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Politik

"Treffen mit Kim Erfolg für Moon"

Esther Felden
5. März 2018

Ein gemeinsames Abendessen von südkoreanischen Regierungsvertretern mit Kim Jong Un: So etwas gab es bislang noch nie. Korea-Experte Eric Ballbach über die Bedeutung eines vielleicht historischen Treffens.

Südkoreanische Delegation am Flughafen vor der Abreise nach Nordkorea
Bild: picture-alliance/AP Photo/Jung Yeon-je

Deutsche Welle: Herr Ballbach, seit heute ist eine Delegation aus Südkorea zu Gesprächen im Norden. Und: Es gab auch ein persönliches Treffen und ein Abendessen mit Kim Jong Un. Wie bedeutsam und auch symbolisch wichtig ist dieses erste direkte Aufeinandertreffen?

Eric Ballbach: Man kann die Bedeutung meines Erachtens gar nicht hoch genug einschätzen. Bei diesen Treffen schwingt natürlich auch eine große Symbolik mit. Ähnlich wie schon vor ein paar Wochen, als zum ersten Mal seit 1953 eine direkte Angehörige der Kim-Familie wieder in Südkorea war. Gleichzeitig geht aber bei dem Treffen der südkoreanischen Delegation mit Kim Jong Un etwas einher, das weit über reine Symbolik hinausgeht. Wenn es nur darum gegangen wäre, dann hätte man andere Personen nach Südkorea zu den Olympischen Spielen geschickt, und man hätte auch nicht unbedingt die südkoreanische Delegation von Kim Jong Un persönlich empfangen lassen.

Nordkorea verspricht sich sicherlich ganz konkrete Fortschritte von derartigen Treffen. Ob es diese wirklich geben wird, ist eine andere Frage. Aber die jüngsten Entwicklungen sind sicher sehr wichtig, um die angespannte Situation etwas zu entspannen.

Eric J. Ballbach vom Institut für Koreastudien an der FU Berlin ist momentan auch Gastwissenschaftler bei der Stiftung Wissenschaft und PolitikBild: Eric J. Ballbach

Und sie bedeuten eben auch einen konkreten Erfolg für Moon Jae Ins Nordkorea-Politik. Südkoreas Präsident ist ja mit dem Vorsatz angetreten, diesen Dialog mit Nordkorea aktiv zu suchen. Gleichzeitig bewegt er sich immer in diesem Spannungsfeld zwischen einer Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen auf der einen Seite und der ungelösten Nuklearfrage auf der anderen. Und da hat er eben konkrete Fortschritte gemacht und auch durchaus erste Erfolge erzielt.

Eigentlich ging die Einladung Nordkoreas an den südkoreanischen Präsidenten persönlich. Aber Südkoreas Präsident Moon hat stattdessen seinen nationalen Sicherheitsberater und den Geheimdienstchef geschickt. Die Frage, wer die jeweilige Seite vertritt, wird traditionell genau beäugt und hat eine große Bedeutung. 

Das stimmt. Die nordkoreanische Medienberichterstattung hat sich auch sehr positiv über die Art und Weise geäußert, wie Südkoreas Präsident die nordkoreanische Delegation empfangen und behandelt hat. Gerade auch die mehrfachen Treffen Moons mit Kim Yo Jong, der Schwester von Kim Jong Un, sind in Nordkorea sehr wohl wahrgenommen worden. Dieses Treffen der südkoreanischen Delegation mit Kim Jong Un jetzt könnte ein weiterer Schritt in die richtige Richtung sein. Und das wird von nordkoreanischer Seite auch so interpretiert.

Von Moon selbst war es sicherlich ein sehr geschickter Schachzug, sich nicht direkt auf ein persönliches Treffen einzulassen, denn er steht ja aufgrund seiner Einbindungspolitik so oder so in der Kritik. Aber er verhält sich bisher sehr geschickt auch gegenüber den USA, indem er mit offenen Karten spielt, die Denuklearisierung Nordkoreas nach wie vor als langfristiges Ziel beschreibt und gleichzeitig sagt, dass für ein Treffen mit Nordkorea zunächst die richtigen Rahmenbedingungen hergestellt werden müssen. Und dass es nicht im Gegenzug zu einer direkten Aufweichung der Sanktionen oder einer finanziellen Vergütung Nordkoreas für ein Gipfeltreffen kommen dürfe.  

Die Tatsache, dass Kim Jong Un mit der südkoreanischen Delegation zusammengetroffen ist zeigt auch, dass die Enttäuschung darüber, dass es noch nicht der südkoreanische Präsident ist, der ins Land reist, nicht ganz so groß ist. Sonst wäre es nicht zu dem direkten Treffen mit Kim Jong Un gekommen.

Sie haben gesagt, dass die Nordkoreaner sich konkrete Ergebnisse erhoffen. Welche?

Man muss sich die Situation der Nordkoreaner vergegenwärtigen: Wir haben seit 2017 einen Sanktionskatalog, der weit über alles hinausgeht, was wir vorher gekannt haben. Er besitzt eine neue Qualität, weil nicht mehr nur Personen und Institutionen, die direkt oder indirekt mit dem nordkoreanischen Nuklear- oder Raketenprogramm in Verbindung stehen, sondern die Wirtschaft als Ganzes getroffen werden soll. Und das verändert natürlich vieles.

