen Politik geht es nicht so sehr um Programme, sondern um die Fähigkeit, zu mobilisieren." Die Wähler wollen im Grunde einen Systemwechsel, fügt Shepherd hinzu. "Sie sehen die politischen Eliten als ähnlich an, die alle das gleiche Spiel spielen." Am Ende würde sie jemanden wählen, der ihre Gemeinde unterstützt. Shephard glaubt  nicht, dass sich die Opposition auf einen starken Kandidaten einigen kann: "Daher wird wohl  Shadary die Wahl gewinnen."

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