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Politik

Das Telefon von Panmunjom

Esther Felden
3. Januar 2018

Sie wollen wieder miteinander reden, am Telefon und auch persönlich. Seit der Neujahrsansprache des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Un hat sich einiges getan zwischen Pjöngjang und Seoul. Anlass zur Hoffnung?

Nordkorea Südkorea Kommunikationskanal in Panmunjom
Telefonanlage an der innerkoreanischen GrenzeBild: picture-alliance/Yonhapnews/Agency

Das Telefon klingelt wieder. Das ist eine bedeutende Nachricht. So bedeutend, dass die Medien darüber berichten, weit über die koreanischen Landesgrenzen hinaus. Denn dieses Telefon ist kein gewöhnliches, sondern das Krisentelefon zwischen Pjöngjang und Seoul. Ein Kommunikationskanal, über den die verfeindeten Nachbarn auch in schwierigen Zeiten zumindest die Möglichkeit hätten, direkt miteinander zu kommunizieren. Seit Februar 2016 aber war Funkstille. Damals hatte sich Südkorea aus der gemeinsam betriebenen Sonderwirtschaftszone in Kaesong zurückgezogen; der Norden antwortete nicht mehr auf die täglichen Anrufe aus dem Süden. Die Stille in der Leitung - ein Symbol für die Gesamtlage auf der Koreanischen Halbinsel. 

Die südkoreanische Regierung bezeichnete die Wiederinbetriebnahme des Telefons als "bedeutenden Schritt". Ein Schritt, der in die aktuellen Entwicklungen passt. Denn seit ein paar Tagen scheint Bewegung in die festgefahrene Krise zu kommen: Zuerst signalisierte Kim Jong Un in seiner Neujahrsansprache Gesprächsbereitschaft. Südkorea schlug daraufhin ein direktes Treffen zwischen Vertretern beider Seiten Anfang kommender Woche vor. Und: Es sollen zudem ranghohe Delegationen sein, die im Grenzort Panmunjom über eine mögliche Teilnahme nordkoreanischer Sportler an den Olympischen Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang im Februar und über die Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen sprechen sollen.

Annäherung über den Sport?

"Falls es wirklich dazu kommt, wäre das der erste Dialog seit einem Treffen auf stellvertretender Ministerebene im Dezember 2015", schreibt der Kommentator der südkoreanischen Tageszeitung "Korea Times". "Wir hoffen, dass die Gespräche erfolgreich verlaufen, so dass nordkoreanische Sportler an den Spielen teilnehmen können. Das würde ein positives - wenn auch nur symbolisches - Signal senden, nicht nur für die Olympische Bewegung, sondern auch für die Friedensbemühungen auf der Koreanischen Halbinsel. Es könnte außerdem der Wendepunkt sein, um die Spannungen abzubauen."

Die Tatsache, dass Nordkorea ein Interesse daran hat, eigene Sportler zu dem Großereignis ins Nachbarland zu schicken, ist an sich nicht überraschend, meint Robert Carlin. Er beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit den Entwicklungen auf der Halbinsel, war selbst über 30 Mal in Nordkorea. Zwischen 1989 und 2002 leitete er die Nordost-Asien-Abteilung im US-Außenministerium. Später arbeitete er als politischer Berater bei der "Korean Peninsula Energy Development Organization". "Seit vielen Jahren verfolgt Nordkorea diese Linie. Wiederholt haben Athleten auch an Sportwettkämpfen in Südkorea teilgenommen." Dabei ginge es im Hintergrund stets auch darum, bestehende Kontakte mit Seoul zu stärken oder aber neue Türen für Dialog aufzustoßen, schreibt Carlin auf der Internetseite 38North, die vom US-Korea-Institut der Johns-Hopkins-Universität im amerikanischen Baltimore betrieben wird.

