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KonflikteUkraine

Kreml weist "Lügen" zu Prigoschin zurück

Veröffentlicht 25. August 2023Zuletzt aktualisiert 25. August 2023

Ein Sprecher des russischen Präsidenten streitet jede Verwicklung in den mutmaßlichen Tod des Söldnerführers ab. Die USA wollen rasch mit der Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets beginnen. Ein Überblick.

Russland | Blick auf die Basilius-Kathedrale im Moskauer Kreml
Der Kreml neben der Basilius-Kathedrale in Moskau (Archivbild)Bild: Valery Sharifulin/TASS/dpa/picture alliance

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kreml streitet jede Verwicklung in den mutmaßlichen Tod Prigoschins ab
  • USA beginnt mit Ausbildung ukrainischer Piloten an F-16-Kampfjets
  • Militärexperte sieht Fortschritte der ukrainischen Gegenoffensive
  • Deutschland: Taten gegen ukrainische Kinder sind Kriegsverbrechen
  • Zweiter ukrainischer Unabhängigkeitstag unter Kriegsbedingungen

 

Der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat eine Verwicklung des Kremls in den mutmaßlichen Tod des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin bestritten. "Das ist eine absolute Lüge", sagte Dmitri Peskow in Moskau. Rund um den Flugzeugabsturz gebe es viele Spekulationen, die "im Westen aus einer bestimmten Ecke befeuert" würden. Auch das Präsidialamt habe noch keine Bestätigung für den Tod Prigoschins. Peskow riet, die Ergebnisse der Untersuchungen abzuwarten, wie es auch Putin am Donnerstag gesagt habe.

Das zentrale Ermittlungskomitee in Moskau teilte mit, an der Unfallstelle im Gebiet Twer seien derweil die Flugschreiber geborgen worden. Zudem zeigte ein Video der staatlichen Nachrichtenagentur RIA, wie ein großes Wrackteil verhüllt auf einem Lastwagen weggefahren wurde. Auf halbem Weg von Moskau nach St. Petersburg war das Flugzeug vom Typ Embraer Legacy 600 am Mittwoch abgestürzt. Alle zehn Menschen an Bord kamen ums Leben. Laut Passagierliste saß in der Maschine auch Prigoschin.

Im russischen Internet werden Vorwürfe erhoben, der Flug sei aus Rache sabotiert worden. Der Chef der Privatarmee Wagner hatte mit seinen Kämpfern zwei Monate zuvor gegen Putin und die Militärführung gemeutert. Seine Schattenarmee war in Syrien und vielen afrikanischen Ländern im Einsatz. Sie kämpfte offen auch in der Ukraine.

Militäranalyst: Gruppe Wagner wird weiter gebraucht

Für die dortigen Aktivitäten Russlands seien die Wagner-Einheiten inzwischen nicht mehr allzu wichtig, sagte der Militäranalyst Gustav Gressel der Deutschen Welle. Die Söldner hätten "als Sturmtruppen bei der Eroberung großer Städte" eine wesentliche Rolle gespielt, etwa in der Stadt Bachmut. In der aktuellen Phase des Krieges, in der Russland seine Stellungen gegen eine ukrainische Gegenoffensive verteidigte, würden dagegen Artillerie, Hubschrauber und Ingenieure benötigt, so der Mitarbeiter des European Council on Foreign Relations. Allerdings sei die Gruppe Wagner weiterhin für verdeckte Operationen Russlands in Afrika, Lateinamerika und Asien von Bedeutung.

Meidet Auslandsreisen: Kreml-Chef Wladimir PutinBild: Gavriil Grigorov/ASSOCIATED PRESS/picture alliance

Putin fährt nicht zu G20 nach Indien

Russlands Präsident Putin wird nicht zum Gipfeltreffen der Zwanzigergruppe wichtiger Industrie- und Schwellenländer (G20) Anfang September nach Indien fahren. Reisen stünden derzeit nicht im Terminkalender, sagte Kremlsprecher Peskow. Putin konzentriere sich auf die militärische Spezialoperation, wie Moskau den Angriffskrieg gegen die Ukraine nennt. Das Treffen findet am 9./10. September in Neu-Delhi statt. Putin war auch nicht zum Gipfel der Gruppe im vergangenen Jahr nach Indonesien geflogen. 

USA bilden Ukrainer an F-16-Kampfjets aus

US-Präsident Joe Biden und sein ukrainischer Kollege Wolodymyr Selenskyj haben über die geplante Ausbildung ukrainischer Piloten in den USA gesprochen. Wie das das Weiße Haus bekanntgab, will das US-Militär von September an mit der Schulung für Kampfjets vom Typ F-16 beginnen. Laut dem Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder, werden die Piloten zunächst auf einem Luftwaffenstützpunkt in San Antonio im Bundesstaat Texas Englischunterricht erhalten. Das Flugtraining werde dann ab Oktober im Bundesstaat Arizona starten. Es dürfte mehrere Monate dauern. Ryder bezeichnete den Schritt als präventiv, da absehbar sei, dass die Kapazitäten für die Ausbildung der ukrainischen Piloten in Europa in der Zukunft nicht ausreichten.

