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Nach dem Referendum

17. Februar 2012

Die serbische Minderheit im Norden des Kosovo erkennt die Regierung in Pristina nicht an. Das ist das Ergebnis eines Referendums, von dem die EU, Serbien und das Kosovo zuvor abgeraten hatten.

The advertising billboard reading 'INDEPENDENCE' seen behind a road sing at the entrance of tha capitol Pristina ,Kosovo, 15 February 2008. Leaders of Kosovo's ethnic Albanian majority are expected to proclaim independence from Serbia on Sunday or Monday, the day of a crucial EU foreign ministers meeting that will discuss the issue. EPA/GEORGI LICOVSKI +++(c) dpa - Bildfunk+++
Pristina KosovoBild: picture-alliance/dpa

Unmittelbar vor dem vierten Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von Serbien wurden die Kosovo-Serben aufgerufen, in einem zweitägigen Referendum (14.-15.2.) folgende Frage zu beantworten: "Erkennen sie die Institutionen der so genannten Republik Kosovo in Pristina an?“ Das Ergebnis der Volksabstimmung fiel erwartungsgemäß aus - fast 100 Prozent der Teilnehmer stimmten mit "Nein“. 75 Prozent der 35 000 Stimmberechtigten gingen zu den Urnen.

Der Bürgermeister der kosovarischen Stadt Mitrovica, Krstimir Pantic, sagte nach dem Referendum: "Unsere Bürger haben sich entschieden, der internationalen Gemeinschaft, den Albanern und leider auch einem Teil der Politiker in Belgrad zu zeigen, dass wir zu keinem Preis akzeptieren werden, ein Teil des sogenannten unabhängigen Kosovos zu werden." Belgrad erkennt die Unabhängigkeit der ehemaligen südserbischen Provinz weiterhin nicht an. Doch zahlreiche Serben aus dem Norden des Kosovo befürchten, dass Serbien in diesem Punkt nachgeben könnte, um offiziel EU-Beitrittskandidat zu werden.

Zweifel und Schuldzuweisungen

Doch die Abstimmung ist nicht nur juristisch bedeutungslos, sie wurde vom Anfang an von Brüssel, Pristina und Belgrad kritisiert. Das Parlament in Pristina hatte noch vor dem Ausgang des Referendums am Mittwochnachmittag (15.2.) eine Resolution verabschiedet, in der die Abstimmung als illegal und ungültig bezeichnet wurde. "Diese von der Republik Serbien finanzierten und geleiteten Strukturen richten sich gegen die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Republik Kosovo“, hielten die Kosovo-Parlamentarier zudem in der Resolution fest.

Fast 100 Prozent der Kosovo-Serben stimmten beim Referendum mit "Nein" abBild: picture-alliance/dpa

Der Vizepremierminister des Kosovo, Hajredin Kuqi, stellte die Kompetenzen der Referendumsveranstalter in Frage und richtete seine Kritik direkt an die Adresse der Regierung in Belgrad: "Ich denke, es handelt sich um einen Versuch der serbischen Regierung, ein Spiel mit diesem Teil des Kosovo zu treiben.“ Es sei der Versuch einiger Serben, die sich mit den illegalen Strukturen identifizieren, Legitimität zu erlangen, sagte Kuqi und fügte hinzu: "Vielleicht werden sie versuchen das Referendum in Zukunft als politisches Druckmittel einzusetzen.“ Doch so schnell, wie es geplant und abgehalten wurde, werde man es auch vergessen, setzte Kuqi noch nach.

Der Westen würde den Ausgang dieses Referendums ignorieren, glaubt Dragan Popovic, Direktor der serbischen Nichtergierungsorganisation "Zentrum für praktische Politik“. Auch er äußerte Bedenken wegen der Umstände, unter denen die Abstimmung stattgefunden hat: "Wir wissen nicht, wie viele Menschen ihre Stimme abgegeben haben, wir wissen nicht einmal, ob sie es aus freiem Willen getan haben.“ Im Norden des Kosovos gäbe es viele Strukturen, die die Menschen einschüchtern könnten, so Popovic. "Es handelt sich um ein Farce in der Regie der politischen Führung im Norden des Kosovo, und ich erwarte, dass das von allen so betrachtet wird.“

Rückschlag für den Dialog

Der serbische Präsident Boris Tadic hatte bereits zum Auftakt des Referendums am Dienstag (14.2.) erklärt, dass die Abstimmung die Interessen seines Landes gefährde. Gleichzeitig aber betonte er, dass Belgrad die Unabhängigkeit des Kosovo niemals akzeptieren werde. Serbien hatte seinen Landsleuten im Norden des Kosovo von dem Referendum sogar abgeraten.

Dass es dennoch stattgefunden hat, könne man als Bruch der Kosovo-Serben mit Belgrad sehen, sagt Jelena Milic, Direktorin der serbischen Nichtregierungsorganisation "Zentrum für euro-atlantische Studien“. Sie glaubt nicht, dass die Abstimmung Serbiens Bemühungen um einen EU-Kandidatenstatus gefährdet, da sich die serbische Regierung zuvor klar distanziert habe. Wenn das Referendum jemandem politischen Schaden zufüge, dann vor allem dem Dialog zwischen Belgrad und Pristina: "Die große Frage lautet jetzt: Inwieweit kann Serbien jene Vereinbarungen mit Pristina umsetzen, die von der Beteiligung der Kosovo-Serben abhängig sind.“

Grafitti in Belgrad: "Kosovo ist serbisch"Bild: AP

Die EU betrachtet die Volksabstimmung ebenfalls als problematisch. Weder Gewalt und Barrikaden, noch ein Referendum seien die Lösung für den Konflikt zwischen den Regierungen in Belgrad und Pristina, sagte eine EU-Sprecherin in Brüssel.

Ahtisaari-Plan umsetzen

Das Referendum wird den Kosovo-Serben nichts bringen, glaubt Doris Pack, EU-Abgeordnete und Vorsitzende der Delegation für die Beziehungen des Europaparlaments zu den Ländern Südosteuropas. Die EU und die Internationale Gemeinschaft müssten zusammen mit Serbien und dem Kosovo eine Lösung finden, sagte Pack. Dabei sollte man sich nach dem sogenannten Ahtisaari-Plan der Vereinten Nationen richten, der die Rechte der serbischen Minderheit im Kosovo regelt. Der Plan gelte auch für den Norden des Kosovo, sagte Pack: "Da gibt es einen Plan genau wie im Süden, dass sich serbische Gemeinden bilden, die von serbischen Politikern geführt werden, aber alles natürlich in einem unabhängigen Staat Kosovo. “

Auch die Abgeordneten in Pristina haben sich in ihrer Resolution noch einmal für die Umsetzung des Ahtisaari-Plans ausgesprochen, der in die Verfassung der Republik Kosovo aufgenommen ist. Sie riefen die serbische Minderheit auf, sich für die Umsetzung des Plans zu engagieren.

Autorin: Blagorodna Grigorova
Redaktion: Verica Spasovska

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