Die koreanisch-koreanische Grenze in PanmunjomBild: Getty Images/J. Heon-Kyun

Die Hürden sind hoch

Allerdings sei die Zeit für Verhandlungen sehr knapp, gibt Carlin zu bedenken. Und das vor dem Hintergrund, dass auch inhaltlich viele Klippen zu umschiffen sind. "Beide Seiten werden Bedingungen stellen, die aus ihrer Sicht für jeden Fortschritt essentiell wichtig sind." Auch der Kommentator der "Korea Times" warnt vor zu viel Optimismus. "Es ist noch zu früh, um ein rosiges Bild der innerkoreanischen Wiederannäherung zu zeichnen. Die Entscheidung, wer die zwei Länder bei den Gesprächen repräsentieren wird und worum es dann konkret thematisch gehen soll, könnte für beide ein Problem darstellen."

Der Autor spricht außerdem eine Warnung an die Adresse der südkoreanischen Regierung aus. Diese sei möglicherweise "zu sehr darauf fokussiert, eine nordkoreanische Delegation zu den Spielen zu holen" und könnte darüber vergessen, vom Norden eine Einstellung seines Atom- und Raketenprogramms zu verlangen. "Moon sollte aber klar machen, dass das ultimative Ziel jedes Dialogs mit dem Norden eine Denuklearisierung ist."

Dazu kommt nach Ansicht des Autors auch noch die Frage nach der zu Grunde liegenden Strategie des nordkoreanischen Machthabers. Einerseits schlage Kim Jong Un gegenüber Seoul plötzlich moderate Töne an, gleichzeitig aber drohe er den USA, mit dem "Atomknopf" auf seinem Schreibtisch. "Kim könnte die Olympischen Spiele nutzen, um einen Keil zwischen Seoul und Washington zu treiben. Deshalb ist es für Seoul wichtig, die Allianz mit den USA zu stärken."

Bündnis mit Bruchstellen

Eine Allianz, die nicht immer einfach ist. Und auch nicht ohne Konflikt-Potenzial, erklärt Hwang Jaeho im Gespräch mit der DW. "Es gibt eine gewisse Spaltung zwischen Südkorea und den USA", so der Professor am Seoul Campus der Hankuk University of Foreign Studies. "Oberflächlich betrachtet hat Seoul Washington immer darin unterstützt, Druck auf den Norden auszuüben. Tatsächlich sind wir dagegen, dass die USA militärische Gewalt einsetzen." Direkt konfrontieren könne Südkorea die USA damit allerdings nicht.

Kim Jong Un bei seiner NeujahrsanspracheBild: Reuters/KCNA

Überhaupt wertet Hwang das Gesprächsangebot Kims an Südkorea als taktischen Zug - weil man das eigentliche Ziel derzeit nicht erreichen könnte und selbst auch ein Interesse daran habe, eine weitere Eskalation zu verhindern. "In erster Linie wollte Nordkorea einen Dialog mit den USA. Diese aber lehnen Gespräche im Moment ab. Also brauchte Nordkorea eine neue Strategie. Und da kam Südkorea wieder ins Spiel, dessen Regierung dazu bereit ist."

Die Zeichen zwischen den Zeilen

Die Option, die Gespräche mit Seoul wieder aufzunehmen, habe Pjöngjang seit der Amtsübernahme von Präsident Moon im Frühjahr 2016 scheinbar immer im Auge behalten, glaubt Robert Carlin. "Seitdem Kim regiert, hat Pjöngjang persönliche Beschimpfungen gegen Moon vorsichtig vermieden. Das ist ein typisches Signal dafür, dass man sich die Möglichkeit offen halten möchte, mit dem amtierenden Präsidenten zu sprechen."

Und es gibt noch ein weiteres Indiz. Dass Kim in seiner Neujahrsansprache ankündigte, sein Land sei bereit, direkt mit der Regierungspartei zu verhandeln, weist nach Einschätzung von Carlin in dieselbe Richtung. "So etwas war in der Vergangenheit ein Zeichen dafür, dass Nordkorea ein ernsthaftes Interesse an Fortschritten hatte."

Zumindest einmal hat es wohl schon geklingelt, das wieder freigeschaltete Krisentelefon zwischen Nord und Süd. Das berichtet die südkoreanische Regierung. 20 Minuten soll das Gespräch gedauert haben. Über den Inhalt ist nichts bekannt.

Mitarbeit: Miao Tian

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