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PolitikPortugal

Kräftiger Rechtsruck bei Parlamentswahl in Portugal

11. März 2024

Rechtspopulismus war in Portugal länger als anderswo in Europa kein großes Thema. Damit ist es spätestens seit der Abstimmung vom Sonntag vorbei. Der Wahlsiegerin Demokratische Allianz stehen harte Zeiten bevor.

Der Chef der bislang oppositionellen Demokratische Allianz, Luis Montenegro, macht das  Victory-Zeichen
Die bislang oppositionelle Demokratische Allianz von Luis Montenegro hat die Parlamentswahl in Portugal mit hauchdünnem Vorsprung gewonnen Bild: MIGUEL RIOPA/AFP/Getty Images

Die oppositionelle Demokratische Allianz (AD) ist aus der Parlamentswahl am Sonntag in Portugal knapp als Wahlsiegerin hervorgegangen. Das Mitte-Rechts-Bündnis holte den bisherigen offiziellen Ergebnissen zufolge 29,49 Prozent der Stimmen und stellt künftig 79 von 230 Abgeordneten im Parlament. Die seit 2015 regierenden Sozialisten kamen nur auf 28,66 Prozent und 77 Sitze.

Hingegen konnte die erst 2019 gegründete rechtsextreme Chega-Partei ihren Stimmanteil im Vergleich zur Wahl vor zwei Jahren mit 18 Prozent mehr als verdoppeln und kommt auf 48 Sitze im künftigen Parlament in Lissabon. Für eine absolute Mehrheit wären 116 Sitze nötig. Die Auszählung der im Ausland abgegebenen Stimmen steht noch aus und wird nach offiziellen Angaben noch mehrere Tage in Anspruch nehmen.

Vom Populismus zum Rechtsextremismus?

AD-Spitzenkandidat Luís Montenegro hatte auf eine Koalition mit der Liberalen Initiative gehofft, die aber nur auf fünf Prozent und acht Sitze kam - damit reicht die kleine Partei dafür als Koalitionspartner nicht aus. Montenegro sprach dennoch von einem "unumstößlichen Sieg". Eine Zusammenarbeit mit Chega (zu Deutsch: "Es reicht!") hatte Montenegro wiederholt ausgeschlossen. Das bekräftige er nun erneut.

Andere Spitzenpolitiker der AD äußerten sich hingegen weniger klar. Beobachter schließen daher nicht aus, dass Chega letztlich doch zum Mehrheitsbeschaffer werden könnte. Der Chega-Vorsitzende André Ventura - ein früherer Fernseh-Sportkommentator - sprach von einem "historischen" Ergebnis für seine Partei. Chega stehe bereit, um eine "stabile Regierung" in Portugal zu bilden.

Der Newcomer in Portugals Politik: Der Chef der erst 2019 gegründeten rechtspopulistischen Partei Chega, André VenturaBild: Philip Verminnen/Mauricio Cancilieri/DW

Manche Beobachter sehen indes bei Chega - bekanntester Wahlslogan: "Portugal säubern" - die Grenze vom Populismus zum Rechtsextremismus längst überschritten. Ventura und andere Parteivertreter punkteten im Wahlkampf mit Parolen gegen Einwanderer, machten diese für eine angebliche Zunahme der Kriminalität verantwortlich und schimpften über eine "korrupte Oligarchie" der etablierten Parteien.

Sozialisten mit umstrittenem Spitzenmann

Die vorgezogene Wahl war angesetzt worden, nachdem der sozialistische Regierungschef António Costa im November wegen Korruptionsvorwürfen gegen sein Umfeld seinen Rücktritt eingereicht hatte. Obwohl die Ermittlungen gegen Costa selbst schnell eingestellt wurden, trat er bei der Neuwahl nicht wieder an.

Sein Nachfolger an der Parteispitze und PS-Spitzenkandidat Pedro Nuno Santos ist nicht unumstritten: 2022 war er wegen eines Skandals um Abfindungszahlungen an eine Managerin der staatlichen Fluggesellschaft TAP als Infrastrukturminister zurückgetreten. "Trotz des minimalen Unterschieds zwischen uns und der AD haben wir die Wahlen nicht gewonnen und wir werden in die Opposition gehen", räumte der PS-Spitzenkandidat ein.

Der Spitzenkandidat der bislang regierenden portugiesischen Sozialisten, Pedro NunoBild: Joao Henriques)/AP/picture alliance

2015 hatte Costa mit linken Parteien eine Regierung gebildet. Bei seinem Amtsantritt versprach er, den im Zuge der Finanzkrise von der konservativen Vorgängerregierung auferlegten Sparkurs zurückzunehmen. Seitdem hat Portugal einen Wirtschaftsaufschwung erlebt: Die Kaufkraft nahm zu, die Arbeitslosigkeit ging zurück, die öffentlichen Finanzen erholten sich.

Bei der Wahl 2022 holten die Sozialisten eine absolute Mehrheit. Zuletzt waren den Meinungsumfragen zufolge aber immer mehr Menschen unzufrieden mit der sozialistischen Regierung: Sie hat es ihrer Ansicht nach trotz der guten Wirtschaftslage versäumt, zentrale Themen wie die grassierende Wohnungsnot, die marode staatliche Gesundheitsversorgung und das reformbedürftige Bildungswesen anzugehen.

sti/AR (afp dpa, rtr)

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