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Kraftwerk aus Düsseldorf

22. Februar 2011

Auf sie berufen sich alle: Kaum ein internationaler Künstler, dem es keine Ehre ist, Florian Schneiders und Ralf Hütters Namen respektvoll zu hauchen, wenn es um die eigenen musikalischen Einflüsse geht.

Die Band Kraftwerk, CD-Cover (Foto: DW)

Die Roboter, die Mensch-Maschinen, die Show Room Dummies - jeder hat ein Bild von Kraftwerk im Kopf und jeder kennt die Musik. Aber kaum einer weiß, was hinter dem Rennrad fahrenden Musikerduo aus Düsseldorf steht, ohne das die aktuelle elektronische Tanzmusik nicht denkbar wäre. Von Anfang an gaben sich Kraftwerk geheimnisvoll und unnahbar.

Machen wir es kurz. Was Rainer Werner Fassbinder für den deutschen Film ist und Joseph Beuys für die Bildende Kunst, sind Kraftwerk nach dem II. Weltkrieg für die deutsche Musik. Als 1969 Texte mit kitschigen Melodien gegen den Krieg in Vietnam und zu mehr "Heidschi Bumbeidschi" aufriefen, beschlossen Ralf Hütter und Florian Schneider, fernab aller anglo-amerikanischen musikalischen Einflüsse eine neue eigene deutsche Volksmusik zu initiieren. "Für uns war es ein Problem, in der Bundesrepublik Musik machen zu können", sagte Ralf Hütter in einem Interview. Der Krieg habe die lebendige Musik, eben die Alltagsmusik vernichtet. Es sei nun an seiner Generation gewesen, von Neuem zu beginnen.

Internationaler Durchbruch mit "Autobahn"

Nach drei Alben manifestierte sich 1974 mit dem Album "Autobahn" das, wofür Kraftwerk seitdem stehen: Monotonie, Wiederholung und Bewegung. Dies geschah alles vor dem Hintergrund der rasant fortschreitenden technischen Entwicklung, der der Mensch ausgesetzt ist. Statt blumiger Worte beschränken sich die "Musikarbeiter" textlich fast ausschließlich auf Aussagen, die von Hinweisschildern stammen könnten. "Von Anfang an hatten wir ein Konzept für eine elektronische Volksmusik. Diese Musik ist eine Art Zukunftsmusik für das Zeitalter der Computerwelt", erklärt Hütter den Grundgedanken, der ihn über 37 Jahre nicht mehr losließ.

Mensch-Maschinen in Reih und GliedBild: picture alliance/dpa

Kraftwerk lösen den etablierten Bandkontext auf. Jedes "natürliche" Instrument wird elektronisch ersetzt. Weil der Schlagzeuger auf der Bühne zu sehr schwitzt und nicht mehr in das Bild der industrialisierten Percussion passt, erfinden die Band und ihr Umfeld den Drumcomputer und viele andere Klangerzeuger. Auch der gemeinsame Auftritt der Düsseldorfer wird immer künstlicher. Mal sind sie in Rot und Schwarz uniformiert, mal  bewegen sie sich staksend und schließlich entscheiden sie sich für den kompletten Austausch der Musiker durch Roboterfiguren.   

Der Gral der deutschen Musik mitten in Düsseldorf

Zum Mythos Kraftwerk gehört - neben der Musik - das selbst auferlegte Exil der Musiker mitten in Düsseldorf. Mal sieht man die fanatischen Radsportler durchs Düsseldorfer Umland fahren, mal wie sie mit Anzug und Aktentasche ins legendäre Kling Klang-Studio mitten in der Innenstadt einkehren; keiner anderen Person wird hier jemals der Zutritt erlaubt. Wenn sich die lichtscheuen Gestalten dann doch mal vor die Kamera trauen, schicken sie gerne einen ihrer Dummies vor - maschinelle Nachbildungen ihrer selbst. Welcher Journalist jetzt erwartet, Geschichten aus dem Nähkästchen zu hören, wird enttäuscht. Meist philosophiert Ralf Hütter, hinter seinem Dummy versteckt, über Kraftwerk, Bewegung, Stille und Maschinen. In kurzen Aussagen gibt es Schlagworte statt Offenbarung.

Der letzte Roboter

Bild: dpa

2009 verlässt Gründungsmitglied Florian Schneider Kraftwerk. Ralf Hütter macht alleine weiter. Er verwaltet Kraftwerks Erbe, geht wieder auf Tournee, modelliert die alten Stücke immer weiter und passt sie der neuesten Technik an. In einem Interview meint er, dass er seinen Nachnamen in Kraftwerk ändern will. So wie früher der Müller Müller hieß und der Schuster Schuster. Er sei halt Kraftwerk, die Mensch-Maschine.


Autor: Uli José Anders

Redaktion: Matthias Klaus

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