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Politik

Kosovo: Serbien will doch nur provozieren

6. Januar 2017

Der frühere Kosovo-Premier Haradinaj ist am Mittwoch in Frankreich festgenommen worden - weil ihm Serbien Kriegsverbrechen vorwirft. Nun tritt der alte Konflikt zwischen beiden Balkan-Staaten wieder offen zu Tage.

Kosovos Ex-Regierungsschef Ramush Haradinaj wird ins Gerichtsgebäude im französischen Colmar gebracht (Foto: picture alliance/dpa/AP Photo/J. F. Badias)
Kosovos Ex-Regierungsschef Ramush Haradinaj wird ins Gerichtsgebäude im französischen Colmar gebracht Bild: picture alliance/dpa/AP Photo/J. F. Badias

Kosovos derzeiger Ministerpräsident Isa Mustafa äußerte im Namen der Regierung seine "Besorgnis". Der serbische Haftbefehl gegen  Ramush Haradinaj sei "politisch motiviert" und "unfreundlich" gegenüber dem Kosovo. Serbische Haftbefehle gegen Politiker im Kosovo nannte der Regierungschef "vollkommen illegal". Belgrad gehe es darum, "Spannungen und Konflikte anzuheizen und den europäischen Prozess in der Region und darüber hinaus in Frage zu stellen". Der albanische Regierungschef Edi Rama nannte Haradinajs Festnahme eine "Absurdität".

"Sucht die Verbrecher in Serbien!"

Mehrere hundert ehemalige Kämpfer der einst von Haradinaj angeführten Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) protestierten unterdessen vor der französischen Botschaft in der Hauptstadt Pristina. Auf mitgeführten Transparenten hieß es auf Englisch und Französisch: "Sucht die Verbrecher in Serbien!", "Haradinaj ist ein Befreier" oder "Beleidigt nicht das Kosovo!" Der serbische Innenminister Nebojsa Stefanovic entgegnete, Haradinaj werde "nicht aus politischen Gründen gesucht", sondern wegen "schwerer Kriegsverbrechen gegen Serben".

In Treue fest: Ehemalige UCK-Kämpfer demonstrieren in Pristina für die Freilasssung ihres früheren AnführersBild: picture alliance/dpa/AP Photo/V. Kryeziu

Haradinaj war am Mittwoch auf dem ostfranzösischen Flughafen Basel-Mühlhausen aufgrund eines internationalen Haftbefehls Serbiens festgenommen worden. Der 48-Jährige war mit einem Diplomatenpass gereist. Die französische Justiz prüft derzeit, ob sie den heutigen Oppositionspolitiker ausliefert.

Haradinaj während des Kosovo-Krieges Befehlshaber der UCK

Haradinaj war während des Kosovo-Krieges in den Jahren 1998 und 1999 Befehlshaber der UCK. Im Dezember 2004 wurde er zum ersten Regierungschef des Kosovo gewählt. Nach hundert Tagen im Amt trat er zurück, um sich den Vorwürfen des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag zu stellen. Ihm wurde vorgeworfen, für Morde, Misshandlungen und Vergewaltigungen von serbischen und kosovoalbanischen Zivilisten verantwortlich zu sein. 2008 sprach das Haager Tribunal Haradinaj in 37 Anklagepunkten frei. Ein Berufungsurteil von 2012 bestätigte den Freispruch. Die serbischen Behörden wollen Haradinaj wegen Kriegsverbrechen im Kosovo-Krieg dennoch strafrechtlich verfolgen. Wegen des internationalen Haftbefehls war er im Juni 2015 schon einmal kurzzeitig in Slowenien inhaftiert worden.

Das fast nur noch von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 2008 von Serbien abgespalten und ist heute von weit mehr als 100 Ländern völkerrechtlich anerkannt. Serbien will seine frühere Provinz aber zurückhaben.

sti/cgn (afp, dpa)