Das Training in den USA sei dazu gedacht, die Ausbildungskapazitäten der Kampfjet-Koalition durch einen weiteren Standort zu erweitern. Zu dieser Koalition zählen Dänemark, die Niederlande und Norwegen. Diese Länder haben der Ukraine die Lieferung von F-16-Kampfjets zugesagt. Dänemark und die Niederlande führen auch die Bemühungen zur Ausbildung ukrainischer Piloten an. Die USA würden diese Bemühungen jetzt unterstützen, sagte Pentagon-Sprecher Ryder.

Präsident Selenskyj in einem F-16-Cockpit auf dem dänischen Luftwaffenstützpunkt Skrydstrup (Archivbild)Bild: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix Foto/AP/dpa/picture alliance

Die Ukraine hatte ihre internationalen Partner monatelange intensiv um westliche Kampfjets gebeten, um die russischen Angriffe effektiv abwehren zu können. Beim G7-Gipfel in Japan im Mai hatten die USA den Weg dafür frei gemacht, dass Drittstaaten F-16 an die Ukraine liefern dürfen und auch Piloten ausbilden können. Zu einem Zeitplan für die tatsächliche Lieferung von F-16-Jets an Kiew äußerte sich Ryder nicht näher. Diese Frage stehe erst an, wenn die Pilotenausbildung abgeschlossen sei. Es gehe hier um Monate, nicht um Wochen.

Russland meldet mehrere Angriffe aus der Luft

Wie die russische Nachrichtenagentur TASS meldet, musste an den Moskauer Flughäfen Wnukowo und Domodedowo am frühen Freitagmorgen der Flugverkehr ausgesetzt werden. Als Grund dafür nannte das Militär eine ukrainische S-200 Langstreckenrakete über der russischen Region Kaluga, die man aber abgeschossen habe. 

Bewohner der russischen Regionen Tula und Kaluga hatten nach Berichten des russischen Online-Portals Baza zuvor in sozialen Medien von Explosionen berichtet, die sie in der Nacht gehört hatten. Bereits am Dienstag und Mittwoch war der Flugverkehr kurzzeitig wegen ukrainischer Drohnenangriffe unterbrochen worden.

Das russische Militär will in der Nacht zum Freitag auch Drohnenangriffe über der Halbinsel Krim vereitelt haben. Insgesamt 42 in der Ukraine gestartete Drohnen seien abgefangen worden, hieß es aus dem Verteidigungsministerium. Die Drohnen seien mit Hilfe von Luftabwehrraketen sowie Systemen der elektronischen Kriegsführung zerstört oder kontrolliert zum Absturz gebracht worden.  

Angaben zu möglichen Schäden oder Opfern infolge der Zerstörung der Drohnen wurden nicht gemacht. Seit dem Beginn der Offensive gegen die Ukraine im Februar 2022 ist die Krim regelmäßig Ziel von Drohnenangriffen aus der Luft und von der Marine. In den vergangenen Wochen haben diese zugenommen. 

Militärexperte sieht Fortschritte der ukrainischen Gegenoffensive

Der Militärexperte Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sieht Fortschritte bei der Gegenoffensive der Ukraine. "Es gibt erste Durchbrüche an der südlichen Frontlinie", sagte Mölling den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Ob die sich weiten lassen, hängt auch davon ab, was die Ukrainer in der zweiten Verteidigungslinie vorfinden", fügte er hinzu.

Bild: DW

Russland habe in der jetzigen Phase möglicherweise nicht mehr genügend Manpower, um die anderen Verteidigungslinien stark zu besetzen, vermutete der Experte. Die Ukrainer hätten in den vergangenen Monaten sehr viel militärische Infrastruktur und Logistik der Russen zerstört. Mölling geht dennoch davon aus, dass der Krieg noch lange dauert. "Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass beide Seiten irgendwann aus Erschöpfung in eine Konfliktphase eintreten, in der man zwar weiterhin kämpft, aber keine großen Operationen zustande bekommt", sagte er.

Deutschland: Taten gegen ukrainische Kinder sind Kriegsverbrechen

Deutschland hat die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland vor dem UN-Sicherheitsrat scharf verurteilt. "Für uns besteht kein Zweifel: Diese Verbrechen an ukrainischen Kindern sind Kriegsverbrechen und müssen als solche behandelt werden", sagte der stellvertretende deutsche Botschafter Thomas Zahneisen vor dem mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Auch müsse Russland den Vereinten Nationen Zugang zu entführten Kindern gewähren, um deren Rückkehr in die Familien zu erleichtern.

