Kosovos Parlament wählt Sprecher - Blockade geht weiter
29. August 2025
Der 45-jährige Dimal Basha, ein Abgeordneter der linken kosovarischen Regierungspartei Vetevendosje (VV), wurde am Dienstag (26.08.2025) mit 73 Ja-Stimmen zum Parlamentssprecher Kosovos gewählt, die der Position des Parlamentspräsidenten entspricht. Es bedurfte in den vergangenen Monaten nicht weniger als 57 Versuche der Abgeordneten und zur Klärung des Verfahrens zweier Urteile des Verfassungsgerichts bis Vetevendosje endlich einen Kandidaten fand, der die Unterstützung einer ausreichenden Zahl von Abgeordneten bekam.
Das Parlament war im Februar dieses Jahres gewählt worden. Seine Arbeit stand seitdem still, da bis zum Dienstag dieser Woche kein Präsident gewählt werden konnte. Dennoch kann das Parlament seinen Geschäftsbetrieb auch jetzt noch nicht aufnehmen, da es den Abgeordneten nicht gelang, alle stellvertretenden Sprecher zu wählen. Einer der Stellvertreter muss aus dem Kreis der Vertreter der serbischen Minderheit kommen, so schreibt es die Verfassung vor. Doch die erforderliche Mehrheit von 61 Stimmen fand sich nicht.
Die von Serbien unterstützte serbische Partei Srpska Lista, die mit neun Abgeordneten im Parlament vertreten ist, schlug als Kandidaten Slavko Simic vor. Doch der erhielt in drei Wahlgängen nicht die erforderlichen Stimmen. Als sein Name zum vierten Mal vorgeschlagen wurde, ließ der neue Sprecher Dimal Basha die Abstimmung nicht zu und berief sich dabei auf ein Urteil des Verfassungsgerichts, das festlegt, dass ein Kandidat für das Amt des Sprechers nicht mehr als dreimal nominiert werden kann.
Trotz des Widerstandes der Srpska Lista behauptete Basha, dass die Regel für die Wahl aller stellvertretender Sprecher gelte. Als die Srpska Lista sich dennoch weigerte, einen anderen Kandidaten zu benennen, loste Basha Kandidaten aus den Namen der verbleibenden acht Abgeordneten der Srpska Lista aus. Aber auch sie erhielten nicht genügend Stimmen.
Keine Lösung der Krise
Für die politische Analystin Donika Emini, Expertin in der Beratungsgruppe für Balkanpolitik in Europa (BIEPAG), ist Kosovo "weit von einer endgültigen Lösung der Krise entfernt, weil sich das Parlament nicht konstituieren kann". Für sie ist das Verhalten der Srpska Lista bei der Frage der Kandidatenbenennung "typisch", da diese Partei "die verfassungsmäßige Ordnung und die Republik Kosovo kontinuierlich in Frage stellt und das Narrativ Belgrads vertritt, dass die Existenz Kosovos als unabhängiges Land bestreitet".
Erst wenn die Riege des Parlamentspräsidenten und seiner Stellvertreter vollständig ist, kann die Präsidentin des Landes, Vjosa Osmani, der größten Partei, Vetevendosje, die Aufgabe übertragen, eine neue Regierung zu bilden. Mit 48 Abgeordneten im 120-köpfigen Parlament müsste ihr Vorsitzender Albin Kurti, der derzeitige amtierende Ministerpräsident, jedoch mindestens einen Koalitionspartner finden, um auf eine Mehrheit der Stimmen zu kommen. In Frage kommen dafür rein rechnerisch nur die Demokratische Partei Kosovos (PDK), die 24 Abgeordnete hat, und die Demokratische Liga Kosovos (LDK) mit 20 Abgeordneten.
Nach Meinung von Donika Emini sind "die Bedingungen für eine Zusammenarbeit von Vetevendosje mit der PDK und der LDK jedoch "sehr begrenzt". Dies gelte umso mehr für die anderen Parteien, so Emini zur DW. Sie schlussfolgert, dass damit die Wahrscheinlichkeit vorgezogener Neuwahlen wachse.
Neue Gewitterwolken
Doch auch ohne Parlamentswahlen stehen in Kosovo bald andere Wahlen an: im Oktober 2025 die Kommunalwahl, im Februar 2026 die Präsidentschaftswahl. Letztere erfolgt im Parlament - dort müssen zwei Drittel der Abgeordneten für ein Staatsoberhaupt stimmen.
Der Politologe Nexhmedin Spahiu sieht deshalb neue Gewitterwolken aufziehen: Wenn sich das Parlament mit den aktuellen Mehrheitsverhältnissen monatelang nicht einmal auf einen Kandidaten zum Parlamentspräsidenten habe einigen können, der ja mit einfacher Mehrheit gewählt werde, dann werde das für das Staatsoberhaupt umso schwerer, denn für seine Wahl seien zwei Drittel der Stimmen nötig. Deshalb sei es die "dringendste Aufgabe für das Parlament, im Moment seiner Konstituierung eine Verfassungsänderung zu beschließen", mit der die Präsidentschaftswahl zu einer Direktwahl durch das Volk gemacht werde.
Kosovo müsse alles tun, um neue politische Blockaden zu verhindern, so Spahiu. Ähnlich sieht es auch Donika Emini. Eine Blockade wie in den vergangenen Monaten gefährde nicht nur die Funktionsfähigkeit, "sondern sogar die Existenz Kosovos als Staat", sagt sie. Die gewählten Abgeordneten müssten sich dieser Dimension bei ihrer parlamentarischen Arbeit bewusst sein.