"Krasava": Russischer YouTube-Star mit Fußballklub in der EU
19. September 2025
"Mir kommen Tränen vor Glück. Wir haben eine Mannschaft aufgestellt, die auf Augenhöhe mit APOEL konkurrieren kann. Das ist erst der Anfang!", sagt Yevgeny Savin. Der Präsident des Fußballklubs "Krasava" ist dabei sichtlich bewegt. An einem Augustabend sitzt er auf einem der obersten Ränge des Ammochostos-Stadions in der Stadt Larnaka auf Zypern und blickt auf das leere Spielfeld.
Der Fußballklub, den er vor vier Jahren in Russland gegründet und nach Beginn der umfassenden Invasion Russlands in der Ukraine in Zypern neu registrieren ließ, hatte gerade sein Debüt in der höchsten Spielklasse des EU-Landes bestritten. Zwar verlor "Krasava" mit 1:2 gegen den erfolgreichsten Verein der Insel, APOEL Nikosia, doch selbst diese knappe Niederlage betrachtet Savin als Errungenschaft.
Denn zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits ein Strafverfahren in seiner Heimat durchgestanden, war ins Exil gegangen, hatte seine Ersparnisse aufgebraucht und musste familiäre Probleme bewältigen.
Vom YouTube-Kanal zum Fußballklub
Savin war selbst Profifußballer und wurde in den 2000er Jahren in paar Mal in die russische Nationalmannschaft berufen. Nach Ende seiner Sportkarriere wurde er schnell zu einem Medienstar. Er moderierte zunächst eine Fernsehsendung beim Sportkanal Match TV, der Teil des staatlichen Medienholdings Gazprom-Media ist, und gründete 2018 den YouTube-Kanal "Krasava", auf dem er Russlands Probleme aus der Perspektive des Fußballs diskutierte.
Das russische Wort "Krasava" drückt im Jugendslang Respekt aus - vergleichbar mit dem deutschen Ausdruck "Hammer", wie im Satz "Du bist der Hammer!". Zudem enthält es eine Anspielung auf die Abkürzung von Savins Nachnamen "Sava".
Savin hat derzeit eine Million Follower auf Instagram und YouTube. Millionen Aufrufe seiner Videos haben ihm Sponsorenverträge und ein beträchtliches Einkommen eingebracht. Er verdiente bis zu 1,2 Millionen Euro pro Jahr, sagt Savin der DW. 2021 gründete er den Verein und "Krasava" trat zunächst in der dritten Division des russischen Fußballs an.
Doch unmittelbar nach Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 verließ Savin Russland. Er verurteilte den Angriff und veröffentlichte ein Video mit ukrainischen Sportlern, in dem sie ihre Gefühle über die Invasion zum Ausdruck brachten.
Das führte dazu, dass "Krasava" sogar das Training in einem Stadion in der Region Moskau verboten wurde. Savin wurde schließlich wegen "Diskreditierung" der russischen Armee angeklagt und im März 2024 in Abwesenheit in Russland zu einer Haftstrafe verurteilt.
Trennung vom Vater als Preis
Die Flucht aus Russland war für Savin aber kein Grund, die Idee eines eigenen Fußballklubs aufzugeben. Er zog mit seiner Frau und seinen zwei Kindern nach Zypern, weil es dort günstiger war, eine Mannschaft zu unterhalten. In Ypsonas, einem Vorort von Limassol, kaufte Savin für einige hunderttausend Euro die Lizenz eines örtlichen Vereins, um in der zweiten Liga des Landes spielen zu können.
Rechtlich gesehen handelt es sich daher nicht mehr um den russischen Klub "Krasava", sondern um einen neuen. Doch die Farben, das Emblem und vor allem sein Präsident und die Prinzipien, die er ihm als "ehrlichen Privatverein" zugrunde gelegt hatte, sind dieselben geblieben.
Dank Eigeninvestitionen von rund 1,5 Millionen Euro und das Sponsoring durch einen Online Broker im Besitz eines russischstämmigen Milliardärs, der seiner Heimat ebenfalls den Rücken gekehrt hatte, gelang nach drei Jahren der Aufstieg in die 1. Liga.
Doch das Leben fern der Heimat bringt auch Belastungen mit sich - die Trennung vom kranken Vater, der noch in Russland lebt und nicht reisen kann.
"Ich fühle mich schuldig dafür, dass wir uns nicht sehen können", sagt Savin. Einmal habe er ihm geschrieben: "'Papa, verzeih mir. Ich konnte nicht anders", erzählt er und kämpft mit den Tränen. Damit meint er seinen Protest gegen den Ukraine-Krieg und die gezwungene Ausreise.
20 Quadratmeter, eine "Ikonostase" und ein Schreibtisch
Savin empfängt den DW-Reporter in der Trainingsstätte seines Vereins in einem Sportkomplex in Limassol. Sie besteht aus zwei kleinen Kunstrasenplätzen und einem etwa 20 Quadratmeter großen Raum hinter einer Glastür, der zu einem Büro umgebaut wurde.
In einer Ecke befindet sich eine "Ikonostase", wie Savin sagt. Hier stehen der Meisterschaftspokal mit einer Goldmedaille und eine Ikone des Heiligen Sava, die ihm ein Priester geschenkt hat.
Sein Verein, gibt Savin zu, sei noch ein "Startup". Alle Mitarbeiter erledigen mehrere Dinge gleichzeitig und arbeiten bis spät in die Nacht - genau wie er selbst. "Man muss selbst ein Beispiel sein, nur so zeigt man, dass 'Krasava' mehr ist als nur ein Fußballverein und ein Job. Wir sind eine Familie", betont Savin.
"Krasava" eint Russen und Ukrainer im Stadion
Auf Zypern richtet sich "Krasava" an Einwanderer aus postsowjetischen Ländern. "90 Prozent unserer Fans sprechen Russisch. 'Krasava' vereint Menschen aus Belarus, der Ukraine, Russland und anderen Ländern auf den Tribünen", erklärt Savin. "Man kann sich kaum einen anderen Ort vorstellen, an dem sich Menschen versammeln, gemeinsam auf Russisch schreien und einen Fußballklub anfeuern."
Doch sein Beitrag für die russischsprachige Gemeinschaft geht noch weiter. Auf dem Klubgelände wird wöchentlich ein kostenloses Training für Kinder angeboten, denen im speziellen Therapiezentrum YASAM in Limassol geholfen wird. Es sind Kinder mit Entwicklungsstörungen aus russisch- und ukrainisch-sprachigen Familien.
Viele der "Krasava"-Fans sind junge, russischsprachigen Einwanderer, die auf Zypern in der IT- oder Finanzbranche arbeiten und erst einige Jahre auf der Insel sind. Einer von ihnen, Aleksandr aus Moskau, sagt, er gehe oft mit Leuten aus verschiedenen postsowjetischen Ländern zu "Krasava"-Spielen: "Das sind meine Freunde, Freunde von Freunden - Leute, die Fußball lieben und Russisch sprechen. Wir sind einmal dorthin gegangen und waren sofort begeistert - uns gefiel die Community."
Yevgeny Savin ist natürlich auch bei den Spielen anwesend. Er steht mitten unter den Fans auf der Tribüne, lässt Selfies mit sich machen, diskutiert über das Spiel und stößt begeistert Sprechchöre an.
Seine Träume sind nach wie vor groß: "Der nächste Schritt ist die Qualifikation für die europäischen Klubwettbewerbe", sagt Savin, "damit die ganze Welt vom Fußballverein 'Krasava' und seiner Geschichte erfährt, die - da bin ich mir sicher - inspiriert."
Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk