Kremlkritiker Nawalny offenbar an unbekannten Ort verlegt
14. Juni 2022Wo ist Alexej Nawalny? Diese Frage stellt unter anderem die Schriftstellerin und Sprecherin Nawalnys, Kyra Jarmysch, auf Twitter. Der russische Oppositionelle sei aus der Strafkolonie Nr. 2 in Pokrow weggebracht worden, aber wohin? Auch Nawalnys Büroleiter Leonid Wolkow ist überrascht von der plötzlich Verlegung. "Wo Alexej jetzt ist und in welche Haftkolonie er gebracht wird, wissen wir nicht", schrieb Wolkow auf Telegram.
Offenbar wurde Nawalnys Anwalt an diesem Dienstag erst bei seiner Ankunft am Lager Pokrow darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Kremlkritiker nicht mehr dort inhaftiert ist. Auch seine Angehörigen wurden laut Jarmysch vorher nicht über die Verlegung in Kenntnis gesetzt. Nawalnys Sprecherin Jarmysch schreibt auf Twitter, dass es aber vorher bereits Gerüchte über eine Verlegung in die Strafkolonie Nr. 6 gegeben habe.
Russlands Staatsfeind Nr. 1
Nawalny war im August 2020 auf einem innerrussischen Flug zusammengebrochen. Zunächst wurde er in Russland behandelt, dann in die Berliner Charité verlegt. Dort wurde eine Vergiftung mit einem Nervengift festgestellt. Im Januar 2021, bei der Rückkehr aus Deutschland in seine Heimat, wurde Nawalny festgenommen und wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen verurteilt.
Im März diesen Jahres stand der 46-Jährige vor Gericht, weil er angeblich mehrere Millionen Euro, die an seine politischen Organisationen gespendet wurden, für persönliche Zwecke genutzt haben soll. Die Richter verurteilten Nawalny in diesem Fall zu neun Jahren Haft. Unter Umständen hängt die mögliche Verlegung in ein anderes Straflager mit strengeren Haftbedingungen mit diesem Urteilsspruch zusammen.
Nawalny hatte zuvor trotz seiner Haft mehrfach zu Protesten gegen den russischen Einmarsch in der Ukraine aufgerufen. Die Behörden in Russland bezeichnen den Politiker und dessen Mitstreiter als Staatsfeinde, die mit Unterstützung des Westens Russland destabilisieren wollen. Bereits im Januar wurden Nawalny und einige seiner Mitarbeiter von russischen Sicherheitsbehörden als "Terroristen und Extremisten" klassifiziert.
djo/sth (afp, rtr)