Kosovo-Serben zerstören Grenzposten
28. Juli 2011Der Grenzkonflikt zwischen dem hauptsächlich von Albanern bewohnten Kosovo und der benachbarten Republik Serbien geht in die nächste Runde: Aufgebrachte Angehörige der serbischen Minderheit im Kosovo griffen am Mittwochabend den im Norden gelegenen Grenzposten Jarinje mit Brechstangen, Äxten und Molotow-Cocktails an und setzten ihn in Brand.
Die NATO-Schutztruppe im Kosovo (KFOR), die in der Nähe einen Stützpunkt hat, erklärte, außerdem sei auf ihr Personal geschossen worden. NATO-Soldaten gingen mit Tränengas gegen die serbischen Demonstranten vor.
Die internationale Schutztruppe verlegte weitere Soldaten in die Nähe des Grenzübergangs, um eine Eskalation der Gewalt zu verhindern. Die Nacht sei ohne weitere Zwischenfälle verlaufen, ließ der Oberbefehlshaber der Truppe, der deutsche General Erhard Bühler, mitteilen. KFOR-Soldaten übernahmen am Donnerstag (28.07.2011) die Kontrolle am zerstörten Übergang Jarinje. Zusätzlich seien deutsche Einheiten im Norden des Kosovo stationiert worden.
Importverbot für serbische Waren
Die Auseinandersetzungen hatten begonnen, nachdem die Behörden des Kosovo vor knapp einer Woche ein Importverbot für Waren aus Serbien verhängt hatten. Die von Serben dominierte Bevölkerung im Norden des Kosovo war entschieden gegen den Schritt. Die kosovarische Polizei hatte deshalb Spezialeinheiten an die Grenzübergänge Jarinje und Brnjak geschickt, um die neue Regelung durchzusetzen. Bisher standen die beiden Grenzposten unter serbischer Kontrolle. Beim Einsatz der Sondereinheiten war ein Polizist getötet worden. Am Mittwoch waren die Spezialeinheiten dann wieder abgezogen worden, nachdem auch die USA und die EU den Einsatz als nicht abgesprochen kritisiert hatten.
Die Europäische Union verurteilte die jüngsten Ausschreitungen. Die Gewalt sei "inakzeptabel" und "untragbar", sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Mittwochabend. Sie habe sowohl mit dem serbischen Präsidenten Boris Tadic als auch mit dem kosovarischen Regierungschef Hashim Thaci telefoniert und beiden ihre "Besorgnis" mitgeteilt.
Pristina beschuldigt Belgrad
Tadic seinerseits rief die Serben im Kosovo zu einem sofortigen Ende der Gewalt auf. "Hooligans, die Gewalt verursachen, verteidigen nicht Serbien oder die serbischen Bürger", heißt es in einer Erklärung seines Büros. Die Regierung in Belgrad will für Serbien noch in diesem Jahr den Status eines EU-Beitrittskandidaten erreichen.
Dagegen beschuldigte Thaci die serbische Führung, hinter den Ausschreitungen zu stehen. "Die Gewalttaten sind bestellt, geplant und geleitet von den höchsten Ebenen der serbischen Regierung", sagte Thaci am Mittwochabend vor Journalisten in Pristina. Es werde "keine Kompromisse geben". Am Donnerstag wird sich der UN-Sicherheitsrat in New York auf Antrag Serbiens mit der Lage befassen.
Autoren: Dirk Eckert, Susanne Eickenfonder (afp, rtr, dapd, dpa)
Redaktion: Thomas Grimmer