Die Nordkoreaner wollen die einheitliche Front gegen das Land zumindest punktuell aufweichen. Und Südkorea bietet da sicherlich entsprechende Möglichkeiten. Wir haben auch gehört, dass Nordkorea zu Gesprächen mit den USA bereit sein soll. Es entwickelt sich gerade sehr vieles. Die Frage wird sein, ob die Internationale Gemeinschaft auf der einen und Nordkorea auf der anderen Seite den notwendigen politischen Willen aufbringen, um diesen Dialog tatsächlich auch zum Erfolg zu führen.

Die Positionen sind ja klar und erst einmal nicht unter einen Hut zu bringen: Für Nordkorea ist das Atomprogramm nicht verhandelbar, Südkorea auf der anderen Seite beharrt auf einer Denuklearisierung und einer atomwaffenfreien Halbinsel. Wo sehen Sie da Ansatzpunkte für eine Lösung?

Es muss allen Beteiligten klar werden, dass sich die Grundlage für einen Dialog mit Nordkorea dramatisch verändert hat. Die Sechs-Parteien-Gespräche als letzter formeller Dialogprozess haben noch darauf abgezielt, Nordkorea von seinem Weg zur Nuklearmacht abzubringen. Nordkoreas De-facto-Übergang zur Atommacht hat diese Grundlage dramatisch verändert, und das bedeutet, dass eine Denuklearisierung Nordkoreas bis auf Weiteres nicht gelingen wird. Gleichzeitig sollte sie das langfristige Ziel bleiben. Das hat Moon Jae In auch deutlich gemacht und immer wieder betont.

Kurzfristig muss es um andere Dinge gehen: beispielsweise darum sicherzustellen, dass Nordkorea weder Material und Technologie noch Know-How weiterverbreitet. Es muss über kurzfristige Schritte gehen wie beispielsweise eine Einstellung der Raketen- und Nukleartests - und im Gegenzug vielleicht eine Verringerung oder Eindämmung der gemeinsamen amerikanisch-südkoreanischen Militärübungen. Es geht nicht darum, beides vollständig aufzugeben. Das ist gegenwärtig sicher unrealistisch. Aber es würde ein Signal auch nach Nordkorea senden, wenn beispielsweise der Umfang der Übungen reduziert würde.

Direkt nach den Gesprächen in Pjöngjang reist die südkoreanische Delegation weiter zu Gesprächen nach Washington. Wie wird das in Nordkorea ankommen?

Man weiß in Pjöngjang sehr wohl, wie wichtig der Faktor Washington auch und gerade für Seoul ist. Es wird Nordkorea nicht gelingen, den viel zitierten Keil zwischen Seoul und Washington zu treiben. Dafür ist die Allianz einerseits zu wichtig und andererseits auch zu sehr institutionalisiert. Auch da verhält sich Moon Jae In sehr geschickt: Er vermittelt die Ergebnisse des Treffens im direkten Gespräch nach Washington. Und es ist ihm vor den Olympischen Spielen auch gelungen, von Donald Trump beispielsweise eine Verlegung der Militärübungen auf die Zeit danach zu erwirken.

Insofern wird es jetzt darum gehen, die Rahmenbedingungen für einen Dialog zwischen Nordkorea und den USA herzustellen. Das ist auch ein erklärtes Ziel dieser Reise gewesen. An diesem Dialog wird letztlich kein Weg vorbeiführen. Aber dafür braucht es einen großen politischen Willen und auch sehr viel Überzeugungsarbeit seitens der südkoreanischen Administration.

Die nächste der von Ihnen schon angesprochenen regelmäßig stattfindenden Militärübungen soll nach den Paralympischen Spielen stattfinden. Welche Auswirkungen könnte es haben, wenn die Manöver nicht abgespeckt werden, sondern im geplanten Umfang stattfinden?

Das könnte den innerkoreanischen Dialog vor sehr große Probleme stellen. Das wird ein ganz wichtiger Moment werden. Wird es Moon Jae In gelingen, den Umfang oder vielleicht auch die Länge und die Ziel-Ausrichtung dieser gemeinsamen Militärübungen etwas zu verändern? Das ist die große Frage.

Man muss verstehen, warum das für Nordkorea so ein großes Thema ist: Die Nordkoreaner befürchten, dass ein eventueller Militärschlag von Seiten der USA nur vor, während oder nach einer solchen Militärübung passieren könnte. Denn außerhalb solcher Übungen würde die Verlegung von militärischem Gerät und Soldaten nach Südkorea doch sehr auffallen.

Das ist der Grund, warum die Nordkoreaner in dieser Zeit immer unter großer Anspannung stehen. Das heißt aber auch: Wenn der Umfang oder die Ausrichtung dieser Übungen reduziert oder geändert würde, könnte das schon ein Signal sein – auch ohne eine komplette Verlegung der Manöver.

Wenn das aber nicht gelingen sollte, dann wird es für Moon sicherlich sehr schwierig werden, den innerkoreanischen Dialog so weiterzuführen. Denn es ist doch zu erwarten, dass Nordkorea reagieren wird. Und eine der Möglichkeiten bestünde darin, diesen innerkoreanischen Dialog wieder zu stoppen.

Eric J. Ballbach lehrt am Institut für Korea-Studien an der Freien Universität Berlin und ist zudem derzeit Gastwissenschaftler bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.

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