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Konjunkturforscher sehen Wende am Arbeitsmarkt

30. September 2019

Das langjährige deutsche Jobwunder dürfte nach Einschätzung gewerkschaftsnaher Ökonomen bald zu Ende gehen. Das Institut IMK erwartet, dass die Arbeitslosigkeit in diesem Jahr noch sinkt, aber 2020 wieder steigt.

Bilanz-PK Körber AG
Maschinenbauer in HamburgBild: picture-alliance/dpa/Körber AG

"Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt verliert deutlich an Fahrt und endet zur Jahreswende", erklärten die Forscher des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in Berlin. Ihre jüngste Konjunkturprognose besagt, dass die Zahl der Erwerbstätigen 2020 bei 45,2 Millionen Menschen stagnieren wird, nach einem Plus von 380.000 in diesem Jahr. Während die Zahl der Arbeitslosen 2019 im Jahresschnitt noch um rund 63.000 fallen dürfte, werde sie 2020 um etwa 70.000 auf 2,35 Millionen steigen. Derzeit sorge vor allem die Nachfrage der privaten Haushalte für Schwung, betonte das Institut, das zur gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung gehört. "Wenn die Politik nicht entschlossen gegensteuert, greifen die Bremseffekte nach und nach auf Dienstleistungen, Konsumklima und Arbeitsmarkt über, und es droht der Absturz", warnte IMK-Direktor Sebastian Dullien.

Die Ökonomen des Instituts kappten wie zuletzt andere Organisationen ihre Wachstumsprognose deutlich. Sie reduzierten die Wachstumserwartung für 2019 um 0,6 Prozentpunkte und für 2020 um 0,9 Prozentpunkte. Das IMK rechnet demnach mit einem BIP-Wachstum von 0,4 und 0,7 Prozent.

Warnende Worte: IMK-Direktor Sebastian DullienBild: DW

Etliche Ursachen für Abkühlung

"Die konjunkturelle Lage in Deutschland hat sich weiter zugespitzt", betonte Dullien. "Bislang bewahrt aber die private Nachfrage die Wirtschaft noch vor einer echten, tiefen Krise. "Aber auf Dauer sollte man sich darauf nicht verlassen". Der IMK-Direktor fügte hinzu: "Wenn die Löhne und der Konsum derzeit so schwach zulegen würden wie in den 2000er Jahren, wären wir schon seit einiger Zeit wieder in einer Rezession." Denn die exportorientierte Industrie leide unter internationalen Handelskonflikten, dem verlangsamten Wachstum in China und dem Risiko eines harten Brexits.

Das IMK appellierte an die Bundesregierung, die Konjunktur mit Investitionen vor allem in die Infrastruktur zu stabilisieren. Diese sollten die erneut gelockerte Geldpolitik der Europäischen Zentralbank unterstützen. Diese seien auch "dringend erforderlich, um den Strukturwandel hin zur Klimaneutralität zu bewältigen und die teilweise stark veraltete Infrastruktur zu modernisieren". Finanziell gebe es genug Spielraum: Die Forscher rechnen trotz des abgeschwächten Wachstums mit einem gesamtstaatlichen Haushaltsüberschuss von knapp 48 Milliarden Euro in diesem Jahr und gut 25 Milliarden Euro im nächsten Jahr.

Tacheles: Muss die schwarze Null fallen?

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"Made in Germany" hat Spitzen-Image

Noch bleibt für die führende Exportnation Deutschland die Herkunftsangabe "Made in Germany" ein wichtiges Verkaufsargument. Denn deutsche Produkte haben einer Studie zufolge weltweit weiterhin einen exzellenten Ruf. "Made in Germany" sei die "beste Auszeichnung, die auf einem Produkt stehen kann", erklärte das Institut YouGov bei der Vorstellung einer gemeinsamen Studie mit der britischen Cambridge-Universität. Dabei belegte Deutschland unter zwölf Produktionsländern den ersten Platz bei der weltweiten Produktwahrnehmung. Italien kam im Warenranking auf den zweiten Platz, gefolgt von Großbritannien und Frankreich auf Platz drei. Am schlechtesten schnitten laut YouGov Produkte aus China ab.

Derweil meldet die EU-Statistikbehörde Eurostat, dass die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit in der Eurozone im August weiter gesunken sei. Sie verringerte sich in den 19 Euro-Ländern im Vergleich zum Juli um 0,1 Prozentpunkte auf 7,4 Prozent. Dies ist der niedrigste Stand seit Mai 2008. Auch in der gesamten EU ging die Arbeitslosigkeit erneut zurück: Sie betrug im August noch 6,2 Prozent nach 6,3 Prozent im Juli. Dies ist der niedrigste Wert, seit die monatlichen EU-Aufzeichnungen im Januar 2000 begannen. In den EU-Staaten hat Tschechien mit 2,0 Prozent weiter die mit Abstand niedrigste Arbeitslosenquote. Auf Platz zwei folgt Deutschland mit 3,1 Prozent. Die höchsten Quoten weisen Griechenland mit 17,0 Prozent und Spanien mit 13,8 Prozent auf.

kle/se (rtr, afp, dpa)

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