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Konjunkturprognose? Nein, Deutsche Bank!

7. Oktober 2016

Seine Vorhersage für das deutsche Wirtschaftswachstum wollte Bundeswirtschaftsminister Gabriel in Berlin vorstellen. Die Journalisten interessierte aber eigentlich etwas ganz anderes, nämlich die Deutsche Bank.

Deutschland Berlin - Sigmar Gabriel legt aktuelle Konjunkturprognose vor
Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Wie jeder Politiker, so trägt auch Sigmar Gabriel gerne auf, wenn er vergleichbar positive Nachrichten verkünden darf. Von einer "Sonderkonjunktur" spricht der Wirtschaftsminister in der Bundespressekonferenz in Berlin und findet es "bemerkenswert, wie robust sich die deutsche Wirtschaft in den letzten Jahren entwickelt hat und auch im kommenden Jahr entwickeln wird".

Tatsächlich kann Deutschland 2016 ein Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent erwarten, im nächsten Jahr sollen es zögerliche 1,4 Prozent sein, 2018 dann 1,6 Prozent. Darauf hat sich die Bundesregierung in ihrer Herbstprognose festgelegt. Gabriel misst sie an der stotternden Weltwirtschaft. Die deutsche Wirtschaft behaupte sich in einem sehr schwierigen Umfeld. Die globale Konjunktur laufe nach wie vor nicht rund."Hinzu kommen die Folgen der Brexit-Entscheidung, die in weiten Bereichen noch nicht absehbar sind", so Gabriel. "Die Unwägbarkeiten sind gestiegen."

Mehr Jobs, weniger Arbeitslose

Ein Land wie Deutschland, das vom internationalen Handel und Export lebe, müsse mit Sorge beobachten, dass weltweit immer mehr Handelshürden auf- und immer weniger abgebaut werden. Deutschland brauche offene Märkte und offene Gesellschaften. "Stattdessen sehen wir einen ziemlich gefährlichen globalen Trend zu mehr Protektionismus und Nationalismus."

Was wird Großbritannien in Zukunft mit der EU noch verbinden? Nur freier Handel?Bild: Getty Images/C. Court

Der schwache Welthandel dämpft den deutschen Export. Für 2016 wird in der Herbstprognose mit einem moderaten Zuwachs der Exporte von Waren und Dienstleistungen in Höhe von 2,3 Prozent und im Jahr 2017 in Höhe von 2,1 Prozent gerechnet. Bei etwas besserten weltwirtschaftlichen Perspektiven sollen die Exporte im Jahr 2018 mit 3,9 Prozent etwas dynamischer zunehmen.

Wachstum verkündet Sigmar Gabriel auch für den Arbeitsmarkt. 2018 soll es 44,3 Millionen Erwerbstätige geben. Das wären 1,3 Millionen mehr als 2015. Die Zahl der Arbeitslosen soll gleichzeitig um etwa 160.000 auf 2,63 Millionen abnehmen. "Vor dem Hintergrund der Flüchtlingszuwanderung ist dies keineswegs selbstverständlich", so der Minister.

Steuersenkungen? Da muss man vorsichtig sein.

Neben der Herbstprognose geht es Gabriel natürlich auch um die politische Zukunft Deutschlands. In einem Jahr ist Bundestagswahl und der SPD-Chef lässt keine Gelegenheit aus, um Stellung zu beziehen und sich gegen die Koalitionspartner CDU/CSU zu positionieren. "Dass wir das alles im Moment so gut hinbekommen, die Integration der Flüchtlinge - natürlich mit Schwierigkeiten, aber immerhin ohne Steuererhöhungen und ohne Verteilungskonflikte - liegt ausschließlich daran, dass die Wirtschaft gut läuft", erklärt der SPD-Chef.

Die Bundeskanzlerin stellt nach der Bundestagswahl Steuersenkungen in AussichtBild: picture-alliance/dpa/M. Gambarini

Deswegen sei die Regierung gut beraten, in die wirtschaftliche Entwicklung des Landes investieren, "statt die Gelder im Wahlkampf mal eben für alles Mögliche zu verplanen." Gabriel spricht von "Maß und Mitte", die von der Union propagierte "Forderung nach gigantischen Steuersenkungen" gehört seiner Meinung nach nicht dazu. "40 Milliarden Euro weg im Bundeshaushalt, das sind mehr als zehn Prozent. Da muss man vorsichtig sein."

Was wird aus der Deutschen Bank?

15 Minuten redet der Wirtschaftsminister, dann dürfen die Journalisten fragen. Die wechseln schnell das Thema und kommen auf die Deutsche Bank zu sprechen. Gabriel, eben noch recht aufgeräumt, blickt plötzlich kritisch. "Die Bundesregierung hat keine Risikoeinschätzung für die Deutsche Bank", wiegelt er ab. Es sei aber offensichtlich, dass das Institut vor dem Hintergrund seiner bisherigen Geschäftsmodelle und einer Verurteilung in den USA natürlich "eine enorme Herausforderung" vor sich habe, fügt er hinzu. "Dass der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank angekündigt hat, Geschäftsmodelle der Deutschen Bank zu verändern, zeigt ja, dass die Deutsche Bank auf dieses Risiko reagieren will."    

Es folgt Nachfrage auf Nachfrage. Wenn die Bank pleite gehe, was werde die Bundesregierung dann machen? Werde der Staat einspringen, oder würden die deutschen Anleger ihr gesamtes Geld verlieren? Jetzt wird Gabriel schmallippig. "Es ist nicht meine Aufgabe, solche Thesen zu beantworten", sagt er, und nach einer Pause: "Ich könnte mit einer Antwort auf diese Frage einen Beitrag leisten, das zu beschleunigen." Er halte nichts von "Spekulationen über Dinge, die nicht anstehen".

Wie steht es wirklich um die Deutsche Bank?

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Rettung durch Dax-Konzerne?

Noch vor ein paar Tagen war der Bundeswirtschaftsminister nicht so zurückhaltend gewesen. Während seiner Iran-Reise hatte er die Schwierigkeiten der Deutschen Bank mit einer Spitze kommentiert: "Ich wusste nicht, ob ich lachen oder wütend sein soll, dass die Bank, die das Spekulantentum zum Geschäftsmodell gemacht hat, sich jetzt zum Opfer von Spekulanten erklärt." Er habe sich nicht lustig gemacht, verteidigt sich Gabriel nun. "Ich fand nur die Bezeichnung Opfer bemerkenswert."

Gar keinen Kommentar will Gabriel zu dem Gerücht abgeben, Topmanager mehrerer Dax-Konzerne hätten in den vergangenen Tagen über einen Rettungsplan für die Deutsche Bank gesprochen. Dabei soll es um die Frage gegangen sein, ob es möglich wäre, sich an einer etwaigen Kapitalerhöhung der Bank zu beteiligen. Nur soviel ringt sich der Wirtschaftsminister ab: "Dass wir ein Interesse daran haben, dass die Deutsche Bank wieder ein stabiles Kreditinstitut wird, das national und international erfolgreich ist, das ist doch völlig klar."

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