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Politik

Krawalle in Migrantenlager auf Samos

19. Dezember 2019

Das Registrierlager Vathy ist für 650 Bewohner ausgelegt, tatsächlich hausen dort 7500 Flüchtlinge. Dass dies rohe Gewalt provoziert, verwundert nicht. Der Papst prangerte einmal mehr die Ursachen solcher Exzesse an.

Tränengasschwaden über dem Gelände des Registrierlagers Vathy auf Samos (Foto: Reuters/Samiaki TV)
Tränengasschwaden über dem Gelände des Lagers Vathy auf SamosBild: Reuters/Samiaki TV

Im überfüllten Registrierlager Vathy auf der griechischen Insel Samos hat die Polizei massiv Tränengas eingesetzt, um randalierende Migranten auseinander zu treiben. Die überwiegend aus afrikanischen Staaten stammenden Menschen, mehrheitlich junge Männer, hatten zuvor die Beamten mit Steinen beworfen und Toiletten beschädigt. Eine in der Nähe des Camps liegende Schule wie auch ein Kindergarten mussten wegen der Tränengasschwaden evakuiert werden. Am Nachmittag beruhigte sich die Lage wieder.

Das griechische Festland als Ziel 

Die Migranten fordern, dass sie zum Festland gebracht werden. Im Lager Vathy sind mehr als 7500 Menschen untergebracht, darunter viele Minderjährige. Das Camp hat eine Aufnahmekapazität für nur 648 Bewohner. Bereits im Oktober waren mehrere Menschen bei ähnlichen Ausschreitungen auf Samos verletzt worden. Die Bürgermeister der Inseln im Osten der Ägäis warnen seit Monaten vor unkontrollierbaren Zuständen wegen der überfüllten Lager.

Ein Junge inmitten von Habseligkeiten, die den rebellierenden Migranten als provisorische Barrikaden gedient hatten Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Svarnias

Die konservative Regierung in Athen hat in den vergangenen Monaten mehr als 10.000 Migranten zum Festland gebracht. Der Flüchtlingszustrom aus der Türkei dauert jedoch an. Zurzeit leben um die Camps der Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos mehr als 41.000 Migranten. Im April waren es nur 14.000 gewesen.

Lager in Libyen "Orte der Folter und Sklaverei"  

Papst Franziskus ging unterdessen mit der europäischen Flüchtlingspolitik - und hier vor allem mit der Einbindung Libyens - hart ins Gericht. Wer an den Opfern skrupelloser Menschenhändler und der Gewalt in libyschen Flüchtlingscamps vorübergehe, mache sich verantwortlich für ihren Tod, sagte der Papst bei einem Treffen mit Flüchtlingen im Vatikan. "Unsere Feigheit ist Sünde", so das Kirchenoberhaupt wörtlich.

Franziskus vor dem Kreuz mit der Rettungsweste eines ertrunkenen Flüchtlings Bild: Getty Images/E. Ferrari

Ausdrücklich lobte er den Einsatz von Seenotrettern auf dem Mittelmeer. Flüchtlingsboote fernzuhalten, löse nicht das Problem, sagte der Papst. Nötig seien "ernsthafte Bemühungen", die Internierungslager in Libyen zu leeren. Dazu müsse man alle denkbaren Lösungen prüfen und umsetzen. Auch verlangte er ein Vorgehen gegen Menschenhändler, "ohne Angst, Mitwisser- und Mittäterschaft von Behörden aufzudecken". Wirtschaftliche Erwägungen müssten hinter Menschenleben zurückstehen. Alle seien für das Leben ihres Nächsten verantwortlich. Man könne nicht den "verzweifelten Schrei der Brüder und Schwestern" überhören, die ein stürmisches Meer dem langsamen Tod in libyschen Lagern vorzögen. Diese seien "Orte der Folter und unwürdiger Sklaverei", so Franziskus.

Anlass für die Mahnungen des Papstes war ein Zusammentreffen mit Flüchtlingen, die vor zwei Wochen auf vatikanische Initiative über einen sogenannten humanitären Korridor nach Italien gekommen waren. Unter den 33 Personen sind nach Vatikanangaben 14 Minderjährige. Papst Franziskus ließ bei der Begegnung im Apostolischen Palast ein Kreuz anbringen, das an die Migranten und Flüchtlinge erinnert. Das knapp anderthalb Meter hohe Kreuz trägt in Kunstharz eingegossen die Rettungsweste eines unbekannten Migranten, der Anfang Juli zwischen Tripolis und Malta ertrunken war. Die Weste wurde dem Papst vor wenigen Tagen von Seenotrettern geschenkt.

sti/fab (ap, dpa, rtr, kna)