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Politik

Korruptionsverdacht beim BAMF

20. April 2018

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist offenbar von einem Korruptionsskandal betroffen. Eine leitende Mitarbeiterin soll in etwa 2000 Fällen Asylanträge ohne rechtliche Grundlage positiv beschieden haben.

Deutschland Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg
Bild: picture alliance/dpa/Geisler-Fotopress

Die Bundesregierung hat Ermittlungen gegen eine Mitarbeiterin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bestätigt. Es gebe Ermittlungen gegen Einzelne unter einem "erheblichen Verdacht", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Das Bundesinnenministerium ergänzte, dass eine betroffene Beamtin von ihren Aufgaben entbunden worden sei. Nähere Angaben könnten angesichts des laufenden Verfahrens nicht gemacht werden.

Asylbewerber waren hauptsächlich Jesiden

Medienberichten zufolge soll die leitende BAMF-Mitarbeiterin der Außenstelle Bremen in mehr als 2000 Fällen Asyl gewährt haben, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht vorlagen. Bei den Asylbewerbern soll es sich sich zum großen Teil um Jesiden gehandelt haben. Neben der BAMF-Angestellten sollen noch drei Rechtsanwälte und ein Dolmetscher Ziel von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bremen sein. Ob tatsächlich Geld geflossen ist, steht den Berichten zufolge aber noch nicht fest. Zumindest die Beamtin solle aber Zuwendungen etwa in Form von Restaurant-Einladungen erhalten haben. 

Zuerst war von 1200 Fällen die Rede. Mittlerweile heißt es, die Ermittler gingen von rund 2000 Fällen in den Jahren 2013 bis 2017 aus. Nur 98 der Anträge lagen demnach überhaupt im Zuständigkeitsbereich der Bremer BAMF-Außenstelle. Die Asylsuchenden kamen den Angaben zufolge überwiegend nicht aus Bremen, sondern aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. 

Bislang keine Stellungnahme vom BAMF

Laut der Bremer Staatsanwaltschaft stammen die drei Rechtsanwälte aus Bremen, Oldenburg und Hildesheim. Die Ermittler teilten auch mit, dass in den vergangenen Tagen in diesem Zusammenhang acht Objekte in Bremen und Niedersachsen durchsucht worden seien, darunter mehrere Kanzleien. Der Vorwurf laute auf Bestechlichkeit und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragsstellung. Eine Bamf-Sprecherin kündigte an, es seien "Regel- und Widerrufsprüfungen" veranlasst worden. Innen-Staatssekretär Stephan Mayer sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die in Bremen ausgestellten Anerkennungsbescheide würden schnellstmöglich überprüft und gegebenenfalls zurückgenommen. 

Ulla Jelpke von der Linkspartei sieht keinen BetrugsvorwurfBild: picture alliance/ZB/B. Pedersen

Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Bundestagfraktion, Ulla Jelpke, versteht angesichts der ohnedies fast 100-prozentigen Anerkennungsquote für Syrer den Betrugsvorwurf nicht. "Da braucht man niemanden zu bestechen", so Jelpke. Die Anerkennungsquote für Jesiden aus Syrien - also die Gruppe, um die es in Bremen ging - lag in Deutschland 2016 zwischen 92 und 96 Prozent, wie die Bundesregierung im vergangenen Frühjahr auf eine kleine Anfrage der Linken mitgeteilt hatte.

"Mitarbeiterin wird an den Pranger gestellt"

Im Vergleich zu anderen Bundesländern falle Bremen aber seit Jahren durch überdurchschnittlich hohe Anerkennungsquoten auf und das missfalle all jenen, die einen restriktiven Kurs in der Asylpolitik durchsetzen wollten, vermutet Jelpke. "Ich befürchte, dass hier eine unliebsame Mitarbeiterin des BAMF an den Pranger gestellt werden soll, die nicht bereit war, diese Politik mitzutragen."

Fragen stellt man sich auch bei der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. Gerade Syrer und auch Jesiden hätten im Grundsatz eine gute Chance auf Anerkennung, so Bernd Mesovic von Pro Asyl. Die religiöse Minderheit der Jesiden stammt aus dem Irak, Syrien, der Türkei und dem Iran. Als die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) im Sommer 2014 große Gebiete im Nordirak überrannte, waren Zehntausende Jesiden vor den Gräueln der Extremisten geflohen.

Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, seine Fraktion fordere für die nächste Sitzung des Innenausschusses einen Bericht der Regierung. Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg warf der großen Koalition schwere Fehler im Umgang mit dem Bamf vor. "Die Koalition hat nach der Grenzöffnung im Herbst 2015 viel zu spät auf Warnzeichen aus dem Bamf reagiert." Offenbar habe es auch Raum für Missbrauch und Korruption gegeben.

sti/gri/se (rtr, afp, dpa, tagesschau.de)

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