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Politik

Was von Pyeongchang bleibt

Fabian Kretschmer
26. Februar 2018

Die "Friedensspiele" von Pyeonchang haben zumindest eine Verschnaufpause im Konflikt zwischen Nord- und Südkorea gebracht. Die Bewährungsprobe folgt jedoch erst in den kommenden Wochen. Von Fabian Kretschmer, Seoul.

Südkorea Pyeongchang- Abschlussfeier der Olympischen Spiele - Look-Alike Donald Trump und Kim Jong Un
Doppelgänger von Kim und Trump am Rande der Olympia-AbschlussfeierBild: Reuters/Yonhap

Während die Staatsgäste in der südkoreanischen Olympiastadt Pyeongchang das Feuerwerk der Abschlusszeremonie genossen, vermeldete das Seouler Präsidentenamt am Sonntag einen politischen Knaller: Nordkorea habe bekundet, dass es mit den USA reden will. Der Vertreter Pjöngjangs habe sich dazu bei seinem Treffen mit dem südkorea­nischen Staatsoberhaupt Moon Jae In bereit erklärt.

Das ist eine erneute Wendung in dem diplomatischen Spektakel, das die Winterspiele in den vergangenen Wochen begleitet hat. Und sie kommt überraschend. Delegationsleiter Kim Yong Chol, den Nordkoreas Regierung zum Olympia-Abschluss in den Süden schickte, ist zwar ein erfahrener Militär, aber zugleich auch als Hardliner bekannt.

Vermeintlicher Kriegsverbrecher als Delegationsführer

In Seoul gilt der 72-jährige General seit einem Zwischenfall am 26. März 2010 gar als Kriegsverbrecher. Damals war das südkoreanische U-Boot "Cheonan" mit 46 Marinesoldaten nahe der Westküste an der maritimen Grenze zu Nordkorea gesunken. Indizien sprechen mit erdrückender Beweislast für einen Angriff Nordkoreas - auch wenn über die Hintergründe noch immer kontrovers diskutiert wird. Da Kim Yong Chol zwischen 2009 und 2016 Chef des ­militärischen Nachrichtendienstes Nordkoreas war, vermutet man ihn jedenfalls im Süden als ­Mastermind hinter den Vorfall.

Trauer um die Besatzung des U-Bootes Cheonan (24.05.2010)Bild: AP

Pjöngjang weiß natürlich um die verheerende Symbolik seiner Entsendung. Sie musste vielen Südkoreanern wie ein offener Schlag ins Gesicht vorkommen, und entsprechend aufgebracht reagierte auch die konservative Freiheitspartei Südkoreas. Sie erklärte im Vorfeld der Abschlusszeremonie in Pyeongchang, der General verdiene eine möglichst qualvolle Todesstrafe. Ebenso versuchten rechte Demonstranten, den Landweg bei Kims Einreise zu blockieren.

Gleichzeitig schickte Nordkorea allerdings auch Choe Kang Il als Teil seiner achtköpfigen Delegation. Der Diplomat ist als stellvertretender Generaldirektor für den Bereich Nordamerika zuständig. Seine Entsendung wird als Indiz gedeutet, dass sich Pjöngjang auch für spontane Gespräche mit Washington vorbereitet.

Südkoreas Präsident Moon und Kim Yo Jong, Schwester von Nordkoreas Diktator Kim Jung Un (10.02.2018)Bild: picture-alliance/AP Photo/K. Ju-sung

Die US-Regierung hatte bereits am Freitag gezeigt, dass sie weiterhin maximalen Druck auf Nordkorea ausüben will. US-Präsident Donald Trump kündigte eine erneute Sanktionsrunde an, die vor allem die Schlupflöcher der bisherigen Regelungen stopfen soll. Das Außenministerium in Pjöngjang sprach von einem "Akt des Krieges".

US-südkoreanische Militärübungen stehen vor der Tür

Was also bleibt als politisches Erbe der als "Friedensspiele" vermarkteten Olympischen Winterspiele? Zumindest vorerst eine Verschnaufpause in der brandgefährlichen Eskalation der Krise in den Beziehungen zwischen Kim und Trump während der vergangenen anderthalb Jahre.

Ob die Annäherung zwischen Norden und Süden auch nachhaltig bleibt, werden vor allem die Wochen nach den Paralympischen Winterspielen Mitte März zeigen. Dann nämlich wollen die USA und Südkorea ihre halbjährlichen Militärübungen durchführen, die sie "defensiv" nennen, die aber blitzschnell in einen Präventivschlag münden könnten.

Die mögliche Reaktion aus Pjöngjang ist bereits abzusehen. Das zarte Pflänzchen namens Annäherung ginge wieder ein. Dabei wäre auch eine vorübergehende Einstellung der Militärübungen denkbar, wie es die Clinton-Regierung in den 1990er Jahren vorgemacht hat.

Abschied des vereinten Frauen-Eishockeyteams

Auf die sportdiplomatische Charme-Offensive Nordkoreas hat die südkoreanische Gesellschaft vor allem mit einer gewissen Reife reagiert. In Euphorie ist kaum jemand ausgebrochen, dafür ist das Misstrauen gegen das Regime Kim Jong Uns zu präsent.

Gleichzeitig fiel jedoch auch die Dämonisierung Nordkoreas von der rechtsgerichteten Opposition vergleichsweise verhalten aus. Auch die konservative Presse sprach sich diesmal nicht dogmatisch gegen ein innerkoreanisches Gipfeltreffen in Pjöngjang aus. Kim Jong Uns jüngere Schwester hatte Südkoreas Präsident Moon die Einladung überreicht.

Fast symptomatisch stand das vereinte Eishockeyteam der Frauen für die Annäherung der beiden Koreas. Es war zunächst etwas wie eine erzwungene Ehe. Die südkoreanischen Athletinnen fürchteten um ihre Spielzeit und betrachteten ihre neuen Teamkameradinnen aus Nordkorea als Klotz am Bein.

Nach drei Wochen gemeinsamer Zeit mit allen Höhen und Tiefen zeigten sich die Koreanerinnen am Sonntag bei der tränenreichen Abschiedsfeier auch emotional geeint. "Ich hoffe, dass wir uns wiedersehen. Aber ich weiß, dass es schwierig wird", sagte die südkoreanische Eishockeyspielerin Choi Ji-yeon.

Annäherung zwischen USA und Nordkora in einem BildBild: Getty Images/AFP/A. Zhao

Eine Momentaufnahme (oben) bei der Abschlusszeremonie von den Winterspielen in Pyeongchang wird vielleicht in die Geschichtsbücher eingehen. Sie zeigt den nordkoreanischen General Kim Yong Chol, eingehüllt in Wintermantel und Fellmütze. Er schielt verwegen auf Ivanka Trump, die sich nur zwei Sitze entfernt mit Südkoreas First Lady unterhält. Nahebei steht General Vincent K. Brooks, Leiter der US-Streitkräfte in Korea, in voller Uniform, während im Stadion die K-Popband Exo aufspielt.

 

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