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Politik

Koreanischer Gipfelerfolg mit Haken

Fabian Kretschmer aus Seoul
20. September 2018

Präsident Moon Jae In präsentiert sein Treffen mit Kim als vollen Erfolg. Dabei wurden wichtige Fragen zum Atomkomplex nicht angesprochen oder gar gelöst. Entscheidend ist aber der allgemeine Wille zur Annäherung.

Südkorea Präsident  Moon Jae-in  PK zum Gipfel mit Nordkorea
Bild: Reuters/Kim Hong-Ji

Sichtlich gut gelaunt betritt Südkoreas Präsident am Donnerstagabend das Pressezentrum in Seoul, nur wenige Stunden nach seinem Abschied von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Vor knapp 3.000 Journalisten ließ Moon kein Zweifel erkennen, dass er das dreitägige Gipfeltreffen in Pjöngjang als durchschlagenden Erfolg einschätzt: "Wir hatten aufrichtige, ehrliche Diskussionen”. Kim Jong Un habe erneut seinen Willen zur baldigen De-Nuklearisierung bekräftigt.

In der gemeinsamen Absichtserklärung beider Staatschefs spiegelt sich dieser Wille zur Abrüstung zumindest teilweise wider. Einerseits hat Kim versprochen, die Raketentestanlage in Dongchang-ri permanent zu schließen. Zwar hatte dies Nordkoreas Machthaber bereits im Juni gegenüber US-Präsident Donald Trump beim Gipfel in Singapur angekündigt. Neu ist jedoch, dass internationale Inspektoren zur Überprüfung ins Land gelassen werden sollen.

Nordkorea hatte bereits 2008 medienwirksam einen Kühlturm in seiner zentralen Atomanlage Yongbyon zerstört - seine Atomaufrüstung ging trotzdem weiter. Bild: picture-alliance/dpa

Abrüstung an Gegenleistungen der USA geknüpft

Zudem möchte Nordkorea nun auch seinen wichtigsten Nuklearkomplex in Yongbyon abrüsten. Diese Klausel hat jedoch einen ganz entscheidenden Haken: Sie ist an "korrespondierende Maßnahmen" aus Washington geknüpft. Welche Gegenleistungen sich Nordkorea genau vorstellt – Lockerungen der Sanktionen oder ein Friedensvertrag – ist nicht vermerkt. In anderen Worten: Kim bleibt vage genug, um sich eine bequeme Exit-Strategie offen zu halten.

Seouls Präsident sagte am Donnerstag, dass konkrete Schritte der De-Nuklearisierung nur zwischen Trump und Kim ausgehandelt werden können: "Natürlich haben wir unsere Gedanken über mögliche Szenarien ausgetauscht, aber diese sind nicht zur Veröffentlichung bestimmt". Allerdings werde Moon jene Botschaften mit nach Washington nehmen, um Trump davon zu berichten. Insofern wird Seoul seine Rolle als vertrauensbildender Vermittler zwischen Nordkorea und den USA festigen.

Die USA haben unterdessen bereits Bereitschaft gezeigt, den zuletzt ins Stocken geratenen Verhandlungsprozess mit Pjöngjang wieder aufzunehmen. So hat Washington unter anderem Nordkoreas Außenminister im Rahmen der UN-Vollversammlung nächste Woche in New York zu Gesprächen eingeladen.

Die Grenze soll dank verschiedener Maßnahmen ein weniger gefährlicher Ort werden

Durchbruch bleibt aus

Den erhofften Durchbruch in Nordkoreas Atomfrage konnte der innerkoreanische Gipfel jedoch nicht hervorbringen. Im Vorfeld des Treffens hatten Regierungsmitglieder aus Seoul wiederholt die vage Hoffnung geäußert, dass Nordkorea mit einem überraschenden Zugeständnis das Vertrauen Washingtons gewinnen wird - etwa durch eine Deklarierung von Teilen seines Atomprogramms. Dies ist jedoch nicht geschehen, ebenso wenig hat Kim Jong Un eine konkrete Definition seiner Vorstellung von De-Nuklearisierung vorgelegt.

"Natürlich wäre es schön gewesen, wenn Nordkorea ein Inventar seiner Atomanlagen publiziert hätte”, sagt der Washingtoner Polit-Experte Harry J. Kazianis: "Aber wir dürfen nicht die historische Perspektive verlieren: Gipfeltreffen sind Veranstaltungen, die allmählich zu großen Ergebnissen führen. Wir sind auf dem richtigen Weg”.

Nordkorea bedroht US-Stützpunkt Guam - jetzt kein Thema mehr Bild: Getty Images/AFP/J. Yeon-Je

Abrüstung an der innerkoreanischen Grenze

Abseits der Nuklearfrage war der Gipfel in Pjöngjang jedoch ein voller Erfolg: Zweifelsohne ist die koreanische Halbinsel seit gestern ein weniger gefährlicher Ort geworden: Beide Koreas wollen die Wachposten in der entmilitarisierten Zone abrüsten, Militärübungen entlang der Grenze beenden und noch vor Jahresende mit der Wiederherstellung der innerkoreanischen Eisenbahnstrecke beginnen.

Die Erinnerung die "Feuer und Wut"-Rhetorik zwischen Trump und Kim von letztem Jahr reicht, um die nun in Pjöngjang erzielten Einigungen als historisches Glück zu empfinden: Damals stand die koreanische Halbinsel am Rande eines Krieges. Davon ist heute nichts mehr zu spüren: Kim Jong Un wird noch in diesem Jahr die südkoreanische Hauptstadt besuchen, als erster nordkoreanischer Staatschef überhaupt. Ein mutiger Schritt. Er wird in Seoul von Zehntausenden wütenden Demonstranten begrüßt werden – ein eindrucksvoller Beweis für eine der lebendigsten Demokratien Asiens.

Dass Moons Nordkorea-Politik auch unter seinen Landsleuten zumindest weitgehende Zustimmung erhält, zeigen seine Umfragewerte: Nach drastischen Einbrüchen der letzten Wochen sind diese in der jüngsten Umfrage kurz nach Veröffentlichung der Gipfelresultate wieder auf über 59 Prozent anstiegen.

 

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