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Politik

Kosovo bekommt eine eigene Armee

Bahri Cani
19. Oktober 2018

Zehn Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung hat der Kosovo erste Schritte zur Gründung einer eigenen Armee unternommen. Doch die Parlamentsentscheidung ist umstritten - nicht nur aus der Sicht Serbiens.

KSF-Parade in Prishtina
Bild: Getty Images/AFP/A. Nimani

Das Parlament im Kosovo hat mit großen Mehrheit (101 von 120 Abgeordneten) für drei Gesetze gestimmt, um die Kosovo Security Force (KSF) in eine reguläre Armee umzuwandeln; bisher sind die KSF lediglich für Einsätze im Katastrophenfall vorgesehen. Die zehn Abgeordneten der serbischen Minderheit im Kosovo hatten jedoch vor der Abstimmung aus Protest die Debatte verlassen. Die serbischen Abgeordneten sowie die Regierung in Serbien betrachten die Gründung einer Kosovo-Armee als inakzeptabel. Der serbische Verteidigungsminister Aleksandar Vulin sprach in Belgrad von einem "Skandal" und einer "Bedrohung" für Serbien, für die Serben und für den Frieden in der Region.

Ablehnung und Euphorie

Bislang hat der Kosovo keine eigene Armee, sondern nur die Kosovo Security Force. Diese Sicherheitstruppe hat derzeit 2000 Mitglieder - 200 von ihnen werden von den Minderheiten im Kosovo gestellt - und ist nur mit leichten Waffen ausgestattet. Für die Gründung einer Armee sollte ursprünglich eine Verfassungsänderung vorgenommen werden, für die eine Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Abgeordneten aus den Minderheiten notwendig ist. Die serbischen Abgeordneten haben jedoch immer wieder klar gemacht, dass sie gegen die Gründung einer Kosovo-Armee stimmen würden.

Aus dieser Lage hat die Kosovo-Regierung einen Ausweg gesucht und eine Umwandlung der KSF in eine reguläre Armee vorgeschlagen, um eine Blockade im Parlament zu verhindern. Alle albanischen Regierungsparteien sowie die Opposition haben den drei vorgeschlagenen Gesetzen - für die Gründung eines Verteidigungsministeriums, für die Transformation der KSF in eine reguläre Armee und für ein Mandat für diese Armee - zugestimmt, ebenso wie auch mehrere Abgeordnete anderer Minderheiten im Kosovo.

Bisher vor allem im Katastrophenfall zuständig: Ein Mitglied der Kosovo Security Forces (KSF)Bild: Getty Images/AFP/A. Nimani

Anders als in Belgrad und unter den Serben im Kosovo hat diese Entscheidung des Parlaments eine große Euphorie unter den Kosovo-Albanern ausgelöst. Präsident Hashim Thaçi, Parlamentspräsident Kadri Veseli und Premierminister Ramush Haradinaj bezeichnen sie als ganz großen Schritt zur Vervollständigung des Kosovo-Staates und als Garantie für die Sicherheit des jüngsten Staates in Europa.

Parlamentspräsident Veseli erklärte in einem exklusiven Interview mit der Deutschen Welle, dass auch Kosovo-Serben und Angehörige anderer Minderheiten Teil der neuen Armee sein werden. Nach einem Treffen mit seinem Amtskollegen Wolfgang Schäuble in Berlin sagte er, dass es unter den westlichen Partnern für die Gründung der Kosovo-Armee Zustimmung gebe. "Wir sind ein unabhängiges und souveränes Land. Unsere Armee werden wir in Zusammenarbeit mit der NATO, der Bundeswehr und der amerikanischen, englischen, französischen und italienischen Armee gründen". Auch Premier Haradinaj betonte, dass die Regierung im Kosovo bezüglich der neuen Armee "eine regelmäßige und kontinuierliche Kommunikation mit NATO, USA, Deutschland und Großbritannien" habe.

USA stimmen Änderung zu

Bis vor zwei Wochen hatten die NATO-Vertreter noch für eine Verfassungsänderung zur Gründung der Armee plädiert. Nach dem letzten Besuch Thaçis und Haradinajs in den USA und einem Treffen mit US-Verteidigungsminister James Mattis sagten beide, dass sie die Zustimmung der amerikanischen Regierung bekommen hätten. Dadurch hat sich zuletzt auch der Ton im NATO-Sitz in Brüssel leicht geändert. "Die kosovarischen Behörden entscheiden über Änderungen des Mandats und über die Strukturen der KSF. Die NATO unterstützt das jetzige Mandat der KSF; der NATO-Rat wird später das Ausmaß des NATO-Engagements im Kosovo überprüfen", sagte ein Vertreter des Bündnisses gegenüber der DW.

Noch 4000 im Einsatz: KFOR-Soldaten im KosovoBild: Getty Images/AFP/A. Nimani

Seit dem Ende des Kosovo-Kriegs 1999 ist die von der NATO geführte KFOR-Mission für die Sicherheit im Kosovo zuständig und verantwortlich. Am Anfang gab es im Kosovo mehr als 50.000 KFOR-Soldaten. Derzeit umfasst die Mission noch etwas mehr als 4000 Soldaten. Darunter sind auch deutsche Einsatzkräfte, obwohl die Bundeswehr Anfang Oktober die mehr als 19 Jahre lang genutzte Basis in der Stadt Prizren im Süden des Landes verlassen hat. Die Bilanz der bisherigen deutschen Beteiligung an der KFOR-Mission im Kosovo: insgesamt knapp 130.000 im Einsatz, 27 tote Soldaten und Kosten von circa 3,5 Milliarden Euro.

Der Kosovo hat am 17. Februar 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Mehr als 115 Staaten haben die Unabhängigkeit inzwischen anerkannt. Serbien betrachtet Kosovo jedoch weiterhin als seine Provinz.

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