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Politik

Kongos Opposition legt Hauptstadt lahm

19. Oktober 2016

Statt Menschenmengen gähnende Leere in den Straßen Kinshasas: So protestiert die Opposition gegen eine beschlossene Verschiebung der Wahlen auf 2018, die die Amtszeit von Präsident Joseph Kabila verlängern wird.

DR Kongo Streik Archivbild
Archivbild: Generalstreik in Kinshasa am 16. Februar 2016Bild: Getty Images/J.Kannah

Normalerweise herrscht Chaos auf dem achtspurigen Boulevard Lumumba, im Herzen der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa. Doch heute ist hier kein Auto unterwegs. Nur ein paar öffentliche Busse fahren ihre Runden - menschenleer. Die Einwohner der Zehn-Millionen-Metropole bleiben zu Hause. Es soll eine letzte Warnung an Präsident Joseph Kabila sein: Das wichtigste Oppositionsbündnis in der Demokratischen Republik Kongo hat landesweit zu einem "Tag der toten Stadt" aufgerufen. Mit dem Generalstreik will das "Bündnis für den Wandel" um die Oppositionsfigur Etienne Tshisekedi den Präsidenten zwingen, sein Amt doch noch verfassungsgemäß zum 19. Dezember niederzulegen.

Bis auf Weiteres bleibt Joseph Kabila PräsidentBild: Reuters/T. Negeri

Dabei hat Kabila schon viele Weichen gestellt, um weiter regieren zu dürfen: Die Teilnehmer eines nationalen Dialogs, den große Teile der Opposition boykottiert hatten, entschieden am Montag, die Wahlen im April 2018 abzuhalten. Durch die Verschiebung solle der Wahlkommission Zeit gegeben werden, die Präsidentschafts-, Parlaments- und Regionalwahlen vorzubereiten. Das Verfassungsgericht stimmte dem neuen Zeitplan zu und sprach mit Verweis auf technische Probleme bei der Organisation der Wahlen von einer "angemessenen Verzögerung". Bereits im Mai hatte ein hohes Gericht entschieden, dass Kabila weiterregieren darf, bis ein neuer Präsident gewählt ist - ungeachtet der Verfassung, die die Präsidentschaft auf zwei Mandate von je fünf Jahren beschränkt.

Eine politische Entscheidung

Das Misstrauen in den Dialogprozess und in die kongolesischen Institutionen ist groß bei den Anhängern der Opposition und in der Zivilgesellschaft. Die Geschichte habe gezeigt, dass die kongolesische Wahlkommission oft politisch aufgeladen wurde, sagt Phil Clark, Kongo-Experte an der Londoner SOAS-Universität, im DW-Interview: "In den Augen vieler Kongolesen haben die Wahlkommission und das Verfassungsgericht mit ihrer Entscheidung auf Wunsch des Präsidenten gehandelt." Präsident Kabila wolle die Wahlen offenbar so lange wie möglich hinauszögern und sich damit Zeit verschaffen, diese manipulieren zu können.

Vital Kamerhe beim nationalen DialogBild: Getty Images/AFP/J. Kannah

Für die Oppositionsparteien, die im Dialogprozess beteiligt waren, war es ein Ringen um Zugeständnisse des Regierungslagers. Vital Kamerhe, der dort die Delegation der Opposition anführte, stand das Ziel fest: Den politischen Wechsel in der kürzestmöglichen Zeit zu erreichen. Er müsse "technisch möglich und politisch vertretbar" sein. Um dies zu erreichen, hatte er die Gespräche zunächst medienwirksam verlassen - und erreichte anschließend hinter verschlossenen Türen, dass die Regierung im größten Streitpunkt einlenkte: Die Präsidentschaftswahlen sollen nun gemeinsam mit den Regionalwahlen stattfinden und nicht erst im Anschluss daran, was Kabilas Präsidentschaft noch einmal verlängert hätte.

"Das Problem des Kongo sind wir, die Politiker", sagte Kamerhe nach Abschluss der Verhandlungen. "Wir müssen auch die Lösung finden - mit aller nötigen Gelassenheit." Der ausgehandelte Kompromiss sieht weiter vor, dass binnen 21 Tagen ein Premierminister gefunden werden soll, der an der Spitze einer Übergangsregierung unter Präsident Kabila die Wahlen vorbereiten soll.

Widerstand wächst

Protest gegen Kabila im SeptemberBild: Reuters/K. Katombe

Doch die Geduld der Opposition und großer Teile der Bevölkerung scheint am Ende. Zwar liegen am "Tag der toten Stadt" nur die Oppositionshochburgen Kinshasa und Mbuji-Mayi wirklich lahm, in anderen Städten wie Kamerhes Heimatstadt Bukavu im Osten des Landes geht das Leben weitgehend seinen gewohnten Gang. Doch in Kinshasa leben immerhin mehr als ein Zehntel der Kongolesen. Die gelbe Karte ist gespielt - und mit Ablauf von Kabilas Mandat am 19. Dezember will man dem Präsidenten die rote Karte zeigen. "Wir sind entschlossen, wir sind vorbereitet. Am 19. Dezember werden wir das der Welt beweisen", sagt Joseph Olengakoye vom "Bündnis für den Wandel". Für Eméry Kalwira, den Vorsitzenden des zivilgesellschaftlichen Bündnisses "Kongolesische Koalition für den Übergang" (CCT) geht der Kampf gerade erst los. Dies sei erst der erste Generalstreik, sagt er, weitere Aktionen würden folgen. "Joseph Kabila herrscht seit mehr als 15 Jahren, die Bilanz ist durchweg negativ. Er hat versagt und muss das Handtuch werfen."

Das Regierungsbündnis gibt sich gelassen: Man werde nicht vor einer Gruppe Anarchisten zurückweichen, erklärte der Sprecher der Volkspartei für Wiederaufbau und Demokratie (PPRD). Die Regierung müsse sich nun allerdings auf mehr Proteste gefasst machen, sagt auch Kongo-Experte Phil Clark. "Diese erneute Entscheidung, die Wahlen zu verschieben, wird zu einer weiteren Eskalation führen. Die Opposition fürchtet, dass es unmöglich sein wird, Kabila abzusetzen, wenn er es nur schafft, in den nächsten Wahlen erneut anzutreten." Dies sei die beste Gelegenheit, um sich des unliebsamen Präsidenten zu entledigen.

Mitarbeit: Fiacre Ndayiragije, Abu-Bakarr Jalloh, Salehe Mwanamilongo

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