Konklave: So viele Wähler und Papst-Kandidaten wie noch nie
30. April 2025
Es ist ein Konklave der Superlative. So viele Kardinäle der katholischen Kirche wie wohl bei keiner Papstwahl zuvor werden am 7. Mai in die Sixtinische Kapelle im Vatikan einziehen. 133 Kardinäle werden erwartet. Dann heißt es: hinter verschlossenen Türen beraten, in beengten Verhältnissen wohnen - bis es eine ausreichende Mehrheit für ein neues Kirchenoberhaupt gibt.
Es gibt noch einen Rekord. Die Kardinäle kommen aus 71 Ländern. Bei der bislang letzten Papstwahl 2013 waren es 48 Länder, bei der Wahl davor - 2005 - waren es 52 Länder. Maßgeblich an dieser neuen Zusammensetzung des Kardinalskollegiums beteiligt war der am Ostermontag im Alter von 88 Jahren verstorbene Papst Franziskus. Zwölf Jahre lang arbeitete Franziskus daran, die katholische Kirche mit ihren nun 1,4 Milliarden Mitgliedern stärker zur Weltkirche zu machen und deren Europa-Zentrierung zu beenden. Zwölf Jahre, in denen er bisherige Gewohnheiten aufbrach, wer in der Welt Kardinal wird und welche Prägung das Kardinalskollegium hat.
Aber was heißt das für die Beratungen, die derzeit im sogenannten Vorkonklave laufen, und für die folgenden Tage in der Sixtinischen Kapelle? "Der Ausgang der Wahlen ist heute generell schwerer vorherzusehen, da das Kardinalskollegium von der Zusammensetzung her national und kulturell heterogener ist", sagte der Augsburger Kirchenhistoriker Jörg Ernesti der DW. Er ist ein Experte für das Papsttum.
Namen, Wetten, Spekulationen über den nächsten Papst
Trotzdem kam bei vielen Medien noch am Tage des Todes von Franziskus die Frage auf: "Wer wird der nächste?" Rasch kursierten diverse Namen. Die Umsätze bei Wettbüros steigen. Die Spekulationen blühen.
Die französische Tageszeitung "La Croix" hat eine hohe Kirchenexpertise. Als eines der wenigen auch international angesehenen Medien verkündete das Blatt auf seinem Social-Media-Kanal: "Warum La Croix nicht über die 'Kandidaten' für die Nachfolge von Papst Franziskus spricht".
Jeder, der Kardinal sei, habe letztlich eine Eignung. Die Debatte über "Favoriten" sei ein "Sport" der Vaticanisti, der Papst-Berichterstatter. Gleichwohl stellte die Zeitung den nach seiner Auffassung wichtigsten Kardinal aus Asien oder aus Afrika vor und nennt auch Kriterien für das Papstamt.
Kirchenhistoriker Ernesti sieht in der Tatsache, dass rund 80 Prozent der wahlberechtigten Kardinäle von Papst Franziskus selbst ernannt wurden, keine Vorentscheidung. Der Ausgang sei doch ungewiss. Es gebe "zu viele gute Kandidaten, die für das Amt infrage kommen".
Die Grundstimmung, die er wahrnehme, sei die, '"dass die von Franziskus begonnenen Reformen weitergehen müssen". Er persönlich sehe keine Hinweise, "dass der Wunsch nach einer Kehrtwende laut wird".
Seit einer Reihe von Monaten gibt es im "Rome Duck Store", in dem wie an vielen touristischen Hotspots weltweit Varianten der goldiggelben Plastik-Badeenten verkauft werden, das Modell "Papst". Wer es auch immer kauft, ob Pilger oder Tourist, konservativ oder progressiv, Christ, Jude oder Agnostiker, bekommt das genau gleiche Modell: eine Ente mit weißem Käppchen, Brustkreuz und Papstring.
