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Politik

Korruption in Malta - was tut die EU?

Barbara Wesel
19. April 2018

Ein internationales Journalisten-Konsortium versucht den Mord an der Kollegin Daphne Garuana Galizia aufzuklären, denn die Justiz in Malta macht keine Fortschritte. Was tut die EU, um die Zustände im Land zu ändern?

Frankreich Straßburg EU-Parlament Pressesaal nach Enthüllungsjournalistin umbenannt
Bild: EP/F. Marvaux

45 Journalisten aus 15 Ländern arbeiten inzwischen gemeinsam daran, die Arbeit der maltesischen Journalistin Daphne Garuana Galizia zu vollenden. Und sie hoffen, in diesem Zusammenhang möglicherweise auch den entscheidenden Hinweis auf die Hintermänner ihrer Ermordung zu finden. Die Regierung in Malta selbst und die Justizbehörden des Landes haben ein halbes Jahr nach der Tat noch keinerlei neue Ermittlungsergebnisse vorgelegt. Der Eindruck besteht, dass die Untersuchungen mit wenig Nachdruck betrieben und möglicherweise peinliche Ergebnisse nicht veröffentlicht werden. Was aber tut die Europäische Union, um Druck auf ihr Mitgliedsland Malta auszuüben, und welche Mittel gibt es, um investigative Journalisten zu schützen?

Keine Verletzung der Rechtsstaatlichkeit in Malta

"Die EU-Kommission erwartet eine unabhängige und gründliche Untersuchung, bis die Verantwortlichen gefunden sind und der Justiz überantwortet werden", sagt Sprecher Margaritis Schinas. Aber wie hoch sind die Chancen dafür, wenn in Malta Politik, Justiz und Polizeibehörden eng verwoben sind und die Unabhängigkeit der Gerichte und Untersuchungsrichter in Zweifel steht? Diese Verflechtungen darzustellen, war seit Jahren Teil der Arbeit der ermordeten Journalistin, und neue Einzelheiten werden jetzt vom Rechercheteam des Projekts "Daphne" veröffentlicht.

Dennoch sieht die Kommission in Brüssel keine systematische Krise der Justiz in Malta, es werde kein Verfahren wegen Verletzung der Rechtsstaatlichkeit angestrengt, erklärt Schinas. Man habe den Fall diskutiert, und der Rechtsstaat in Malta sei nicht gefährdet. Wohl aber gebe es spezifische Probleme, über die man mit Malta rede, und die Kommission stehe in Kontakt mit der dortigen Regierung. Sven Giegold, Europaabgeordneter der Grünen und Teilnehmer der EU-Delegationsreise nach Malta, widerspricht: "Es gibt ein systematisches Problem mit der Rechtsstaatlichkeit, und das wird von der Kommission vertuscht. Sogar nach dem Tod von Daphne wird es noch vertuscht, und das finde ich ungeheuerlich."

Kritiker behaupten, Ministerpräsident Joseph Muscat werde von Brüssel geschont Bild: picture-alliance/AP Photo

Für einen weiteren Bereich zweifelhafter Aktivitäten auf Malta, den Verkauf von europäischen Pässen, kündigt Brüssel einen Bericht an. Im Prinzip aber liege die Zuständigkeit dafür beim jeweiligen Mitgliedsland, und man könne ohne weiteres keine Rechtsverstöße erkennen. Über diese Geschäfte der maltesischen Regierung aber hatte Daphne Garuana Galizia ausführlich geschrieben: Für rund 1,1 Million Euro an Investitionen und Kosten kann jeder Drittstaatsangehörige in einem einfachen Verfahren Bürger von Malta werden. Der Vorwurf hier ist, dass die Geschäftsleute aus Russland, China und arabischen Ländern, die Hauptnutznießer dieser Regelung sind, sich damit die Reisefreiheit in Europa erkaufen oder Sanktionen und Strafverfolgung in anderen Ländern entgehen wollen. Diese Leute hätten weder einen persönlichen Bezug zu dem Inselstaat noch wollten sie dort tatsächlich leben.

Hilft eine weitere Gesetzesänderung?

Anders sieht es beim Vorwurf der Geldwäsche aus, der im Mittelpunkt zahlreicher krimineller Aktivitäten auf Malta steht. Unter anderem sind es Verbindungen zwischen der autokratischen Regierung von Aserbeidschan, der Pilatus Bank in Malta und Regierungschef Joseph Muscat, die Daphne aufgedeckt hatte. Ende März schlossen maltesische Behörden die Bank, der iranische Eigentümer sitzt inzwischen in den USA in Haft, aber die Aufklärung der obskuren Geldgeschäfte zwischen Baku und Malta ist danach noch nicht voran gekommen.