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges wirft die Ukraine Moskau vor, ukrainische Kinder zu verschleppen. Die russische Regierung bestreitet dies und spricht von Evakuierungen. Im März hatte der Internationale Strafgerichtshof mit Sitz in Den Haag Haftbefehl gegen Kremlchef Putin und dessen Kinderrechtsbeauftragte, Maria Lwowa-Belowa, erlassen. Die Ermittler machen beide für Kriegsverbrechen verantwortlich - darunter die Verschleppung von Kindern aus besetzten ukrainischen Gebieten.

In diesem Zusammenhang verhängte die US-Regierung nun auch Sanktionen gegen mehrere hochrangige russische Beamte und Betreiber von Umerziehungsprogrammen für Kinder. Ihnen wird vorgeworfen, an der Verschleppung ukrainischer Kinder aus von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine beteiligt gewesen zu sein. Mit den Sanktionen werden unter anderem Vermögenswerte der Betroffenen in den USA eingefroren, Geschäfte mit den USA werden ihnen untersagt. Zum Teil wurden auch Visabeschränkungen erlassen.

Zweiter ukrainischer Unabhängigkeitstag unter Kriegsbedingungen

Zum zweiten Mal seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs hat die Ukraine am Donnerstag ihren Unabhängigkeitstag begangen. In der Hauptstadt Kiew würdigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Landsleute als "freies und starkes Volk". An der Seite seiner Frau Olena legte er einen Blumenkranz an einer Gedenkstätte für gefallener Soldaten nieder. Größere Feierlichkeiten waren angesichts der anhaltenden Gefahr russischer Luftangriffe verboten. 

In der deutschen Hauptstadt Berlin versammelten sich zahlreiche Menschen zum Zeichen der Unterstützung für die Ukraine. Bei einer Demonstration vor dem Brandenburger Tor waren blau-gelbe Flaggen zu sehen. Mit mehreren Aktionen in Berlins Mitte - teils nicht weit entfernt von der russischen Botschaft - gedachten die Menschen der Opfer des Krieges. Am Abend gab das Ukrainian Freedom Orchestra ein Konzert, das auch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier besuchte.

Menschen feiern vor dem Brandenburger Tor in Berlin den Unabhängigkeitstag der UkraineBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Der Unabhängigkeitstag der Ukraine erinnert an die am 24. August 1991 vom Obersten Sowjet der ukrainischen Sowjetrepublik verabschiedete Unabhängigkeitserklärung von der Sowjetunion. Zugleich wehrt die Ukraine genau seit 18 Monaten mit westlicher Hilfe eine russische Invasion ab. Moskau kontrolliert jedoch trotz erfolgreicher ukrainischer Gegenangriffe einschließlich der bereits 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim weiter fast ein Fünftel vom Staatsgebiet seines Nachbarn.

Bundeskanzler Olaf Scholz  und Außenministerin Annalena Baerbock  sicherten der Ukraine zum zweiten ukrainischen Nationalfeiertag seit Kriegsbeginn weiteren Beistand zu. Scholz richtete sich auf dem Onlinedienst X direkt an Selenskyj: "Wir stehen an Ihrer Seite." Baerbock sagte, Deutschland müsse die Ukraine unterstützen "mit allem, was wir haben". Auch US-Präsident Joe Biden sendete anlässlich des Unabhängigkeitstages seine Grüße, wie Selenskyj in der Nacht zum Freitag nach einem Telefonat mit Biden bekanntgab.

Heineken verkauft Brauereien in Russland für einen Euro

Der niederländische Braukonzern Heineken hat den Verkauf seiner Aktivitäten in Russland abgeschlossen und wird das Land endgültig verlassen. Die russische Arnest Group werde alle Anteile, darunter sieben Brauereien, zum symbolischen Preis von einem Euro übernehmen, teilte das Unternehmen mit. 

Der Prozess habe "länger gedauert als erhofft", sei nun aber beendet, erklärte Konzernchef Dolf van den Brink. Die jüngsten Entwicklungen zeigten, wie schwierig ein geordneter, verantwortungsvoller Rückzug großer Unternehmen aus Russland sei. 

In Jekaterinburg befindet sich eine der sieben Heineken-Brauereien, die nun verkauft wurden (Archivbild)Bild: Donat Sorokin/TASS/IMAGO

Heineken hatte wie viele andere westliche Firmen im vergangenen Jahr angekündigt, sich wegen des Angriffs auf die Ukraine aus Russland zurückzuziehen. Zuletzt musste sich der niederländische Konzern aber Vorwürfe des Wortbruchs gefallen lassen. Eine Investigativseite hatte berichtet, dass Heineken sein Geschäft in Russland immer noch betreibe.

Der Konzern entschuldigte sich daraufhin für die "Unklarheit" rund um den geplanten Rückzug und begründete dies damit, sich um sichere Jobs für die russischen Beschäftigten kümmern zu wollen. Inzwischen steht fest, dass alle rund 1800 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz behalten sollen. Heineken verbucht mit dem Rückzug einen Verlust von rund 300 Millionen Euro. 

ww/wa/djo/se/jj/uh (dpa, afp, rtr)

Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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