Viele Kriterien für geeignete Kardinäle
Wie komplex ist dagegen die Papstwahl durch die Kardinäle, wie vielfältig sind die Kandidaten. Hat ein Kandidat (mehr) Erfahrung in seelsorgerlicher Arbeit oder im kirchlichen Management? Kommt er aus einem Industrie- oder Entwicklungsland? Welche theologische Ausrichtung prägt ihn? Wie äußert er sich zum Umgang der Kirche mit Homosexuellen? Da finden sich selbst zwischen Kandidaten der gleichen Ausrichtung (konservativ, Franziskus-verbunden, reformorientiert) Unterschiede.
Auf jeden Fall wächst mit der Pluralität im Kreis der Papstwähler die Bedeutung des Vorkonklave. Im Kirchensprech heißen diese Veranstaltungen, die vor der Beisetzung von Franziskus begannen und bis zum Freitag andauern, Generalkongregationen.
Die meisten Purpurträger, wie Kardinäle wegen ihrer traditionell purpurfarbenen Kleidung auch genannt werden, kommen heute aus anderen Weltgegenden, nicht mehr aus Europa, erläutert Ernesti. Diese Generalkongregationen, an denen die Wahlberechtigten, die unter 80 sein müssen, und auch ältere Kardinäle teilnehmen sollen, seien der geeignete Ort, um sich erst einmal kennenzulernen. Denn: Das Konklave selbst sei "stark ritualisiert und sicher kein parlamentarischer Austausch wie in der Politik".
Eins fällt auf. In den ein, zwei Tagen nach dem Tod von Franziskus äußerten sich prominente Kardinäle, die das Amt prägen könnten. Der Luxemburger Erzbischof Jean-Claude Hollerich (66) beispielsweise, der von den Philippinen stammende Luis Antonio Tagle (67), der in einer der Vatikanbehörden leitend tätig ist, und andere. Seit dem Wochenende verstummen sie.
Eine zufällige Szene: Als einer der afrikanischen Kardinäle am Freitag durch die Gassen in Vatikan-Nähe schlenderte und man ihn von der Seite mit der Frage konfrontierte "Ist es Zeit für einen Papst aus Afrika?", streckte er nur wortlos die Hand zum Himmel.
Plädoyer für Fortsetzung des Franziskus-Kurses
Dagegen sprechen nun munter die Älteren. Bei manchen von ihnen ist man überrascht oder auch irritiert, dass sie wieder aus der papstgewollten Versenkung auftauchen. So schaffte es laut dem Online-Portal "Crux" der peruanische Opus-Dei-Kardinal Juan Luis Cipriani bis in die Tagungshalle des Vorkonklave. Der heute 81-Jährige wurde 2019 von der Glaubenskommission nach Beschuldigungen des sexuellen Missbrauchs mit Strafen belegt.
Und plötzlich stand auch US-Kardinal Roger Mahony (88) am Sarg des Papstes. Gegen ihn gab es einst diverse Vertuschungsvorwürfe, die offenbar mit Millionen Dollar ruhiggestellt wurden.
Engagiert äußern sich derweil der Wiener Kardinal Christoph Schönborn (80) oder der emeritierte deutsche Kurienkardinal Walter Kasper (92), zwei hochangesehene Akteure der letzten Konklave. Sie pochen auf eine Fortsetzung des Franziskus-Kurses, der nicht zu stoppen sei. Es werde, mahnte Kasper, ein längeres Konklave.
Doch was heißt länger? 2013 dauerte das Konklave 27 Stunden, 2005 nur 26. Im Jahr 1903 dauerte das längste Konklave des 20. Jahrhunderts insgesamt fünf Tage. Damals gab es noch kein ausführliches Vorkonklave. Abwarten also.
Auf "Polymarket", einer der Seiten von Online-Wettanbietern, die auch das Konklave in den Blick nehmen, wird derzeit übrigens der 9. Mai als Tag der Papstwahl favorisiert. Aber Kardinäle wetten dort gewiss nicht.