Von dem Verkauf maltesischer Pässe profitieren offenbar insbesondere windige GeschäftsleuteBild: DW/A. de Loore

Der Internationale Währungsfonds hatte der Regierung in Malta Ende Januar ins Stammbuch geschrieben: "Nachhaltige Anstrengungen müssen unternommen werden, um die Integrität des Finanzsystems zu gewährleisten. Eine robuste Umsetzung und effektive Kontrolle der Geldwäsche-Vorschriften ist entscheidend." Und hier räumt auch die EU-Kommission ein, dass Malta Probleme hat: "Die Kommission prüft, ob ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Geldwäsche gegen Malta angestrengt werden soll", sagt Sprecher Margaritis Schinas. Und er verweist auf die "5. Geldwäsche-Richtlinie", die am Donnerstag vom EU-Parlament beschlossen wurde. Dadurch würden die Vorschriften noch einmal deutlich strikter und das Geschäft der Geldwäsche erschwert.

Öffentliches Register der Eigentümer und Trusts

Schon bei der letzten Novelle der Geldwäsche-Richtlinie habe es wichtige Änderungen gegeben, sagt Judith Sargentini, Verhandlungsführerin im Europaparlament, "Seitdem müssen die Eigentümer von Unternehmen und Immobilien als Personen in einem öffentlichen Register aufgeführt werden. Aber jetzt machen wir einen Sprung und haben die Trusts hinzugefügt." Wenn auch deren begünstigte Eigentümer registriert werden müssen, könnten Mittelsmänner hinter dubiosen Unternehmen aufgedeckt, Geldwäsche, Terrorfinanzierung und Steuerflucht unterbunden werden. Allerdings darf man hier keine schnellen Änderungen erwarten: Bis die letzte Novelle zur Geldwäsche in Kraft trat, vergingen in der EU drei Jahre.

"Unsere Idee ist, dass das einen gewissen Reinigungseffekt hat", sagt Sargentini, denn kriminelle Machenschaften könnten dann kaum noch hinter der Fassade scheinbar legaler Unternehmen verborgen werden. Sie ist auch stolz darauf, dass es im EU-Parlament gelungen sei, den Wunsch einiger Mitgliedstaaten abzuschmettern, den Zugang zu dem Register stark einzuschränken. Italien wollte es nur bei anhängigen Gerichtsverfahren öffnen. Jetzt aber soll es auch Nicht-Regierungsorganisationen und investigativen Journalisten zugänglich sein und könnte damit ein wichtiges Instrument der Recherche werden.

Proteste in Malta gegen die Ermordung der JournalistinBild: Reuters/D. Zammit Lupi

Probleme sieht die Europaabgeordnete vor allem bei der stringenten Umsetzung der Vorschriften in den Mitgliedsländern. "Sie machen große Sprüche, wie schädlich Geldwäsche ist, und verschleppen dann die Umsetzung der Regeln." Oder es werden zugängliche Informationen nicht ausgewertet. Die Anwaltskanzlei, die Hauptbetreiber des Passgeschäftes auf Malta ist, soll zu zwei Trusts gehören, als deren Begünstigte eine unbekannte Frau aus Malaysia aufgeführt wird. Sie ist möglicherweise ein Familienmitglied eines Mitarbeiters der Kanzlei. Es gilt nicht nur die Namen herauszufinden, sondern auch Strohmänner zu identifizieren.

Dennoch glaubt Judith Sargentini, die neue Gesetzeslage werde auch für investigative Journalisten wie Daphne Garuana Galizia Verbesserungen bringen: "Wir können ihren Mord nicht ungeschehen machen, aber wenn gewisse Informationen in der Öffentlichkeit sind, wird die Aufklärung hoffentlich leichter und die Recherche weniger gefährlich."

45 Journalisten aus 15 Ländern setzen mit dem "Projekt Daphne" die Recherchen der ermordeten Journalistin fort. Sie werden unterstützt von der privat finanzierten Investigativ-Plattform "Forbidden stories". Beteiligt sind u.a. Guardian, Reuters, NY Times, Le Monde, SZ, NDR und WDR. Bild: Getty Images/AFP/M. Mirabelli